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Portrait Foto Fuzzman alias Herwig Zamernik

Niki Meixner

Fuzzman: Der zertrümmerte Weltraumschlagerpilot

Er war schon immer der wortgewandte Weltraumpilot, der durch sein ganz eigenes Musikuniversum fliegt. Mit „Hände weg von Allem“ integriert der Fuzzman neben Schlager, Indie und Elektropop auch seine nachdenkliche Seite.

von Andreas Gstettner-Brugger

Wir kennen ihn als witzigen Indieschlagerpoeten, der immer ein Lächeln auf den Lippen trägt. Als Fuzzman sitzt er entweder hoch zu Ross und reitet für eine Handvoll Gras bis nach Obermillstatt, oder aber er singt im Steinbruch ein leichtfüßiges und gleichzeitig schmerzendes „Leb wohl Cherie“.

Letztes Jahr meldet sich Sänger, Songschreiber, Produzent und Lebenskünstler Herwig Zamernik alias Fuzzman dann mit einer unglaublich traurigen Coverversion des unglaublich traurigen Kärntnerlieds „I tua wohl“ zurück. Ein Song, der auch am neuen Album ist. Muss man sich da jetzt sorgen machen? Schließlich könnte der Song - geschrieben von Ottilie von Herbert, die am 26. September 1847 im Wörthersee verschwunden ist - ein Zeichen für eine existenzielle Krise sein.

Han Solo in Langenzersdorf

Doch schon mit dem Herzstück und der ersten „richtigen Single“ des Albums „Hände weg von Allem“ grinst uns der Fuzzman als Han Solo verkleidet aus dem Millennium Falken zu, während er sehr lässig mit Tschik im Cockpit hängt und zwischen den Schlagersternchen und Popkometen herumnavigiert.

„Das ist mein Trick! Dass man nie weiß, woran man ist. Nicht mal ich selbst.“

Ein Kredo, das jedes Album des Bassisten und Sängers zu einem Abenteuer macht. Auch im Video landet der Weltraumcowboy zu dem hohen Huu-Huu-Gesang (man erinnere sich an die Titelmelodie von Raumschiff Enterprise) recht unvermittelt bei einer 80-er Geburtstagsfeier in Langenzersdorf. Durch das Gasthaus schlendernd philosophiert der Fuzzman darüber, dass es manchmal vielleicht besser ist, die Finger von den Dingen zu lassen, auch wenn dann alles bleibt, wie es ist.

Plattencover Fuzzman "Hände weg von Allem"

Lotterlabel

/Das sechste Studioalbum „Hände weg von Allem“ vom Fuzzman ist auf seinem Lotterlabel erschienen.

Hier könnte man dann doch etwas Resignation heraushören. Will sich der Fuzzman etwa lieber dem Überirdischen hingeben, als sich mit dem immer gleichen Alltagswahnsinn abzumühen? Denn eigentlich liebt er es, aufzustehen und uns seinen Protest lautstark mit Megaphon zu Gehör zu bringen. Doch diesmal ist der Widerstand subtiler, mehr unter der Oberfläche. So ist vielleicht wirklich das Nichtstun, das Faulsein - oder, wie der Kärntner gerne sagt, das Tachinieren - das Subversivste, was man angesichts von 12-Stunden-Arbeitstag und in der Früh aufzustehen, um arbeiten zu gehen, (wie es uns der Kanzler nahegelegt hat), machen kann. So hat Herwig Zamernik einen richtigen „Tachiniererchor“ um sich geschart und Gitarrist und Sänger Paul von Pauls Jets ins Studio geholt, um seinen an Sympathy For The Devil erinnernden Schlachtruf „Ich tachinier“ aufzunehmen.

Dazu passt auch das schöne Plattencover, auf dem der Fuzzman mitten auf einem Zebrastreifen im 7. Wiener Gemeindebezirk liegt. Ein gefährliches Tachinieren. Oder vielleicht doch eine Art Protest im Sinne von „wer hier weiter will, muss über mich drüberfahren“? Oder vielleicht doch ein symbolisches Abstandhalten von seinen geliebten Beatles? Da ist er schon wieder, der Trick, bei dem man nie weiß, woran man ist.

Die Scissor Sisters gehen mit Naked Lunch auf ein Bier

Auf manche Dinge kann man sich aber selbst beim Fuzzman verlassen. Wie Herwigs Hang zum Experimentieren und sein Faible für Pop und elektronische Produktion. Zu hören gleich in dem Eröffnungsstück „In The Cold“, das mit seinem Falsett sofort an die Scissor Sisters erinnert, während es entspannt auf dem Tanzboden dahinstampft. In die gleiche Kategorie fällt das beschwingt dahingroovende „River Of Love“, dessen charmante Kopfstimme und hüpfenden Synthies ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Portrait Foto Fuzzman alias Herwig Zamernik am Strand

Jutta Fastian

Aber es wäre nicht der Fuzzman, hätte nicht auch die tiefe Traurigkeit der Kärntner Seele Platz auf diesem Album. Das Stück „Trümmer“ - eines der absoluten Highlights der Platte - klingt mit seinem schleppenden Groove und dem wunderschön melancholischen Klavier fast wie ein Naked-Lunch-Stück. Das liegt wahrscheinlich auch an der existenzialistischen Dringlichkeit des Textes, bei dem der Fuzzman in Trümmern liegt.

Die Nachdenklichkeit hat hier eindeutig Einzug gehalten, vielleicht mehr als bisher. Der Fuzzman wird halt auch älter. Und in gewisser Weise auch milder und weiser. Das ist vor allem im herzzerreißenden Trauermarsch „Schwieriger Mensch“ hörbar, wohl das ultimative Liebeslied der Platte. Mit seinen singenden Rebellen öffnet er dabei nicht nur seinen geliebten Menschen sein Herz, sondern auch all jenen, die mit sich und der Welt immer wieder hadern und von denen sich so manche abwenden. Es ist eine Hommage an schwierige Menschen, die wir alle immer mal wieder sein können.

Melancholischer Rückblick

Auch das scheinbar witzige „Pferdeäpfel“, das zwischen Kinderlied, Heinz Rühmann, Bontempi-Alleinunterhaltersong und Torneró hin und her pendelt, ist ein melancholischer Rückblick auf eine Kindheit zwischen Österreich in der Schule und Francisco im Kopf. Vielleicht ist es mit seinem Wunsch nach Pferdeäpfeln und einem Schießgewehr aber auch schon wieder ein Protestsong. Wie das Chanson-Plastik-Pop-Stück „Gern Schokolade“, laut dem Fuzzman „der größte Protestsong, den ich jemals geschrieben habe“.

Der Fuzzman live:

  • 16.5. PPC, Graz
  • 17.5. Stadtwerkstatt, Linz
  • 18.5. WUK, Wien
  • 24.5. Spielboden, Dornbirn
  • 25.5. ARGE, Salzburg

So kann jeder auf diesem schönen Album „Hände weg von Allem“ etwas finden. Ein bisschen Party und Hedonismus, ein bisschen Herzschmerz und Traurigkeit, ein bisschen Faulsein und sich hängen lassen, ein bisschen Protest und politische Gegenbewegung. Vor allem aber kann man auf dem sechsten Studioalbum des Fuzzmans ganz viel Liebe finden. Liebe zur Musik, Liebe zum Experiment, Liebe zum Humor und zur Selbstironie. Aber auch die Liebe zum Anderssein und die Liebe zu sich selbst. So hat es der Fuzzman wieder einmal geschafft, uns mit seinen Songs zu umarmen.

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