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Red Bull Stage beim Elevate Festival 2019

CC BY-NC-ND 2.0 / Johanna Lamprecht / Elevate Festival

Was bedeutet das Ende der Red Bull Music Academy für Festivals & Co?

Vor zwei Tagen wurde das Ende der RBMA und des dazugehörigen Red Bull Radios verkündet. Wie geht es nun weiter?

Von Heinz Reich

Eine Schlagzeile hat Mittwoch Abend in der Musikszene für großes Raunen gesorgt: Die Red Bull Music Academy (RBMA) schließt! Nach 21 Jahren!

In Berlin 1998 gegründet, ist die Music Academy von Jahr zu Jahr größer und internationaler geworden. Von Brasilien bis Australien, von Nordamerika bis Japan hat sich das musikalische Netzwerk ausgebreitet. Anfangs war der Fokus auf DJs und Clubmusik, später eigentlich alle Genres, sogar Singer-Songwriter. Alle ein, zwei Jahre wurde in irgendeiner Weltmetropole eine leerstehende Industriehalle, ein Bürokomplex oder ein sonstiger leerstehender Bau zur Academy umgestyled. Als La boum Oberluchs war ich von Anfang an dabei, zuerst als Journalist und später auch als Mitarbeiter.

Red Bull Stage beim Elevate Festival 2019

CC BY-NC-ND 2.0 / Johanna Lamprecht / Elevate Festival

Michael Mayer auf der Red Bull Stage beim Elevate Festival 2019

Welche Bedeutung hat die RBMA für die Musikszene gehabt?

Wie schon der Name „Academy“ sagt, war der Einfluss ähnlich wie der einer guten Universität auf die Gesellschaft: Musik machen und Partys feiern hat man vorher genauso gut können. Aber plötzlich war da ein Ort, wo der Diskurs auf ein ganz anderes Level gehoben wurde. Wenn du als „Nachwuchs-DJ“ oder Musikerin plötzlich mit Gleichgesinnten von verschiedenen Kontinenten diskutieren und jammen kannst. Wenn du die Chance bekommst, mit deinen größten musikalischen Held*innen, von Björk bis Underground Resistance, von James Murphy vom LCD Soundsystem bis zu M.I.A. auf Augenhöhe zu reden, mit ihnen am Sofa zu sitzen und über Musik zu reden. Ja, dann wirst du mit einem Kopf voller neuer Ideen heimkommen und wahrscheinlich auch noch deine Freunde mit dem, was du erlebt hast, inspirieren können.

Was hat dazu geführt, dass die Academy plötzlich eingestellt wird? Dazu gibt es weder eine konkrete Begründung des Konzerns noch von den beiden Masterminds der RBMA. Die Abschiedsstatements von Many Ameri und Torsten Schmidt, der zwei Gründern der Academy, sind diplomatisch, voller Dank und ohne Schuldzuweisung:

Faktum ist, dass die Music Academy sich über 21 Jahre einen ausgezeichneten Ruf in der Musikszene aufgebaut hat. Das plötzliche politische Coming Out des jahrzehntelang diskret im Hintergrund gebliebenen Firmeninhabers Dietrich Mateschitz hat in der Musikszene zu einem nachhaltigen Shitstorm geführt. In einem seiner seltenen Interviews hat er sich zur österreichischen Flüchtlingspolitik geäußert, mit Äußerungen, die als rechtspopulistisch, ausländerfeindlich und reaktionär empfunden wurden. Die Stimmung bei der letzten großen Music Academy in Berlin war dann dementsprechend katastrophal.

Es hätte eine pompöse Geburtstagsfeier anlässlich des 20-jährigen Bestehens sein sollen. Stattdessen gab es von allen möglichen Seiten Auftrittsboykotte, Proteste und negative Kritiken („Ende der Red Bull Festspiele“). Was für die Mitarbeiter der RBMA sehr bitter gewesen ist, denn sie haben zwei Jahrzehnte lang gestalterische Freiheit gehabt, um mit dem Budget des Limonadenherstellers Dinge für die Musikszene umzusetzen. Fast zwanzig Jahre ist das gut gegangen, weil der Mäzen im Hintergrund sich nie politisch geäußert hat. Seit dem Interview letztes Jahr hat es dann plötzlich von vielen Seiten geheißen: Die Music Academy sei letztlich auch nur ein Feigenblatt für einen Konzern, der mit seinem Sender Servus TV oder seinen Markenbotschaftern wie Felix Baumgartner ein reaktionäres, rechtspopulistisches Weltbild verbreite.

Red Bull Stage beim Elevate Festival 2019

CC BY-NC-ND 2.0 / Johanna Lamprecht / Elevate Festival

Wie geht’s jetzt weiter?

Statement von Red Bull

Wir haben Red Bull um eine offizielle Stellungnahme gebeten, doch nichts bekommen. Auf Resident Advisor ist ein kurzes Statement von Red Bull zu lesen, mehr dazu in „Red Bull Music Academy und Red Bull Radio werden eingestellt“

Was bedeutet das für die von der Red Bull Music Academy kuratierten Bühnen und öffentlichen Lectures, zum Beispiel beim Elevate Festival? Die soll es weiter geben. Im offiziellen Statement heißt es, die vielen kleinen nationalen Ableger der Music Academy sollen weiterhin bestehen, d.h. die sogenannten Basecamps, wo einmal im Jahr (beispielsweise in Wien im Hotel am Brilliantengrund) die lokale Musikszene zu Workshops mit internationalen Stargästen und gemeinsamen Studiosessions eingeladen wird. Oder eben die Lectures bei Festivals.

Also definitiv gestorben ist die alle ein-zwei Jahre stattfindende, um den Globus reisende Großveranstaltung der RBMA, und das Red Bull Radio, das ja auch von der Music Academy kuratiert und von befreundeten internationalen Stars bespielt wurde. Aber der Wissenstransfer und die Unterstützung von lokalen MusikerInnen und Musikern durch die Academy soll weitergehen.

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