EU-Telekoms überstimmten EU-Strafverfolger bei 5G-Überwachung
Von Erich Moechel
Unter den ersten Lobbyisten, die nach den Wahlen bei der neuen EU-Kommission auftauchen werden, dürften die Interessensvertreter der Polizeibehörden sein. Die laufen Sturm gegen die neuen Überwachungsstandards, die im „European Telecom Standards Institute“ (ETSI) gerade für die 5G-Netze entwickelt werden. Die Telekom-Industrie hatte die Strafverfolger im ETSI überstimmt.
„Es ist jetzt wichtig, politischen Druck“ auszuüben, „um die Definition des Standards noch zu beeinflussen“, heißt es in einem internen Schreiben von Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove an den EU-Ministerrat, das ORF.at vorliegt. Die Zeit dafür dränge, zumal die 5G-Sicherheitsstandards noch vor dem Jahresende fertig gestellt werden sollen.
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Cybersicherheit als Polizeiproblem
Zudem führe die Kommission gerade zusammen mit der EU-Cybersicherheitsagentur ENISA und den Mitgliedsstaaten eine Risikoabschätzung zu 5G-Netzen durch. Bereits Ende Juni müssten die nationalen Berichte dazu vorliegen. In Folge werde dann eine „Cybersecurity Toolbox“ entwickelt, die etwa Zertifikationsanforderungen in Bezug auf Sicherheit und Testserien zur Identifikation unsicherer Produkte enthalten solle, heißt es im Schreiben de Kerchoves weiter.
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Da solche Bestrebungung für mehr Cybersicherheit den Anforderungen der Strafverfolger in die Quere kommen könnten, plädiert de Kerchove dafür, sofort Kontakt mit den nationalen Stellen für Cybersicherheit aufzunehmen und zu verlangen, dass ihre Überwachungswünsche bei den Sicherheitskonzepten berücksichtigt werden. In der „Cybersecurity Toolbox“ ist nämlich auch ein sogenanntes „False Base Station Detection System“ enthalten, das sogenannte IMSI-Catcher aufspüren und neutralisieren können. Das sind nichts anderes als „falsche Basistationen“ und sie werden von Polizeibehörden gleichermaßen wie von Geheimdiensten und auch immer mehr Kriminellen für Ortungs- und Abhörzwecke benützt.
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Neue Gesetze, Aufruf zur Unterwanderung
Zuviele geheime Listen an zuvielen Punkten: Überwachung der 5G-Mobilfunknetze bringt Sicherheitsdilemma für die Strafverfolger
Um das zu konterkarieren, bevor vollendete Tasachen gesetzt werden, solle die Kommission in die Standardisierungsorganisationen einwirken, schlägt de Kerchove vor. Da die Industrie bei diesen Standards federführend sei, könnten zusätzlich auch neue Gesetze nötig sein. Zudem könnte Europol ja Mitglied im ETSI werden und in Folge der Arbeitsgruppe 3GPP SA3LI beitreten, um dort zusammen mit weiteren nationalen Polizeibehörden „die Bedenken europäischer Strafverfolger zu verteidigen“.
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Im Klartext heißt das, man setzt alles daran, um in dieser gemischten Arbeitsgruppe, über die hier seit Jahren berichtet wird, die Mehrheitsverhältnisse umzudrehen. In 3GPP SA3LI sind bereits jetzt Polizeibehörden und Geheimdienste aus Deutschland, Frankreich, England, den Niederlanden sowie den USA, Kanada und der Schweiz vertreten. Anders als SA3LI ist das übergeordnete Technische Komitee TC LI, aus dem Anforderungen der Strafverfolger kommen, im ETSI angesiedelt. TC LI wird vollständig von Geheimdiensten, Polizei und den zugehörigen, nationalen Ministerialbürokraten dominiert. Ihr Einfluß auf die technische Umsetzung ist nicht zu unterschätzen.
Publiziert am 22.05.2019