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Screenshot aus dem Spiel "Weedcraft Inc."

Weedcraft Inc/Devolver Digital

Kapitalismus und Cannabis in „Weedcraft Inc.“

In „Weedcraft Inc.“ baut man sich ein eigenes Cannabis-Imperium auf – legal mit Lizenz oder illegal auf der Straße. Ein Spiel mit Humor, das mehr ist als nur ein „Landwirtschaftssimulator“ für Kiffer.

Von David Riegler

Es beginnt mit zwei Brüdern aus Michigan, die gerade ihren Vater verloren haben. Einer hat erst kürzlich sein Wirtschaftsstudium geschmissen, der andere hat selbst im Keller Marihuana angebaut, damit es sein kranker Vater gegen die Schmerzen nehmen kann. Nachdem ihr Vater gestorben ist und die beiden kein Geld mehr haben, beschließen sie, Gras anzubauen und zu verkaufen.

Screenshot aus dem Spiel Weedcraft Inc.

Weedcraft Inc./Devolver Digital

Sobald das Geschäft anfängt gut zu laufen, bekommen die Konkurrenz und die Polizei Wind von den illegalen Machenschaften im Keller. Spätestens dann wird das Spiel zu einer ständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, denn neben Miete und Produktionskosten muss man andauernd einflussreiche Leute bestechen oder sie mit anderen Mitteln einschüchtern.

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Noch komplexer wird es im fortgeschrittenen Modus, in dem man ein legales Cannabis-Imperium aufbauen kann. Als ehemaliger Häftling, der einige Jahre wegen Drogenbesitz eingesperrt wurde, findet man sich nun in Denver, Colorado wieder – einem Bundesstaat mit liberalen Cannabis-Gesetzen. Perfekte Grundlage um sich ein legales Geschäft aufzubauen und reich zu werden, mit derselben Pflanze, die einen früher ins Gefängnis brachte.

Cover Weedcraft Inc.

Weedcraft Inc/Devolver Digital

„Weedcraft Inc.“ vom Entwicklerstudio „Vile Monarch“ und dem Publisher „Devolver Digital“ ist auf Steam erhältlich.

Die Ironie der Geschichte ist, dass das legale Geschäft oft genauso schmutzig und korrupt ist wie der Schwarzmarkt. Wie in der Realität auch ist die rechtliche Situation sehr kompliziert und voller Grauzonen. Zu Beginn ist Marihuana nur für medizinische Zwecke erlaubt. Wer expandieren möchte, muss knallharten Lobbyismus betreiben und alles tun, um das eigene Geschäft nach vorne zu peitschen – sei es mit Parteispenden, Drohungen oder anderen Mitteln.

Gelungenes Spiel mit Luft nach oben

Dem Entwicklerteam „Vile Monarch“ ist vieles an dem Spiel gut gelungen. Die gezeichnete Comic-Ästhetik harmoniert sehr schön mit den ruhigen Hip-Hop Beats, die im Hintergrund laufen. Die Charaktere sind vielschichtig, intelligent und haben Humor. Außerdem hat man viele Entscheidungsmöglichkeiten. Man kann entweder ein Kleinunternehmer sein, der seine Pflanzen hegt und pflegt, oder man wird zum unpersönlichen Großunternehmer, für den nur der Profit zählt.

Das stärkste Unterscheidungsmerkmal zu einigen anderen Wirtschaftssimulationen ist, dass in „Weedcraft Inc.“ die Komplexität des freien Markts realitätsgetreu dargestellt wird. Der Zusammenhang zwischen Lobbyismus, Politik und Gesetzgebung wird zum zentralen Element im Spiel und man erlebt den kapitalistischen Markt in seiner Reinform. Das Game spricht sich nicht für oder gegen die Legalisierung von Cannabis aus, sondern zeigt die Unterscheide der beiden Varianten.

Screenshot Weedcraft Inc.

Weedcraft Inc./Devolver Digital

Genau diese Komplexität kann aber auch verwirren. Nicht immer ist nachvollziehbar, warum sich ein Konkurrent zurückzieht oder warum man plötzlich weniger Einnahmen hat. Als Spieler verliert man manchmal die Übersicht, was sehr frustrierend sein kann. Sobald man nicht mehr alles im Auge hat, geht das Geschäft schnell bergab – ohne, dass man genau weiß, warum.

Die große Kontroverse

Rund um das Game gab es einige Aufregungen, denn Cannabis scheint immer noch ein heikles Thema zu sein. Laut einem Bericht von Motherboard hatten die Publisher von „Devolver Digital“ zahlreiche Probleme bei der Bewerbung des Games. Facebook erlaubte keine Werbung von „Weedcraft Inc.“ und auf Youtube wurden Videos demonetarisiert, in denen das Game getestet wird. In China darf es gar nicht veröffentlicht werden und traditionelle Werbung ist in vielen Staaten überhaupt nicht möglich.

Die Kontroverse wirkt absurd, wenn man bedenkt, dass jeder brutale Shooter problemlos Werbeflächen bekommt. Außerdem rufen die Entwickler weder im Titel noch im Spiel zu Cannabiskonsum auf.

Einerseits nützt diese Aufmerksamkeit dem kleinen Indie-Game, andererseits wird es dadurch in ein falsches Licht gerückt. „Weedcraft Inc.“ ist definitiv kein Spiel, das Kiffen verherrlicht, sondern eine komplexe Wirtschaftssimulation mit Humor und einer ansprechenden Ästhetik.

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