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Soia mit ihrem neuen Album „Where Magnolia grows“

Was bedeuten schon Grenzen in der Musik? Eine alte und stets wieder kehrende Frage, die es immer wieder aufs Neue zu verhandelt gilt und die sich auch Soia auf ihrem neuen Album „Where Magnolia grows“ zu stellen bereit ist.

Von Clemens Fantur

Wo beginnen die eigene Grenzen? Die persönlichen, die musikalischen? Wo fühlt man sich stilistisch beheimatet, wo verwurzelt und zuhause? Gibt es eine Comfortzone, in der man sich bewegt und sicher fühlt? Zu sicher? Wo beginnt die eigene Schmerzgrenze, wenn man sie verlässt? Wo beginnen Grenzen einzuschränken, und wo wiederum muss man sie zu ziehen bereit sein, um seinen eigenen Stil zu finden und zu definieren? All diese Fragen stellt sich Soia auf ihrem großartigen dritten Studioalbum “Where Magnolia grows”.

Sängerin Soia

Levi Thomas

Für die Wiener Sängerin beziehen sich diese Grenzen metaphorisch natürlich auf das ganze Leben und sie lassen sich auf alles Zwischenmenschliche und die Gesellschaft ans sich übertragen.

Die Musik als größte aller Metaphern

Deshalb begibt sich Soia auf ihrem dritten Album mit all ihren Fragen auf die Suche nach den wundersamen und schmalen Graden im Dazwischen, sucht die Graubereiche, die es wert sind ausgelotet und ergründet zu werden, will dorthin, wo es laut, ruhig, dunkel und bunt zugleich ist. Der Ort also, wo die Mangnolien blühen. Ein Ort, den es vielleicht gar nicht gibt, über den es sich aber lohnt nachzudenken.

Auf diese Suche macht sich Soia nicht alleine. Schon wie bei ihren Vorgängeralben arbeitet sie eng mit ihrem Produzenten Mez zusammen. Mez hat großen Einfluss auf die Arbeiten von Soia, denn als extrem erfahrener und fantastischer Produzent und Musiker ist es oft er, der die Sängerin dazu bringt, neue Wege zu gehen, ihr die gewisse Prise Pop mit auf den Weg gibt.

Grenzen(los)

Das Überthema “Grenzen” zieht sich als Metapher durch das gesamte Album. Auch bei ihrer ersten Singleauskopplung “Run with Wolves” geht es im Video ganz bewusst darum, die Stadt für sich zu erobern, sich schwarz und queer zu präsentieren, den Raum für sich einzunehmen. Und die Grenzen verschwimmen noch weiter: Wer ist die Sängerin, wer ist Schauspielerin?

“Where Magnolia grows” ist am 29. März auf dem legendären deutschen Label Compost erschienen. “Deutsch”, schon wieder so eine Grenze, die als Beschreibung bei einem so international agierenden Label überhaupt keinen Sinn macht. Aber trotzdem, Soia hat den Schritt auf keinem heimischen Label zu veröffentlichen, bewusst gewählt, einfach nur um ihre Hörerschaft zu erweitern, denn das meiste Feedback auf ihre Songs bekommt sie aus Übersee - Atlanta oder L.A. zB, wie sie im Interview verrät.

Dieses Album klingt nicht nach Wien.

Aber auch ich muss ehrlich sein, denn beim Durchhören des Albums ertappe ich mich immer wieder, den dümmsten und verheerendsten aller Sätze zu denken: Dieses Album klingt nicht nach Wien. Natürlich will dieser Satz als Kompliment verstanden werden, muss aber sofort wieder weit von einem geworfen werden, denn hey, wir schreiben 2019 und natürlich ist das Wien. Genau das. Und genau so soll und muss es klingen.

AOTW Soia

Levi Thomas

“Where Magnolia grows” zeigt, wie tief verwurzelt die Protagonist*innen dieses Albums mit Hip Hop, mit Soul, mit Jazz, und mit was-weiß-ich allem verbunden sind. Denn eines steht fest: Um so ein Album zu schaffen, braucht es eine tiefe und über Jahre hinweg gewachsene Verbundenheit zur Musik, zur Kultur; ein selbstbewusstes Wissen, worin genau man sich bewegt, mit welchen Zitaten man spielt, auf welche Referenzen man sich bezieht. Und genau dieses Wissen ermutigt einen auch, Schritte über die eigenen Grenzen zu setzen, um neues zu entdecken, um neues zu erschaffen.

Mez und Soia haben zusammen mit ihren Weggefährten ein wunderbares Album geschaffen. Ein ruhiges, reflektiertes Album. Ein Album aus Wien, für die weite Welt da draußen.

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