FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Die große ÖH-Wahldebatte mit allen neun Spitzenkandidat*innen

Die neun Listenersten der bundesweit antretenden ÖH-Fraktionen stellen sich den Fragen von Ali Cem Deniz und präsentieren ihre Pläne für die kommenden zwei Jahre in der ÖH.

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Neun Listen stehen am Stimmzettel für die ÖH-Bundesvertretung. Wofür sie stehen und sich in den kommenden zwei Jahren einsetzen wollen, das haben wir bereits in unseren Fraktionenporträts zusammengefasst.

Bei der großen ÖH-Wahldebatte am 14. Mai 2019 im Auditorium der „Angewandten“ in Wien, sind wir noch einmal ins Detail gegangen: Wir haben den Kandidatinnen und Kandidaten noch weitere Fragen gestellt und sie darüber diskutieren lassen.

Hinweis: Das Video des Livestream von der Diskussion wird im Laufe des Tages online gestellt.

Die Diskussionsteilnehmer*innen

Diese Kandidatinnen und Kandidaten standen dieses Jahr auf dem Podium:

  • Dominik Ramusch, Aktionsgemeinschaft
  • Dora Jandl, VSStÖ
  • Dietlinde Oberklammer, GRAS
  • Desmond Grossmann, FLÖ
  • Nino Rohrmoser, JUNOS
  • Babsi Ordinaireteur, KSV-LiLi
  • Lukas Heim, RFS (vertritt Tatjana Schraml)
  • Moritz Mager, No Ma’am
  • Dario Tabatabai, KSV-KJÖ

Das war die Diskussion

Moderator Ali Cem Deniz hat große Fußstapfen zu füllen, schließlich ist Armin Wolf, der in den letzten Jahren die ÖH-Wahldiskussionen geführt hat, dieses Jahr mit anderen Dingen - etwa der EU-Wahl und der Moderation der ZiB2 - beschäftigt. Unser Ersatzmoderator sieht sich aber freilich in der Tradition des Vorgängers und hat einige Wolf-Dauerbrenner etwas abgewandelt wiederverwertet. Die Zuseher auf 3sat wurden natürlich gegrüßt.

Der Ton war heuer etwas lockerer gewählt: Wir haben uns entschieden, die Kandidat*innen auf dem Podium zu duzen. Schließlich ist der Altersunterschied zwischen Moderator und Kandidat*innen nicht allzu groß, und auch mit dem „Du“ kann man eine respektvolle Diskussion führen.

Zu Beginn haben wir die Fraktionen nach konkreten Ideen für die kommende Periode gefragt. Hier eine Auswahl aus dem Zusammenfassungs-Twitter-Thread:

Der darauffolgende erste Themenblock war dieses Jahr dem Dauerbrenner Studiengebühren gewidmet. Hier gibt es weitgehend Einigkeit: Acht der neun Fraktionen sind dagegen. JUNOS-Spitzenkandidat Nino Rohrmoser war der Einzige, der bei der Frage nach dem „Dafür“ die Hand gehoben hat. Der RFS will zumindest keine Studiengebühren für Österreicher.

Wie schon im letzten Wahlkampf fordert die liberale NEOS-Studierendenorganisation nachgelagerte Studiengebühren, also welche, die man erst nach dem Studium und ab einem gewissen Gehalt zahlt. Ein Konzept, das bei den anderen größtenteils auf Unverständnis stößt. Bei GRAS-Kandidatin Dietlinde Oberklammer löst die Vorstellung von Studiengebühren „Panik“ aus.

Während die linken Fraktionen (VSStÖ, GRAS, KSV-LiLi, KSV-KJÖ) besonders die soziale Verträglichkeit anzweifeln, glauben die JUNOS, ihr Konzept werde den Unis pro Jahr 300 Millionen Euro bringen. Diese Lösung sei durchaus sozial verträglich, ist Rohrmoser überzeugt. Denn ein staatlicher Ausfallhaftungsfonds solle für nicht bezahlte Gebühren aufkommen. Darauf prasseln die Gegenargumente auf den JUNOS-Kandidaten nieder, der sich stets gleich verteidigt:

FLÖ-Spitzenkandidat Desmond Grossmann kontert, dass durch dieses Modell „enormer Verwaltungsaufwand“ entstünde und betont, dass es bereits nachgelagerte Studiengebühren gäbe: „Das nennt sich Steuern!“

Der RFS fordert hingegen Studiengebühren lediglich für Ausländer. Die Frage, ob das auch Deutsche betreffen soll, immerhin die größte Gruppe von ausländischen Studierenden, beantwortet RFS-Kandidat Lukas Heim mit einem „Ja“. Auch Südtiroler sollen zahlen, weil „Südtirol ja noch nicht bei Österreich ist“, rutscht dem RFS-Kandidaten da über die Lippen.

