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A Maze Berlin

Rainer Sigl / radio fm4

A MAZE Berlin 2019: Arthouse Games

Das achte Games & Playful Media Festival bleibt dem Mainstream fern und erneuert sich sanft.

Von Rainer Sigl

Eigentlich überraschend, dass es so lange gedauert hat. Zu Beginn war “Indie Games“ als Sammelbegriff für das, was in Berlin auf der A MAZE seit fast einem Jahrzehnt gezeigt wird, ausreichend. In den letzten Jahren hat man sich auf “Games & Playful Media“ geeinigt, nun hat Festivalboss Thorsten S. Wiedemann bei der Award-Show am 12.4. ein altes, neues Label liebgewonnen: “We love Art House Games.“

Der Begriff stammt bekanntlich vom Film und trifft ganz gut auf das zu, was seit Jahren in Berlin im jüngeren Medium gefeiert wird: Spiele, die in Inhalt und Stil möglichst kompromisslos die künstlerische Vision ihrer Schöpfer ausdrücken dürfen. Kommerz hat hier bekanntlich schon länger nichts verloren, stattdessen stehen künstlerische, gesellschaftlich relevante und immer wieder politische Statements im Fokus.

Frischer Wind

Die Macher und Besucher der A MAZE und vor allem die Entwickler, die sich dieser sympathischen Vision schon beinahe familiär verbunden fühlen, feiern sich und ihre Spiele seit Jahren mit Hingabe und Berlin-typischer Party-Lust; so war die A MAZE - sehr böse gesagt - in den letzten paar Jahren an der alten Location, am Friedrichshainer RAW-Gelände, ein bisschen in Gefahr, selbst wie die Örtlichkeit zunehmend zur Hippiefolklore mit viel Déjà-vu zu geraten.

A Maze Berlin

Rainer Sigl / radio fm4

2019 sah sich das Festival gezwungen, die Location zu wechseln. Und der Umzug zum spektakulär seltsamen SEZ, einem fast leerstehenden und aus DDR-Zeiten stammenden Erholungstempel, hat dem Festival gut getan: Weniger Business as usual, mehr Ausstellungsfläche und mehr Programm sorgten für frischen Wind und jene Aufbruchstimmung, die inhaltlich sowieso gegeben ist. Zwischen Baustellengittern und retrofuturistischer moderner Architektur durfte sich das Publikum auch tatsächlich ganz im Wortsinn im Labyrinth der A MAZE verlaufen.

Gärtnern, Baggern, Spielen

Ein Highlight des dichten Vortragsprogramms waren die einleitenden Keynotes und die Diskussion zu einem wichtigen Thema: In den Talks zum Thema “Game Design as Gardening“ ging es aber nicht nur um Entwicklung, sondern auch Kuratierung und Hege und Pflege des Mediums, seiner Geschichte, aber auch der Menschen, die es gestalten.

Wir haben uns für euch nach aktuellen Indie-Game-Empfehlungen umgehört. Hier einige Tipps:
- Fantastic Fetus
- Circle0
- The Game: The Game

Beeindruckend und bedrückend war auch der Vortrag der US-Künstlerin Angela Washko, deren ebenso ausgestelltes Spiel “The Game: The Game“ sich der Welt der “Pickup-Artists” widmet. Unter Verwendung von Originalmaterial diverser umstrittener “Verführungs-Coaches” versetzt sie Spieler*innen in die Rolle deren potenzieller Opfer - ein ebenso aufschlussreiches wie frustrierendes Experiment in Sachen Manipulation und Sexismus.

Mehr als Games

Dass “The Game: The Game” bei der Verleihung der Awards durch die internationale Jury, der immerhin auch die namhafte Kritikern und Gameskultur-Feministin Anita Sarkeesian angehörte, ganz leer ausging, war nicht die einzige Überraschung bei der Preisvergabe: Mit “Operation Jane Walk“ der österreichischen Künstler Leonhard Müllner und Robin Klengel gewann kein Spiel, sondern ein Video einer virtuellen Stadtführung durch das New York von “Tom Clancy’s The Division“ den erstmals vergebenen Explorer Award.

A Maze Berlin

Rainer Sigl / radio fm4

Und auch der Preis für das “Most Amazing Game“ ging an ein Projekt, das die Grenzen zwischen den Künsten und Medien gründlich in Frage stellt: In der VR-Installation “Kassinn“ eines isländischen Teams wird man von einem live Anweisungen gebenden Schauspieler bei der Flucht aus einem virtuellen Gefängnis angeleitet - oder eher: davon abgehalten.

Klar, im eigenen Wohnzimmer wird man kaum in den Genuss dieses Spiels kommen, als prototypisches Art House Game ist “Kassinn” aber genau wie viele andere der gezeigten und prämierten Spiele absolut bemerkenswert.

Die achte Auflage des Games & Playful Media Festivals A MAZE fand vom 10. bis 13.4. in Berlin statt. Robert Glashüttner und Rainer Sigl waren für FM4 vor Ort in Berlin.

Grund genug, auch in Zukunft zur A MAZE nach Berlin zu pilgern. Schön, dass man hier wieder überrascht wird. Und auch schön, dass die Jury des Deutschen Computerspielpreises die A MAZE und ihren Schöpfer Thorsten S. Wiedemann heuer mit dem Jurypreis gewürdigt hat. Die A MAZE bleibt eine spannende und wichtige Veranstaltung am lebendigen Rand eines oft zu kommerziellen Mediums.

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