Das FM4 Überraschungskonzert mit Grossstadtgeflüster

Im Rahmen ihrer „Kann ja jeder kommen!“ Tour legen Grossstadtgeflüster einen Überraschungs-Stop im Treibhaus in Innsbruck ein.

Von Susi Ondrušová

Eigentlich läuft alles wie geschmiert bei Grossstadtgeflüster: Im Juli wird ein neues Album erscheinen und die Deutschland-Termine hat das Trio in Venues vor doppelt so viel Menschen wie sonst absolviert. Sie ist immer wieder überrascht vom Universum meint Sängerin Jen Bender im Interview und erzählt davon, dass sie sich vor 10 Jahren nie vorstellen hätte können, dass es aufgeht und „dass wir das immer noch so machen können und es Menschen gibt, die das interessiert und die Bock haben, das mit uns auf unseren Konzerten zusammen zu machen!“ Damals vor 16 Jahren bei der Bandgründung wollte man solange weitermachen bis „zu den Konzerten mehr Menschen kommen als Menschen auf der Bühne stehen“.

Das gelingt mittlerweile mit Leichtigkeit, schon lange vor Einlass ins Treibhaus versammeln sich Fans vor der Venue um sich für eines der begehrten Einlassbänder anzustellen. „Bis die Bude voll ist oder?“ Genau, so läuft das bei den FM4 Überraschungskonzerten.

Plattenempfehlung von Jen Bender

Am Nachmittag heißt es noch ein bisschen in der Sonne sitzen und die Gedanken zum Confetti-Verbot in der Venue zur Seite schieben und ein wenig über den Record Store Day nachdenken. Ein Tag an dem Vinyl und Plattengeschäfte im Zentrum stehen. Der Plattenladen als sozialer Orte an dem man Altes und Neues (wieder)entdeckt und „mit nachhause nimmt“. Jen Bender von Grossstadtgeflüster ist nicht nur Musikerin sondern auch Musikfan und möchte das haptische Musikerleben nicht missen. „Und auch das Umdrehen! Das ist so gut!“ Empfehlungen für Neues kriegt auch sie mittlerweile über den Algorithmus aufs Handy gespült oder via Empfehlungen von Freund*innen. Als Musikfan hat sie für sich entschieden: „Wenn ich ein Album mehr als 2 Mal höre, also streame, dann geh ich los und kauf das, weil dann möchte ich ja, dass der Künstler noch mehr Alben macht!“ Cosmo Sheldrake ist der letzte Vinyleinkauf von Jen gewesen. Wenn sie sich wünschen könnte, welche Platte sich FM4 Hörer*innen anhören und kaufen sollten, dann wäre es die brandneue Platte „Klebstoff“ der befreundeten Berliner Musikerin Mine.

Im Juli werden Grossstadtgeflüster selbst ein neues Album veröffentlichen, daran werden die Besucher*innen vom FM4 Überraschungskonzert mit einer Gratis Single CD erinnert, die nach dem Konzert ausgeteilt wird. Im Interview verrät die Band, dass in einem Song die Zeile „Ich bin sehr happy mit meinem Happa“ vorkommt aber ihre Lieblingszeile befindet sich auf „Feierabend“ und geht so: „Dö dö dö dö döö dööööö“.

Zwei Details verrät die Band zum neuen Album noch. Auf einem Song beschäftigen sich Grossstadtgeflüster mit dem Jahr 2080 und beschreiben „wie diese Welt sein könnte“ wenn Jen 100 Jahre alt ist. Es gebe viele Baustellen auf der Welt, die man angehen muss, um die Zukunft der Menschheit sicherer und schöner zu gestalten. Auf die persönliche Frage, wie ihr Plan zur Verbesserung der Welt aussehen würde, erwähnt Jen die zwei größten: Klimaschutz und Gleichberechtigung. Wie „2080“ klingt und welche Zukunftsutopie in dem Song besungen wird, werden wir im Juli erfahren, wenn das Album erscheint.

Party, Ekstase und Tanzen

Wer glaubt, dass aus Grossstadtgeflüster nun eine verkopfte Band geworden ist, irrt. Beim FM4 Überraschungskonzert performt das Trio einen unveröffentlichten Song, der eine Liebeserklärung an das wichtigste Möbelstück eines jeden Wohnzimmers ist: „Meine Couch“ heißt der Track.

Als einen „Teller bunte Knete“ bezeichnet die Band ihre Fans. Was sie eint, ist der Wille nach Party, Ekstase und Tanzen. Jene, die sich am Anfang des Konzertes noch eher unterhalten denn zuhören wollen, werden sanft zurechtgewiesen und letztendlich übertönt: „Ihr habt jetzt nicht KEINEN Eintritt bezahlt, um euch zu unterhalten?“ fragt Jen ins Publikum. Die Ränge sind beim FM4 Überraschungskonzert bis in den obersten Stock sehr gut gefüllt. Das Publikum scheint bis in die hintersten Reihen textsicher zu sein: nicht nur bei „Fickt Euch Allee“, „Wo ist die Party“ oder „Feierabend“ eben.

Ein Konzert als kollektive Fun-Therapie bei der man auf einander schaut und sich aushilft. Zum Beispiel mit Gymnastik. Sängerin Jen lässt beim Konzert die Hosen runter und zeigt dem Publikum ihr in eine Schiene verpacktes Bein: beim Konzert in Berlin ist ihr vor ein paar Wochen die „Kniescheibe weggeflogen“. Ärztlich verordnetes Springverbot also. Keyboarder Raphael wird das an dem Abend mit Unterstützung vom Publikum also ausgleichen müssen. Konffetti-Kanonen, jene Utensilien die zum Konzerthöhepunkt einer Grossstadtgeflüster-Show dazugehören, sind im Treibhaus verboten, also hilft man sich mit Knicklichtern für die ravenden Besucher*innen und Luftballons aus. „Zerstört die Luftballons! Denkt an euren Chef!“, lautet die Ansage.

Ab wann ist ein Grossstadtgeflüster Konzert ein gutes Konzert? Wenn alle nassgeschwitzt sind oder: „Wenn das Arschwasser in die Sneaker fliesst!“ Genau.