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Cage The Elephant

Neil Krug

Cage The Elephant sind FM4 Artist Of The Week

Der Rock’n’Roll von Cage The Elephant ist old-school und modern zugleich. Er ist dringlich, turbulent, dunkel und brütend, aber auch mit einer guten Pop-Sensibilität. Verzweiflung und Hoffnung sind in den neuen Songs der amerikanischen Band.

Von Eva Umbauer

Matt Shultz, der Frontmann von Cage The Elephant, wirkt immer ein klein wenig zerzaust, sympathisch zerzaust - äußerlich und innerlich. Egal, ob er gerade einen Grammy entgegennimmt oder auf der Bühne steht und spielt oder Interviews gibt. Beim letzten Album, „Tell Me I’m Pretty“, erzählte er von der Schwierigkeit, Erfolg zu haben und sich dennoch treu, man selbst zu bleiben.

Im FM4-Interview zum neuesten Album von Cage The Elephant spricht Matt sogar von „survivor’s guilt“, die er manchmal spürt. Es handelt sich um Schuldgefühle, die etwa Überlebende eines Flugzeugabsturzes oft haben; Mitpassagiere kamen uns Leben, und das macht den beim Unglück nicht Umgekommenen oft schwer zu schaffen. Matt Shultz spürt „survivor’s guilt“, wenn er an andere Bands denkt, die auch gut waren, aber irgendwann wegen der Mühsamkeiten und dem mangelnden Erfolg aufgaben.

Bevor Cage The Elephant vor elf Jahren ihr erstes Album veröffentlichten, lebte die Band aus Bowling Green im US-Bundesstaat Kentucky in London. Matt Shultz und sein Bruder Brad waren große Fans englischer Popmusik, von den Beatles und den Stones in den Sechzigerjahren bis zu David Bowie oder auch The Cure.

Raus aus Kentucky

Zuhause in Kentucky im Süddosten der USA, dort wo das üppige Gras wächst, das „blue grass“, und der Wind sanft darüberstreicht, hatte Matt Shultz als Installateur am Bau gearbeitet. Er wusste, er musste raus, sonst würde er wohl immer in diesem Job bleiben. Sein Bruder arbeitete in einer Bar, und auch die anderen bei Cage The Elephant mussten sich ihr Leben erst mit harter - oft körperlicher - Arbeit finanzieren.

Matt und Brad Shultz kennen das „richtige“ Leben, nicht nur das Rockstar-Dasein. Das ist auch ein Grund, warum Matt von „survivor’s guilt“ geplagt wird: Weil er andere zurückgelassen und nun ein besserer Leben hat als diese Menschen.

2009 wurden Cage The Elephant mit „Ain’t No Rest For The Wicked“ größer bekannt.

Seit etwa einem halben Jahr lebt Matt Shultz nun in New York City, während die anderen Mitglieder der Band in Nashville, Tennessee wohnen, in der Hauptstadt der amerikanischen Country-Music, die aber etwa auch Bewohner wie Jack White oder die Black Keys hat.

Auch Beck schaut vorbei

Das letzte, mit einem Grammy bedachte Album von Cage The Elephant wurde von Dan Auerbach von den Black Keys produziert, das neue hingegen von John Hill, der etwa schon mit Eminem und Rihanna im Aufnahmestudio war, oder auch mit Portugal The Man. Das Pop-Gespür von John Hill gepaart mit dem Rock’n’Roll-Vibe von Cage The Elephant ist eine interessante Kombination.

Im Track „House Of Glass“ reimt und rappt Matt Shultz, während Bruder Brad die Fuzz-Gitarre dazu spielt und Bassist Daniel Tichenor und Drummer Jared Champion uns nicht vergessen lassen, dass Cage The Elephant trotz allem zu allererst eine Powerpop-Band sind. Auch wenn ein Mann namens Beck am neuen Album von Cage The Elephant vorbeischaut und mit Matt Shultz ein Duett singt: „Night Running“ hat Dub-Reggae Elemente und erinnert an die britischen Punk-Schwergewichte The Clash und ihr Album „Sandinista“.

Das neue Album von Cage The Elephant fällt insgesamt ziemlich facettenreich aus. Der Titel „Social Cues“, so Matt Shultz, bedeutet Folgendes:

Albumcover - Cage the Elephant - "Social Cues"

RCA Records

„Social Cues“ von Cage the Elephant ist bei RCA Records erschienen

„A social cue is a small hint of how people should behave themselves in social settings. It’s usually unspoken, more of a body language kind of thing. But when we were dreaming up different directions for the title of the record, we thought that it was a very fitting theme that we are living in a time where it’s almost at the height of this social paranoia where everyone’s zeroed in on everyone’s micro-actions, micro-aggressions or whatever it may be, and that we are all kind of basing the way we should act on these things.“

Angst resultiert daraus, und Depressionen, so Matt Shultz. Es geht etwa um Hass im Netz, und dass durch diesen Menschen in den Suizid getrieben werden.

Von Abschieden und einer persönlichen Apokalypse

„I don’t have the strength to play nice“, singt Matt Shultz im Titelsong vom neuen Album von Cage The Elephant, der tolle Keyboards hat und eine Steel-Guitar. „I was promised the keys to an empire“, heißt es im Garagerock-igen „Broken Boy“, und im wunderschönen Piano-Song „Goodbye“ fragt Matt Shultz: „Have I become the thorn in your side? It’s alright, goodbye.“

„Goodbye“ handelt (auch) vom Ende seiner Ehe, auch wenn Matt im FM4-Interview sagt, es geht um den Tod von Freunden und Familienangehörigen. Matt sang den Song am Boden des Studios liegend ein, stand auf, verließ das Studio und kam erst wieder zwei Wochen später zurück.

Viel leichtfüßiger wendet sich Matt Shultz im Song „What I´ve Become“ an seine Ex-Frau: „I’m sorry, honey, for what I’m becoming. Everything you wanted seems so far from me.“ Zur persönlichen Apokalypse, die hier mittels Popsong aufgearbeitet wird, spielen die Streicher - wie im Film.

Dennoch glaubt Matt Shultz weiterhin an die Liebe. Im Song „Love’s The Only Way“ kommen wieder Strings zum Einsatz. Arrangiert wurden sie großteils vom legendären kanadischen Komponisten, Arrangeur und Gitarristen David Campbell, was Matt Shultz ganz besonders freut. Dies sind Dinge, die man sich als kleine Band nicht leisten könnte. David Campbell ist übrigens der Vater von Beck.

Schön zu sehen, wie sich Cage The Elephant seit ihrem ersten Album über „Thank You, Happy Birthday“, „Melophobia“ und „Tell Me I´m Pretty“ zu „Social Cues“ hin entwickelt haben. „Social Cues“ ist ein großes Album, eine Platte mit Grandeur, in der ein warmes Herz schlägt, vom Anfang bis zum Ende.

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