Vampire Weekend schreiben weiterhin ihr Lied
Von Christoph Sepin
Man kann sich kaum vorstellen, dass die Gruppe Vampire Weekend ihre Lieder in Proberäumen konzipiert. Dass hier Menschen schwitzend und rauchend zusammensitzen, sich über kreative Zugänge streiten, ungewöhnliche Melodien ausprobieren und stundenlang über einem Rhythmus brüten. Nein, das passt irgendwie so gar nicht zu dieser Band der leichten Bekömmlichkeit.
Vielmehr hat man ein Bild im Kopf von einer sterilen Halle mit Fließbändern drin, auf denen vorsichtig anhand von Algorithmen musikalische Zutaten kombiniert werden, um den größten gemeinsamen Nenner zu erreichen. In der Menschen in Anzügen mit Clipboards sich den Kopf zerbrechen, wie man im Streaming-Zeitalter in möglichst vielen Brunchcafés in die Playlists kommen kann.
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„Wir brauchen eine erste Zeile zum Lied“, sagt dann jemand. „Irgendwas, das alle mögen. Irgendetwas Nettes, ohne zu viel Risiko“. Die künstliche Intelligenz fängt an zu biepen, „Bleep-Bloop“, und spuckt die berechnete, perfekte Opening Line aus: „Baby, I Love You“. Und genau so beginnt „Unbearably White“ von Vampire Weekend dann auch.
Das ist alles sehr nett und gemütlich, die musikalische Version einer Memoryschaummatratze, wohlig und kuschlig. Lauwarm werden die Gitarrenmelodien zugefüttert, perfekt gemacht für Leute, die gerne mal mit dem Fahrrad herumdüsen und denen Dinge oft „zu viel“ oder „zu arg“ sind.
Ein Schelm, wer sich auch mehr erhofft vom verheißungsvollen Titel „Unbearably White“. Es geht hier um den Schnee am Gipfel des Berges („unbearably white“), um die Seiten im leeren Notizbuch („unbearably white“) und um die Kälte (auch „unbearably white“).
„Father of the Bride“ wird das neue Album von Vampire Weekend heißen, das am 3. Mai erscheint. Darauf noch jede Menge mehr dieser freundlichen Lieder mit Namen wie „This Life“, „Big Blue“ und „We Belong Together“. In Zeiten, in denen Popmusik sich im Wandel befindet und Genres voll mit Spannung und Energie abgebaut werden, scheinen sich Vampire Weekend sehr wohl im kreativen Status Quo zu fühlen. „I ran up the mountain, out of your sight. The snow on the peak was just unbearably white“.
Publiziert am 07.04.2019
