FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

HC Strache und die FPÖ Regierungsmannschaft

APA/HELMUT FOHRINGER

Krisen-PR analysiert: Die Auftritte der Politiker*innen nach #Ibizagate

Nach welchen Strategien sind Parteien, beschuldigte Unternehmen und der Bundespräsident nach #Ibizagate vorgegangen? Krisen-PR-Experte Johannes Martschin im Interview.

Von Felix Diewald

Die Videos von Heinz-Christian Strache (FPÖ, zuletzt Vizekanzler) und Johann Gudenus (mittlerweile aus der FPÖ ausgetreten, zuletzt geschäftsführender Klubobmann der FPÖ) aus Ibiza, die letzten Freitag veröffentlicht worden sind, haben eine Regierungskrise ausgelöst, auf die die betroffenen Akteur*innen unterschiedlich reagiert haben. Johannes Martschin, der sich auf Krisen-PR spezialisiert hat, hat für FM4 die einzelnen Auftritte bewertet.

Das Timing von Bundeskanzler Kurz

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reagiert erst am Samstag auf das Video. Grundsätzlich befürwortet Johannes Martschin dieses Abwarten. „Gerade bei so einer großen Krise ist es besser zu warten und sich eine Strategie zu überlegen, als sofort die Erwartungen der Menschen erfüllen zu wollen.“ Der PR-Experte glaubt allerdings, dass Sebastian Kurz die lange Überlegungszeit inszeniert haben könnte, während er schon lang wusste, was er tun würde, „um zu signalisieren: Wir arbeiten gerade intensiv an einer Lösung.“

Hannes Martschin

Horst Dockal

Johannes Martschin ist Geschäftsführer der Full Service PR-Agentur Martschin & Partner. Von 1997 bis 2008 unterrichtete Johannes Martschin Rhetorische Kommunikation an der Universität Wien und bloggte über mehrere Jahre zu PR-Strategiethemen für die Austria Presse Agentur (APA).

Dass die ÖVP vom plötzlichen Ende der Koalition überrascht wird, kann sich Martschin nicht vorstellen. Er ist überzeugt, dass die ÖVP bereits mehrere Krisenszenarien in der Schublade hatte: „Die haben sich überlegt wie ein mögliches frühzeitiges Ende – mit dem man bei einem Regierungspartner wie der FPÖ einfach rechnen muss – aussehen könnte und wie man das am besten managt.“

Der Auftritt von Strache

Strache tritt am Samstagnachmittag als Erster in der Krise vor die Presse, neben ihm verschiedene FPÖ-Regierungsmitglieder. Wieso erscheint Strache nicht alleine? Für den Krisen-PR-Experten kommt der Gruppenauftritt zustande, da die Rolle Straches in der Krise für die FPÖ selbst noch nicht klar war. „Wenn bereits zu diesem Zeitpunkt klar gewesen wäre, dass man Strache und Gudenus opfern muss, wäre es klüger gewesen, Strache alleine auftreten zu lassen.“

Die Antwort der Unternehmen

Im Ibiza-Video werden Unternehmen wie Glock, Novomatic und die Strabag genannt. Die Unternehmen reagieren darauf prompt – aber nur mit schriftlichen Statements. Johannes Martschin erklärt, warum. „Für die betroffenen Unternehmen ist das die beste Antwort: Es gibt nur das schriftliche Dementi und sonst keine Bilder, Sprecher oder Mienen, die für Medien verwertbar wären.

Was sagen Strache, Kurz und Van der Bellen zwischen den Zeilen?

Was kann man in den Reden nach #Ibiziagate über das Gesagte hinaus erkennen? Welche Strategien sind sichtbar und was wird in Nebensätzen, Gesten und Blicken angedeutet? Das hat uns die Politikwissenschafterin Natascha Strobl erklärt.

Die Reaktion der Opposition

SPÖ, Neos und Liste Pilz rät der PR-Experte zur Zurückhaltung. Bei Regierungskrisen gelte die selbe Krisen-Regel wie in der Wirtschaft: Der Mitbewerb könne getrost ruhig sein und solle selbst nicht zu viel sagen. „Denn auch die Konkurrenz läuft Gefahr, durch den Skandal beschädigt zu werden.“

Conclusio

Krisen-PR-Experte Johannes Martschin verteilt Noten. Kurz gibt er einen Zweier: „Er hat das ziemlich schlau gemacht.“ Das einzige Sehr Gut bekommt Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Er war der Einzige, der nicht von sich selbst gesprochen hat, sondern ganz im Dienste Österreichs gearbeitet und das auch so kommuniziert hat.“ Die FPÖ bekommt von Martschin einen Fleck: „Die hat sich aus Krisen-PR-Sicht sehr ungenügend und unprofessionell verhalten.

Diskutiere mit!

mehr Politik:

Aktuell: