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Rezo vs CDU

Ein einstündiger Rant gegen die CDU wird zum meistdiskutierten Youtube-Video Deutschlands.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Rezo ist populär. Sein Youtube-Kanal Rezo ja lol ey hat mehr als 700.000 Abonnenten und über seine Videos wird im Schulhof und in Klassenzimmern geredet. Auf seinem Kanal präsentiert der Musiker und Vlogger seine Musik, Remixes und manchmal Kommentare und Analysen zum politischen Geschehen.

Das aktuelle Video des 26jährigen heißt „Die Zerstörung der CDU“ und hat innerhalb von nur fünf Tagen mehr als fünf Millionen Views erreicht. Darin zieht Rezo fast eine Stunde lang alle Register seines rhetorischen Könnens - etwa wenn er erklärt, dass in den letzten 36 Jahren (von denen die CDU 29 Jahre in der Bundesregierung war) die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer stärker auseinanderging. Er spricht über die zunehmend unfaire Verteilung der Steuerlast, aufgrund derer die Ärmeren jetzt mehr Steuern zahlen als vor 20 Jahren, die Reicheren aber weniger. Er kritisiert die Selbstdarstellung der CDU als Partei der „Mitte“. Und er präsentiert dazu Zahlen und Statistiken.

Lange spricht Rezo in dem 55 Minuten langen Rant auch über das Thema Klimapolitik. Er kritisiert, dass in den letzten Jahren 80.000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien vernichtet wurden, während 20.000 Arbeitsplätze im Kohlesektor geschützt würden, fragt, wie es zu diesem „wirtschaftlichen und umweltpolitischen Quatsch“ kommen konnte und gibt gleich selbst die Antwort: Lobbying. Während er in lockerem Ton einige Beispiele für die Geldflüsse zwischen Industrie und Politik gibt, blendet er Zeitungsartikel, Berichte über Skandale und Statistiken ein. Der Youtuber belegt die Schilderungen aber auch mit Links zu wissenschaftlichen Studien und anderen Quellenverweisen.

Im weiteren Verlauf des Videos kritisiert Rezo weiters das jahrelange Schweigen der deutschen Bundesregierung zur Nutzung der US-Luftwaffenbasis Ramstein für völkerrechtswidrige Tätigkeiten. Der Youtuber erinnert an schwerste Kriegsverbrechen, etwa mittels Drohnenangriffen oder Kampfhubschraubern gegen unschuldige Zivilisten. Auch zu solchen Erzählungen gibt es Quellenverweise zu den entsprechenden Berichten.

Reaktion der CDU

Der Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, bezeichnet die Aussagen des Youtubers in einer ersten Reaktion als Falschbehauptungen. Journalismus sei das für ihn nicht. Ziemiak macht sich Sorgen darüber, dass junge Menschen sich solche Videos ansehen, anstatt das Angebot herkömmlicher Medien zu nutzen.

Damit ignorierte der CDU-Generalsekretär allerdings, dass Rezo in einem auf Youtube verlinkten Google-Dokument rund 150 Links zu wissenschaftlichen Studien, Statistiken, Zeitungsartikeln und Sendebeiträgen auflistet. Tatsächlich handelt es sich bei dem Video des Vloggers um geradezu penible journalistische Arbeit, wohingegen die darin kritisierte politische Partei statt inhaltlicher Auseinandersetzung zuerst einmal nur Polemik und Parolen lieferte.

Nachdem auch das kritisiert wurde, hat die Partei mittlerweile ausführlich geantwortet. Zuerst wollte die CDU eigentlich selbst ein Youtube-Video veröffentlichen, in dem der - wie auch Rezo erst 26 Jahre alte - Bundestags-Abgeordnete Philipp Amthor hätte sprechen sollen. Dieses Video wurde laut Amthor gedreht - seine Veröffentlichung wurde dann allerdings von der CDU zurückgezogen. In ihrer nun schriftlichen Replik ist die Partei aber detailiert auf die Inhalte des Videos eingegangen. Zum Vorwurf, die deutsche Regierung würde Kriegsverbrechen in Ramstein dulden, schreibt die CDU etwa folgendes:

Rezo verschweigt: Drohneneinsätze sind nicht per se völkerrechtswidrig. Nur wenn die Bundesregierung einem konkreten Einzelfall eine völkerrechtswidrige Militäroperation durch die USA ausgehend vom deutschen Staatsgebiet feststellen würde, dürfte sie das nicht dulden. Das ist bis auf den heutigen Tag nicht der Fall. Außerdem haben die deutschen Stellen wegen des Status der Immunität von Ramstein nur begrenzte Möglichkeiten, Ermittlungen anzustellen. Sie sind auf die Angaben der USA angewiesen.

Als Hauptgrund für die nicht abnehmende Einkommensungleichheit wird die Zuwanderung genannt. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass im Vergleich zum Jahr 2005 5,5 Millionen mehr Menschen in Deutschland einen Job hätten. Zum verschleppten Ausstieg aus der Energiegewinnung mittels Kohle schreibt die CDU, sie wolle die Klimaziele einhalten, zugleich aber auch dafür sorgen, dass Energie für alle – auch Menschen mit geringem Einkommen – bezahlbar bleibe.

Derzeit steigt die Zahl der Views von Rezos Video noch weiter und es liegt auf Platz sieben der Youtube-Trends. Egal also, ob man ihn als Journalisten ansieht oder nicht: Für eine intensive Debatte über Politik hat der Vlogger gesorgt.

Update: In einem neuen Video rufen Rezo und mehr als 90 weitere deutsche Youtuber*innen dazu auf, zur Europawahl zu gehen. Dabei sprechen sie sich gegen jede Partei aus, die „nach dem wissenschaftlichen Konsens mit ihrem Kurs unsere Zukunft zerstört.“ Gemeint sind damit CDU, CSU, SPD und AfD.

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