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Weyes Blood

Brett Stanley

Weyes Blood geht für ihr viertes Album unter Wasser

Die Kalifornierin Natalie Merring macht Musik unter dem Namen Weyes Blood und besingt auf ihrer Platte „Titanic Rising“ eine untergegangene Welt.

Von Christoph Sepin

Es ist schon alles kein Zufall, dass Natalie Merring alias Weyes Blood auf dem Albumcover zu „Titanic Rising“ in fahlem Licht, unter Wasser, in einem versunkenen Schlafzimmer posiert. Denn die Musik auf dem vierten Album der Künstlerin fühlt sich an, als wäre man gerade kopfüber abgetaucht. Die Augen sind zu, der Atem ist angehalten beim Hören dieser Platte, die umhüllt wie warmes Wasser.

Merring malt große Bilder auf „Titanic Rising“: Dramatisch, theatralisch, intensiv, das sind Begriffe, die sofort einfallen. Und erholt man sich kurz von dem Sprung ins Wasser, manifestieren sich Geschichten über Verlust und Liebe, über das Erwachsenwerden und das stetige Weitergehen. Immer weiter nach vorne, das Leben entlang.

Ein Kommentar zur Gegenwart

Das lyrische Grundkonzept ist der Musikerin klar: „Das ist ein Kommentar über moderne Zeiten, das Untergehen der Zivilisation, das Schmelzen der polaren Eiskappen und darüber, wer davon betroffen sein wird“, sagt sie im Interview mit FM4. „Und dann auch die emotionalen Auswirkungen von diesem Konzept; Menschen, die in sich selbst versinken, in der Isolation von Technologie und Social Media“.

Merring ist sich bewusst, wie effektvoll aufgeladen ihre Musik ist, und benutzt große Worte um die Instrumente zu ergänzen: Von Träumern und Tigern ist da einmal die Rede, dann vom Garten Eden, aus dem man rausgeworfen worden ist. Sie spricht davon, für jemanden bis zum Mond und den Sternen zu reisen, dann wieder von Schiffen, die ins nirgendwo segeln. „Ich wollte mich auf die Schönheit und das Drama fokussieren“, so Merring. „Und die kolossale Größe der Emotionen. Ich wollte etwas bauen, das größer ist als das Leben selbst“.

Eine Einheit mit Ausreißern

Das ist zwar ein Album, das sich wie eine komplette Einheit anfühlt, auf dem Lieder an Lieder anschließen, dann gibt es aber Momente, die aufgrund ihrer Großartigkeit komplett herausstechen aus dem Gesamtkonzept. Ein Lied über Filme auf der großen Leinwand gibt es beispielsweise zu finden, über die Hoffnungen und Träume, die gefühlt werden können, wenn man im Kino sitzt: Ein Lied namens „Movies“. Hier geht das Gesamtkonzept, die Theatralik und die fulminante, mitreißende Übersteuerung und Überlagerung von Instrumenten komplett auf.

„Als jemand, die von Filmen gebrainwashed wurde, habe ich eine sehr komplexe Beziehung dazu, wie sie mein Leben beeinflusst haben. Und ich habe nie gewusst, wie ich genau darüber singen soll. Das war ein Triumph für mich, das zu erreichen“. Triumphal das Endresultat, „Movies“ besticht als ein musikalischer Geniestreich am Album.

„Titanic Rising“ von Weyes Blood ist auf Sub Pop erschienen.

Diese musikalische Opulenz, die sich durch die gesamte Platte zieht, ist kein Zufall: Merring hört viel klassische Musik und vermisst Elemente daraus manchmal in neuerer Popmusik - den langsamen Aufbau von Melodien und Arrangements, die der Dramatik der Realität gerecht werden, wie sie sagt. Und das erreicht sie auf „Titanic Rising“ scheinbar mühelos: Ein großes, melodramatisches Album, zeitlos und stolz.

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