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Schöner Schrecken: Das slasheinhalb Festival 2019

Horror, True Crime und Thriller-Action kollidieren beim ultimativen Frühlingsevent für Wiener Genrekino-Fans: Über „Dragged Across Concrete“ und andere Highlights beim slasheinhalb Festival im Filmcasino.

Von Christian Fuchs

Man darf die Filme von S. Craig Zahler ruhig kontrovers nennen. Der US-Regisseur, der neben seinen eigenen Drehbüchern auch preisgekrönte Romane schreibt, soulige Soundtracks komponiert und eine Black-Metal-Band betreibt, spaltet die Meinungen.

It’s /slasheinhalb-Festival-Time. Am 3. und 4. Mai 2019. Erneut muss man nicht auf den September warten, in dem das charmante Festival des Fantastischen Films Wien verstört und verzaubert gleichzeitig. Kurator und Leiter Markus Keuschnigg bereitet mit seiner Crew den Fans des intensiven, außergewöhnlichen und blutigen Kinos ein Frühlingsgeschenk. Parallel zur Nachtleiste des Linzer Crossing Europe laufen auch in Wien brandneue Gustostückerl des Genrefilms.

Für seine Fans verkörpert das Multitalent einen spannenden neuen Zugang zu den ewig alten Klischees des Genrekinos. Zahler bedient sich zwar reichlich aus dem Reservoir einschlägig schundiger Versatzstücke und lässt auch das Kunstblut in Fontänen spritzen. Aber er unterläuft die dazugehörigen Inzenierungserwartungen. Wie der am ehesten vergleichbare Quentin Tarantino verzichtet S. Craig Zahler auf schnelle Schnitte, dehnt stattdessen die filmische Zeit, konzentriert sich auf lange Dialoge. Im Gegensatz zum berühmten Regiekollegen vermeidet er aber deutliche Pop-Zitate. Minimiert die Ironie. Schränkt den Coolness-Faktor ein. Das Ergebnis ist knochenhartes Kino zwischen künstlerischer Strenge und kommerziellem Appeal.

"Dragged Across Concrete"

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„Dragged Across Concrete“

Dem Untergang geweihte Charaktere

Das ideologische Konfliktpotential ergibt sich aus Zahlers Figuren. Die Männer, die sich durch seine Filme kämpfen - Frauen bleiben tatsächlich eher im Hintergrund -, könnten ungebrochen aus rauen, schmutzigen Genreklassikern der 70er stammen, der Lieblingsfilmdekade des Regisseurs. In der Ära, in der politische Korrektheit noch keinerlei Rolle spielte, wimmelte es auf der Leinwand vor misanthropischen, nihilistischen, gewaltbereiten Kerlen, die via Stars wie Clint Eastwood („Dirty Harry“), Charles Bronson („Death Wish“) oder Robert De Niro („Taxi Driver“) auch den Mainstream eroberten. S. Craig Zahlers Charaktere schließen da nahtlos an, werfen Ethik und Moral so blitzschnell über Bord, wie sie zur Waffe greifen.

3x2 Tickets zu gewinnen

Wir verlosen 3x2 Tickets für die Österreich-Premiere von „Dragged Across Concrete“ im Wiener Filmcasino am 3. Mai 2019 um 23 Uhr.

In welcher Serie spielte Vince Vaugh eine ähnlich düstere Rolle wie in „Dragged Across Concrete“?

Der Einsendeschluss ist vorbei, die richtige Antwort war: „True Detective“, Staffel 2. Die Gewinner*innen wurden bereits per Mail verständigt.

Im Neo-Western „Bone Tomahawk“, seinem Debütstreifen anno 2015, flackern der Geist von Sergio Leone und Sam Peckinpah auf, wenn sich eine Gruppe alternder Revolverhelden, angeführt von Kurt Russell, auf die Suche nach einem kannibalistischen Ureinwohner-Stamm macht. Im ultrabrutalen Gefängnisthriller „Brawl in Cell Block 99“ (2017) geht der erpresste Kleinganove Vince Vaugh für seine entführte Ehefrau stoisch über Leichen.

Was die Gegner Zahlers inmitten der Splatterausbrüche seiner Filme übersehen: Diese dem Untergang geweihten Typen sollen nicht zwangsläufig Identifikationsfiguren sein. Der Regisseur beobachtet sein fatales Personal mit einem kühl distanzierten Blick, in ruhigen Totalen, wie (Killer-)Fische in einem Aquarium.