Beim Punkt Zugangsbeschränkungen scheiden sich ebenfalls die Geister. Die Aktionsgemeinschaft sieht sie als pragmatische Lösung für das Problem von überfüllten Hörsälen. Die JUNOS sind ebenfalls für Zugangsbeschränkungen, jedoch „fair“. Nino Rohrmoser wünscht sich ähnliche Verfahren wie an Fachhochschulen, an denen die soziale Durchmischung besser sei, als an öffentlichen Unis. Die bisherigen Exekutiv-Fraktionen GRAS und VSStÖ betonen unisono, dass Zugangsbeschränkungen zu keiner Besserung führen.

Die FLÖ wollen zumindest keine weiteren Beschränkungen. Spitzenkandidat Desmond Grossmann:

Ein weiteres bestimmendes Thema der Diskussion - wie auch schon in den Jahren zuvor - war das allgemeinpolitische Mandat der ÖH. Während die Exekutive und linken Fraktionen auf das Mandat beharren, wollen AG und RFS den Service in den Vordergrund stellen und die Politik draußen lassen.

AG-Kandidat Ramusch wiederholt dabei das Fraktionsmantra, „die Studierenden in den Mittelpunkt stellen“ zu wollen und bewarb die Idee eines österreichweiten, altersunabhängigen Öffi-Tickets für Studierende und „Netscript“, eine Idee für eine uniübergreifende Skript-Datenbank.

Lukas Heim vom RFS will ebenfalls, dass sich die ÖH aus politischen Themen heraushält, kritisierte „regierungskritische Krawallaktionen“ der ÖH und echauffierte sich etwa über ÖH-Gelder, die für einen „Analsex-Workshop“ geflossen sein sollen. Dafür erntete der freiheitliche Student Spott aus dem Publikum und auf Twitter.

Lena Köhler von GRAS stellt auf Twitter klar, was da genau gefördert wurde.

Ebenso Thema war die Pflichtmitgliedschaft der ÖH. JUNOS Studierende und RFS wollen diese ja abschaffen, JUNOS aber zumindest ein Probejahr und erst danach freiwillige Mitgliedschaft. Die Vertreter der beiden Fraktionen verwenden den Begriff „Zwangsmitgliedschaft“. Die restlichen Fraktionen verteidigen weiterhin die Pflichtmitgliedschaft. Ein Modell wie etwa bei ÖAMTC - also Gratis-Beratung, wenn man freiwillig Mitglied ist - lehnt unter anderem VSStÖ-Kandidatin Dora Jandl strikt ab: „Ich werde von niemandem Geld verlangen, der bei uns vor der Türe für die Beratung steht.“

Apropos „Abschaffen“: Vor einigen Tagen gab es Wirbel, weil ein AG-Mitglied betrunken auf einer ÖH-Party gegenüber einem VSStÖ-Mitglied behauptet habe, die Regierung wolle die Bundes-ÖH abschaffen, wenn die AG nicht in die Exekutive komme. Natürlich wollten wir wissen, was es damit auf sich hat. „Damit hat es gar nichts auf sich“, versuchte AG-Kandidat Dominik Ramusch zu beruhigen.

Der AG-Listenerste beschwerte sich jedoch gleich beim VSStÖ, dass dieses verhängnisvolle Gespräch angeblich aufgezeichnet wurde: „Das ist menschlich unterstes Niveau“, richtete Ramusch dem VSStÖ aus. Auf Nachfrage weiß offenbar auch der RFS, die laut eigenen Angaben einzige Fraktion die „hinter der Regierung steht“, nichts von Abschaffungsplänen. Das Gerücht dürfte also ein alkoholinduzierter, dummer Scherz eines AG-Mitglieds gewesen sein, der in ÖH-Kreisen gehörig Staub aufgewirbelt hat.

Für flüssige Scherze bzw. Überraschungen bei der Diskussion sorgte naturgemäß die Spaßfraktion No Ma’am. Listenerster Moritz Mager kam mit Bier auf die Bühne und läutete immer wieder mit einem Glöckchen, worauf ihm der leergetrunkene Humpen von einem herbeieilenden Fraktionskollegen wiederbefüllt wurde.

Am Ende der Diskussion war schließlich noch die Klimakrise Thema. Eigentlich im Wahlkampf nur von GRAS plakatiert, dennoch scheint fast allen Fraktionen das Thema Klimaschutz ein Anliegen zu sein. FLÖ-Spitzenkandidat Desmond Grossmann findet etwa „nichts schlimmer als Menschen, die den Klimawandel leugnen“. Die JUNOS schlagen vor, die ÖH-Zeitung „progress“ künftig aus Klimaschutzgründen zu digitalisieren und die kommunistischen Fraktionen finden, das herrschende System habe Schuld an der Klima-Misere.

Überraschend die Bemerkung vom No Ma’am-Kandidaten zum Thema Klimaschutz: Moritz Mager wird trotz des bemerkbaren Schwipses ernst und betont die Dringlichkeit des Themas.

Und aller guten Dinge sind drei: Die dritte Überraschung von No Ma’am war die abschließende Frage von Moritz Mager, die sich hervorragend für eine Schlussrunde unter den Kandidat*innen geeignet hätte:

„Wen würdet ihr wählen, wenn es nicht eure eigene Fraktion wäre?“

Diese zugegeben interessante Frage blieb aber leider unbeantwortet.

Diskutiere mit!

Aktuell: