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Hyperreality 2019 Impressions

Elsa Okazaki

„Everyone was chill as fuck“

Gestern und Vorgestern ist das dritte Hyperreality - Festival for Club Culture mitten im Nirgendwo, im Wiener Wald gestartet, mit Nina Kraviz, Pelada, DJ Deeon und vielen mehr.

Von Dalia Ahmed

Zum dritten und irgendwie auch ersten Mal hat das Hyperreality Festival seine Festivalpforten geöffnet. Das neugeborene Feeling kommt daher, dass das 2017 unter dem damaligen Wiener Festwochen Intendanten Tomas Zierhofer-Kin entstandene Festival dieses Jahr nicht mehr im Rahmen (und mit den Mitteln) des Kunstfestivals stattfindet. Das Hyperreality ist diesmal quasi ganz DIY vom Team um Kuratorin Marlene Engel orchestriert worden.

Für die erste Hälfte des Festivals sind wir Freitag und Samstag mit dem Shuttlebus (solange man früh genug in Hütteldorf war), Taxi oder - die ganz harten - via Wanderweg zu einem Gasthof und stillgelegten Hotel, der Sophienalpe irgendwo entlang einer geschlängelten, steilen Wienerwaldstraße gepilgert. Der optisch traditionelle Betrieb beherbergt da nun die zwei Festival Floors. Der Hauptfloor bzw. die „Stage“ ist ein niederer (Speise-?)Saal, der mit einer Boxenwand, LEDs und ordentlich viel Nebelmaschinen Nebel ausgestattet wurde. Am zweiten Floor, dem „Pool“ wurde ein stillgelegter Swimmingpool zur Bühne gebastelt.

Hyperreality 2019 Impressions

Elsa Okazaki

Der fantastische Poolfloor. Tanzen im Swimmingpool!

Auf diesem Poolfloor gab’s auch gleich am ersten Festival Tag ein Showcase des österreichischen Labels Amen zu sehen. Mit einem wuchtigen In My Talons-Set, aber auch der Erstvorstellung der neuen Amen Signees Iku (samt Album Release) und Elvin Brandhi, die glitchige, arge Soundexperimente präsentierte.

Nina Kraviz Hyperreality

Elsa Okazaki

Nina Kraviz portraitiert von Elsa Okazaki

Währenddessen gab es auf der „Stage“ Sets von Solid Blake, Stellar Om Source und vor allem Nina Kraviz zu hören. Die russische Techno-DJ zersetzte mit Acid-Sounds die uralten Sophienalpe-Gemäuer. Danach konnte man sich in einem der vielen Gasthaus Barbereiche zwischen Holzvertäfelungen mit urigen Stillleben-Gemälden ausruhen, an die frische Wienerwald-Luft gehen und im Gastgarten kurz durchatmen. Oder sich direkt wieder in das Lineup stürzen, das noch mit PTU, die auf Nina Kraviz’ Trip Label gesigned sind, Katia b2b mit Nizar und Evren da Conceição aufwartete.

Beim Ausruhen in den Barbereichen und dem Umherstreifen durch das Festivalgelände fiel dabei leider auf, dass das extrem diverse Lineup sich nicht so ganz im Publikum und Team, abgesehen vom Security Team, widerspiegelt. Wobei es definitiv extrem schwer ist, mit einem solch wuchtigen Lineup schauen-wir-uns-das-doch-mal-an Besucher*innen mitten ins Nirgendwo in den Wald zu locken. Und das, obwohl es sich für Neugierige definitiv auszahlen würde.

Hyperreality 2019 Impressions

Elsa Okazaki

Stellar Om Source in einem der Sophienalpe-Zimmer

Am zweiten Festivaltag kamen auf der „Stage“ zu den Technosounds auch noch Chicagoer Ghettohouse Beats von der Southside-Legende DJ Deeon dazu, der sich nach dreißig Jahren Karriere noch immer freut, dass die Musik seiner Heimatstadt überall auf der Welt das Publikum zum ekstatisch sein bringt. Jana Rush brachte danach in ihrem Footwork-Set den Blick auf eine jüngere Chicago Generation. Leider schaffte es die New Yorker Rapperin Quay Dash zum zweiten Mal nicht zum Hyperreality, was uns eventuell aber schon einen hypothetischen Vorfreudegrund auf ein Hyperreality 2020 bietet.

Hyperreality 2019 Impressions

Elsa Okazaki

Der Pool wurde gestern, am nicht ganz so crowded zweiten Festivaltag, vom Berliner PAN Label bespielt, dessen Roster Underground-Stars wie Yves Tumor und Amnesia Scanner vorweisen kann. Das PAN & Guests Showcase wartete mit Sets und Performances auf. Die in Wien lebende Rojin Sharafi präsentierte eine Hyperreality-Auftragsarbeit mit einem santoorähnlichen persischen Hackbrett, einer alienoiden Tänzerin und am Kopf montierter Bauarbeiterlampe - ein Hochleben lassen der Hyper-Realität.

Hyperreality 2019 Impressions

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Stufen in den Pool Floor

Auf den Grund der Tatsachen holten uns anschließend Pelada zurück, mit spanischen, aufwieglerischen Punk Vocals und ravigen, wummernden Technobeats. Zum Schluss verkündete Chris Vargas von Pelada freudig „Everyone was chill as fuck“ und dass das eine Überraschung sei, weil Festivals „usually suck“. Den un-sucky Abend oder eher die Nacht rundete der zwischen Shanghai und Taipei pendelnde Tzusing ab. Ein Set, das sich am Anfang nach einem trancigen, vibey Festivalwochenenden-Ausklang anhörte, aber dann in eine bassige Explosion umschlug, die globale Clubsounds als stimmiges Potpourri präsentierte.

Für das Set von DJ Paypal (von dem es auch einen frischen super guten La Boum Deluxe Mix gibt), das für 5 in der Früh getaktet war, blieb dann einfach keine Energie mehr in meinem Tank. Stattdessen ging es für mich vorbei an den fotogensten Schaukeln, aus dem Wald raus, - gefühlt - zurück nach Wien, wo man jetzt sechs Tage auf den nächsten Hyperreality Tag warten kann.

Wobei man sich die Wartezeit auch mit den unter der Woche angebotenen Hyperreality Musikproduktions-Workshops vertreiben kann. Ich werde erstmal schlafen und widme mich dann voll und ganz der Vorfreude auf 700 Bliss, Shyboi, Tami T, Dis Fig, Wwwwings, Farce, Bbymutha, DJ GUSCH und unzähligen mehr.

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