Mann mit Waffe in der Hand

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„Dragged Across Concrete“

Schockierend böse und niederträchtig

Dass S. Craig Zahlers neuester Film seine Österreich-Premiere beim slasheinhalb Festival feiert, erweist sich als ideale Kombination. Das progressivste Genrefestival im Lande liebt die Konfrontation, die Auseinandersetzung, den kreativen Konflikt. „Dragged Across Concrete“, schon wieder so ein Wahnsinnstitel, folgt zwei desillusionierten Cops (Ja, genau, ausgerechnet Mel Gibson und wieder Vince Vaugh) auf ungesetzlichen Pfaden. Als die korrupten Bullen es auf die Millionenbeute eines Banküberfalls anlegen, kreuzen sich ihre Wege nicht nur mit den gemeingefährlichen Räubern. Auch zwei junge Afroamerikaner (Tory Kittles, Michael Jai White) sind bis zum bitteren Ende in den Heist involviert.

Von den virtuosen darstellerischen Leistungen einmal abgesehen: Wie der trotz Überlänge extrem spannende Film mit Thriller-Stereotypen hantiert, gegenwärtige Krisenthemen durchdekliniert und reaktionäre Weltbilder gleichzeitig ernst nimmt und demontiert, ist schon mehr als beeindruckend. Und am ehesten mit dem koreanischen Gangsterkino vergleichbar.

Vater, Kind und Mutter mit Geburtstagskuchen

Netflix

„Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“

Umstritten ist auch schon im Vorfeld die Netflix-Produktion „Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“ gewesen, die slash-Kurator Markus Keuschnigg parallel zum Streaming-Start exklusiv auf der großen Filmcasino-Leinwand zeigt. Das Monster Ted Bundy, einer der berüchtigsten Frauenmörder aller Zeiten, wird darin von Zac Efron mit diabolischem Grinsen gespielt.

Der Weg, den der fesche Jungstar seit seinen „Highschool Musical“-Erfolgen gegangen ist, von der anarchischen Brachialcomedy „Bad Neighbours“ über seinen aktuellen Hooligan-Part in „The Beach Bum“ bis hin zur Serienkiller-Celebrity, ist in Hollywood ziemlich einmalig. Dass Efron wegen dem Trailer zum Schlächterfilm besonders viel weibliche Fanpost erhielt, darf als perverser Subtext zu einer amerikanischen Geschichte des Grauens betrachtet werden. Der echte Ted Bundy hat schließlich in der Todeszelle geheiratet und wurde vor seiner Hinrichtung noch Vater.

Neon-Horror und Zombie-Nostalgie

Aber auch andere Neuigkeiten, die am 3. und 4. Mai bei slasheinhalb zu sehen sind, bedürfen einer unbedingten Erwähnung. Im isländischen Survival-Drama „Arctic“ zittert man mit dem großartigen Mads Mikkelsen mit, der nach einem Flugzeugabsturz in der Arktis strandet. „Sons of Denmark“ hört sich nach einem bestechenden Polit-Thriller an, der vor dem Hintergrund eines Terroranschlags in Kopenhagen spielt. „Knife & Heart“ wiederum, vom französischen Bilderstürmer Yann Gonzalez grellbunt in Szene gesetzt, verbindet Verbeugungen vor dem Giallo-Horror mit einer Hommage an die Porno-Filmkultur der späten Siebziger. Und präsentiert die ikonische Vanessa Paradis im flackernden Neonlicht.

Zwei Menschen liegen auf einem Teppich

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Knife & Heart

Ein Geschenk für Zombie-LiebhaberInnen ist dann eine Sondervorführung am Sonntag des 5. Mai als Festivalabschluss. George A. Romeros Meisterwerk „Dawn Of The Dead“, nicht nur für den Schreiber dieser Zeilen einer der wichtigsten Filme aller Zeiten, wird da aus einem speziellen Anlass vorgeführt. Darsteller Richard France, der Mann, der darin in den Fernsehnachrichten von der Untoten-Invasion berichtet („Every dead body that is not exterminated becomes one of them. It gets up and kills!“) wird im Filmcasino anwesend sein.

Eine schöne Gelegenheit für Freaks, sich eine der unzähligen Fassungen des ultimativen Zombie-Klassikers signieren zu lassen. Aber auch, um wieder einmal die prophetische Kraft dieses Films zu spüren, der perfide gut in das politische Hier und Jetzt passt. In diesem Sinne: „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück!“ Viel Vergnügen beim slasheinhalb 2019.

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