FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Rage 2 Game Stills

Id Software / Avalanche Studios

game

In „Rage 2“ trifft bunte Shooter-Action auf bizarren Bodyhorror

Eine rasante Ballerei in einer offenen Spielewelt: Mit einer Fortsetzung des postapokalyptischen „Rage“ aus dem Jahr 2011 hat kaum jemand gerechnet. Und auch acht Jahre später ist die Fusion noch nicht ganz so perfekt, wie sie sein könnte.

Von Robert Glashüttner

Herausgestreckte Zungen, Hosenträger über nackte Oberkörper, pinke Iros und über alle Extremitäten gezogene Netzstrümpfe. Es waren einfach zu viele Knöpfe, die gleichzeitig gedrückt wurden. Niemand, so dachte sich die PR-Abteilung wohl, sollte beim „Rage 2“-Ankündigungstrailer von vor einem Jahr verpassen, wie verrückt und durchgedreht das Game nicht werden würde. Es war aber wohl auch das Überspielen von Unsicherheit, denn kaum jemand hat auf den Nachfolger eines Spiels aus 2011 gehofft, das sich zwar rund drei Millionen mal verkauft, aber keinen allzu bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Das „Mad Max“-artige Postapokalypsen-Actionspiel „Rage“ war der erste Versuch des First-Person-Shooter-Studios id Software, ein Open-World-Game zu gestalten. Die einzelnen Levels und Nebenmissionen waren quer über die virtuelle Welt verstreut, und zwischen diesen Orten war man mit diversen Fahrzeugen unterwegs. Der Kern des Spiels war aber weiterhin das Steckenpferd von id: die rasante Blut-und-Beuschel-Schießerei.

Zurück im Wasteland

Um das Drumherum, das ein Open-World-Spiel eben so braucht, auf ein konkurrenzfähiges Niveau zu heben, hat der zuständige Verlag Bethesda für „Rage 2“ ein zweites Entwicklerstudio mit ins Boot geholt: Avalanche Studios, bekannt von der „Just Cause“-Serie. Das Beste aus beiden Welten also, verspricht Bethesda. Wenn man das ganz oft behauptet und dabei den „Turn it up to 11“-Drehregler nie loslässt, kann quasi nichts schiefgehen. Oder?

Rage 2 Game Stills

Id Software / Avalanche Studios

Zugegeben: Es macht schon manchmal Spaß, sich in ein dummes, aber lustiges Action-Gemetzel zu bugsieren, wo es nur knatternde Kanonen, starke Sprüche, zappelnde Zombies und eine wüste Wildwest-Atmosphäre gibt. Das bietet „Rage 2“ auch von Anfang an. Wir schlüpfen wahlweise in die Rolle einer Soldatin oder eines Soldaten und machen uns gleich mal an unsere ersten Headshots. Danach gibt’s ein bisschen Story: Es geht um das Wiedererstarken einer Art augmentiert-mutierten Naziarmee unter der Führung eines gewissen General Cross, der eigentlich schon längst tot sein sollte, aber dessen Kopf nun doch auf einem riesigen Kampfmech steckt.

„Rage 2“ ist für Xbox One, Playstation 4 und Windows erschienen.

Die überdrehte Bodyhorror-Ästhethik in einer anarchischen Welt, wo sich Biomechanik und Robotik ohne jegliche ethischen Hindernisse entwickelt haben, zieht sich durch das ganze Game. Das ist teilweise amüsant und unterhaltsam, manchmal nervt das superharte Edgelord-Getue aber auch. Vor allem bei der Charakterentwicklung, wo keiner Figur Zweifel, Selbstreflexion oder - Gott behüte! - Sensibilität zugemutet werden kann. Goddamnit, wir sollen doch hier auch einfach alles in die Luft jagen, Mann!!

Fahren Sie mal links ran

Die Missionen drehen sich meistens um das Befreien von Banditencamps oder das Eliminieren von Kampfdrohnen. Um bei diesen Aufträgen und Quests von Punkt A nach Punkt B zu kommen, sind wir meist mit bewaffneten Geländefahrzeugen oder Motorrädern unterwegs. Andere Söldner*innen oder Kämpfer*innen sind das ebenfalls, und diese gehen auch nicht zwingend immer nur auf uns los, sondern bekriegen sich auch gegenseitig. Weil zu Fuß als auch im Fahrzeug gekämpft werden kann, kann es auch jederzeit passieren, dass ein durchgedrehter Konvoi an Banditen an uns vorbeirauscht - selbst dann, wenn wir gerade friedlich an einem fahrenden Laden ein bisschen Munition nachkaufen wollen. Also, immer auf den Verkehr achten!

Rage 2 Game Stills

Id Software / Avalanche Studios

Gefangen im Upgrade-Wahnsinn

So unmittelbar das Gameplay von „Rage 2“ ist, so durchwachsen ist das Upgrade-System. Wir können nicht nur Gegenstände, Waffen und Fahrzeuge finden, sondern sie auch in diversen Varianten verbessern und erweitern. Zusätzlich dazu gibt es die sogenannten Arks, die wir an manchen Stellen in der Landschaft finden. Sie bringen uns neue Tricks bei, wie zum Beispiel einen Doppelsprung, den wir natürlich ebenfalls optimieren können. All dieses Hochzüchten passiert mit mehreren Währungen: Dollars, Nanotrites, Projekt-Punkten und diversen Untervarianten davon. Nach anfänglicher Verwirrung hat man das zwar irgendwann begriffen, dennoch liegt das konfuse Upgrade-System im permanenten Clinch mit dem dynamischen Gameplay.

Eigentlich eh ganz gut

Nach gut sechs Stunden Spielzeit wirkt „Rage 2“ auf mich ähnlich wie der Vorgänger: Nicht wirklich super, aber eh ganz gut. Das Beste an dem Spiel ist weiterhin das wahnwitzige, rasant-blutige Action-Geschieße. So nett die Wasteland-Umgebung hin und wieder aussieht und so abwechselnd das Fahren mit den Autos und Bikes manchmal ist - an die Qualität der Ballereien kommen diese Elemente nicht annähernd heran. Wer bis zur Veröffentlichung von „Doom Eternal“ später dieses Jahr seinen Action-Shooter-Fix braucht, wird „Rage 2“ durchaus etwas abgewinnen können. Wirklich grandios ist das Game allerdings nicht ausgefallen.

mehr Game:

Aktuell: