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Der HipHop Lesekreis nimmt sich den Deutschrap vor

Der FM4 HipHop Lesekreis dauert heute wieder eine ganze Stunde und beschäftigt sich mit Deutschrap, weil - wie in den letzten Monaten dem Feuilleton zu entnehmen - da auch einiges an Missverständnissen möglich ist. Wir beginnen historisch und führen über Royal Bunker zu Palmen aus Plastik. Heute, Montag, ab 21 Uhr in der FM4 Homebase und danach 7 Tage im FM4 Player.

Von Natalie Brunner

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Der FM4 HipHop-Lesekreis zum Nachlesen oder als Podcast. Das Buch gibt es auch im ORF Shop!

Die Kollegen Rahimi und Trishes haben ihre Top 3 des Deutschrap versammelt, und kollektiv möchten wir euch das Buch „Könnt Ihr uns hören?: Eine Oral History des deutschen Rap“ von Davide Bortot und Jan Wehn empfehlen. Die beiden Journalisten machen durch die Kompilation von Hunderten Interviews mit Rapper*innen auf über 400 Seiten über 30 Jahre Deutschrap les-, begreif- und erlebbar.

Mahdi Rahimis Deutschrap Top 3:

1) Mortel feat. Azad & Nimo – „PGS"
Die Nummer ist eine Art "Fremd im eigenen Land“ der 2010er Jahre. „Parallelgesellschaft“ ist einer der Kampfbegriffe einer neuen Rechten, um den Raum in der sogenannten politischen Mitte zu füllen und den gesellschaftlichen Diskurs weiter nach rechts zu schieben. Beim bürgerlichen Volk soll Angst geschürt werden vor einer „Parallelgesellschaft“, die so unheimlich ist und parallel zu „uns“ existiert, aber eben so fremd ist, das wir anfangen, im Bus die “Ausländer” zu zählen.

Die Frage ist, welche der Gesellschaften die wirkliche Parallelgesellschaft ist, die der besserverdienenden 5% oder die einer Mehrheitsgesellschaft, der „Unterschicht“, der Mortel, Azad und Nimo hier die Stimme geben.

„Dieses Leben macht schizophren und/ Suizidgefährdet und dann noch die/ Politik von Merkel/ Lieber Tod anstatt Hunger/ Azzlacks sterben jung/ Reiche leben lang, das ist der Werdegang/ Und ich wollt mich bei Merkel bedanken“

2) Haftbefehl – „Azzlackz sterben jung“
Irgendwann in 30, 40 Jahren werden sich Menschen mit Haftbefehl so auseinandersetzen, wie er es verdient, und nicht als Feuilletonobsession wie vor 5 Jahren. Haftbefehl ist der größte deutschsprachige lebende Sprachenkünstler und gesellschaftliche Erzähler. Diese Nummer thematisiert das Leben im Kapitalismus, vor allem von „Asozialen Kanacken (Azzlacks)“, den Raub der menschlichen Würde, den Effekt auf die menschliche Gesundheit und Psyche und dann noch die Politik von Merkel, das Festhalten an Hartz IV, mehr Arbeit, weniger Geld, weniger Freizeit, alles, was uns der Neoliberalismus als Effizienz und Fortschritt verkauft.

3) Raf Camora - „Ich und mein Kroko"
Diese Nummer war das gefühlt erste Mal, wo ich mitbekommen habe, dass Raf0Mic mittlerweile auf Deutsch rappt, sich Raf Camora nennt und nicht mehr "Ragga auf Französisch“ macht. Die Nummer ist aus einer frühen Phase von Raf, zeigt aber bereits Dinge, die ihn ausmachen, nämlich Selbstbewusstsein, Songideen, musikalisches Gespür und eine besondere Betonung von Worten. Die besondere Betonung des Wortes „Hash“ z.B., wo das H stumm bleibt, eben wie von jemandem, der Französisch als Muttersprache hat und versucht das Wort auf Deutsch zu husten, blieb im Kopf und ich sah Menschen in meinem Umfeld sehr oft “ÄHHHHHHSCH” sagen.

Produziert ist die Nummer von DJ Mezuian/Mez, der in den 90ern Teil von Flish Flash war, gemeinsam mit den Twintowas, die heute Teil des Palmen-aus-Plastik-Wahnsinns sind, und alle drei gingen mit mir in die Schule und wir fingen gemeinsam mit dem Rap-Hören an.

Trishes’ Deutschrap Top 3:

1) Doppelkopf – „Raps vom Mond“ (Remix)
Bizarre Kiffer-Geschichte von der mystischen Band aus der damaligen deutschen HipHop-Hauptstadt Hamburg. Das meiste aus der Ära ist nicht so gut gealtert wie dieser Remix, der für mich immer mit großartigen Augustnächten assoziiert sein wird.

2) Manges – „Tiefergelegt“
„Sag ma net, dieser Beat is’n Brett“ – zuerst als Gast bei den Kinderzimmer Productions (bigup!) gehört, hat Manges mit der Delivery auf diesem Song für mich ziemlich regiert. Darmstadt hat ja mit Yassin, Mädness und Döll einige gute Rapper herausgebracht, damals waren Manges und die befreundete Baggefudda Crew die ersten, die man aus der nicht nur dialekt-technisch zwischen Frankfurt und Heidelberg gelegenen Stadt gehört hat.

3) Dexter ft. Audio88 & Yassin – „Dies das“
Weil wir ja in der Sendung auch viel über Kool Savas gesprochen haben: Hier wird er für den Refrain zitiert, den die beiden Chef-Zyniker dann als Nichtaussage ins Zentrum der Nummer stellen. Hier kann man auch den Beginn von Dexters „wavy“ Phase festmachen – wunderbare Nummer!

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