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The F-Word Crew

Zita Bereuter

„The F-Word“

Die Regisseurin Luca Pályi widmet sich mit den Schauspielerinnen Sarah Viktoria Frick und Mavie Hörbiger Texten aus einem Jahrhundert Feminismus. Im Gespräch erzählen die drei von Frauenrollen, Nacktheit auf der Bühne, Bodyshaming und warum man für den langen Weg des Feminismus viel Geduld braucht.

Von Zita Bereuter

„F“ steht in diesem Fall für Feminismus, erklärt die Regisseurin Luca Pályi. „Aber es war lustig, weil Leute gefragt haben: Wofür steht F? Steht das für Frauen oder für Ficken? Oder wofür steht das?‘ Wenn wir Feminismus, Ficken und Frauen nehmen, das sind so drei Punkte, die schon ziemlich viel aufzeigen, wie wir über diese Wörter denken können. Man bezieht auch Stellung, in dem, was man da hineininterpretiert. Zumindest ist es für eine Diskussion interessant.“

„The F-Word“ - Homebase Spezial

Eine Radiostunde zu einer Lesung der Schauspielerinnen Sarah Viktoria Frick und Mavie Hörbiger mit Texten aus einem Jahrhundert Feminismus.

Am Donnerstag, 13.6., ab 21.00 Uhr auf FM4, und danach 7 Tage zum Nachhören im Player.

Letzten Sommer arbeiteten Mavie Hörbiger und Luca Pályi, die damals Regieassistentin war, zusammen in einem fast rein männlichen Team. Die Arbeit war „nicht so wirklich nett“, erinnert sich Mavie Hörbiger. Luca Pályi war ihr in der Zeit jedoch eine wichtige Hilfe. Im Zusammenhang mit dem Erlebten haben sich die beiden immer wieder Bücher und Texte weitergereicht. Texte, die unter anderem Strukturen aufdecken, wie Macht und Unterdrückung funktionieren.

Frauen und Männer müssen gemeinsam über ein Zusammenleben nachdenken, in dem sich alle wohlfühlen, ist Luca Pályi überzeugt. „Es geht ja nicht nur den Frauen schlecht, wenn wir über das Patriarchat reden, sondern auch den Männern. Es ist wichtig, dass wir zusammen diese Gespräche führen, und diese Texte können anregend sein für diese Gespräche.“

Es sind Texte etwa von Virgina Woolf, Laurie Penny, Simone De Beauvoir, Margarete Stokowski, Virginie Despentes, Judith Butler oder Stefanie Sargnagel. Luca Pályi hat diese Texte in einen Ablauf gefasst, die Schauspielerin Sarah Viktoria Frick kam mit ins Team. Fertig sind die Rahmenbedingungen für einen gelungen Abend.

Zur ausverkauften Lesung am 6. Juni im Vestibül im Burgtheater sei nur so viel gesagt: Mavie Hörbiger und Sarah Viktoria Frick lasen kommentarlos die Texte. Hinter ihnen war jeweils der Name der Autorin und deren Portrait – gezeichnet von Sarah Viktoria Frick - eingeblendet. Zum Abschluss sangen die beiden karaokemäßig den Titelsong von Sailormoon. „Du kannst es tun“ – einzelne Publikumsstimmen stimmten begeistert ein. Das ging nahtlos in langen Applaus über – „The F-Word“ hat das Zeug für eine Reihe.

F-Word

Georg Soulek

Feministin als Schimpfwort

Feministin? Sie werde erst so genannt, seit sie den Leuten erzählt habe, dass sie hier lese, lacht Sarah Viktoria Frick. Sie habe auch zu denen gehört, die dachten, das sei ein Schimpfwort. So wie „Emanze“ in Mavie Hörbigers Generation.

Feministinnen waren damals Frauen in Latzhosen - „die hat man verachtet“. Man sei da halt so mitgelaufen und habe mitgemacht. Aber irgendwann habe sie eine wahnsinnige Wut in ihr entwickelt, erzählt Mavie Hörbiger, die schon als Jugendliche als Schauspielerin gearbeitet hat. „Ich bin immer wütender geworden und fast auf eine Art immer verbitterter. Und dann habe ich festgestellt, woran das liegt: Das liegt daran, dass ich nicht gleichberechtigt bin mit meinen Kollegen. Ich muss immer mehr kämpfen.“ Man reduziere sie auf ihr Aussehen, ihr Blondsein, ihre Figur. Man reduziere sie darauf, wen sie geheiratet hat und auf ihren Nachnamen. Aber man habe sie sehr lange nicht als das wahrgenommen, was sie ist: „Das ist einfach eine Schauspielerin, die sehr gerne spielt.“ Seit sie erkannt habe, dass es daran liegt, bezeichne sie sich als Feministin.

Die Textstellen in der Homebase Spezial stammen aus:

  • Virginia Woolf: Ein Zimmer für sich allein. Übersetzt von Axel Monte, Reclam Verlag
  • Stefanie Sargnagel: Statusmeldungen. Rowohlt
  • Virginie Despentes: King Kong Theorie. Übersetzt von Claudia Steinitz und Barbara Heber-Schärer, Kiepenheuer&Wietsch
  • Margarethe Stokowski: Untenrum frei. Rowohlt
  • Laurie Penny: Unsagbare Dinge. Übersetzt von Anne Emmert, Edition Nautilus

Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt es im Theaterbereich nach wie vor viele – etwa in der Bezahlung: Eine Schauspielerin verdient weniger als ein Schauspieler. Am Burgtheater würden zwar seit wenigen Jahren Anfängerinnen und Anfänger gleich viel verdienen. Bis dahin war es jedoch ganz normal, dass Anfänger mehr bekamen. „Es ändert sich langsam. Es ändert sich ZU langsam. Aber es tut sich was.“

Für all die Veränderungen brauche man viel Geduld, meint Sarah Viktoria Frick. Geduld, während sich etwas tut, aber nicht zu verwechseln mit erdulden, wenn sich nichts tut. Sie ärgert viel mehr, dass es am Theater noch immer viel mehr Regisseure gibt als Regisseurinnen, dafür bedeutend mehr Regieassistentinnen. „Das ist dann vielleicht einfach, weil man davon ausgeht, dass die Frau das dienende Gen und künstlerisch soll sie sich hinten anstellen."

Luca Pályi, die jahrelang als Regieassistentin gearbeitet hat, bestätigt diese Erwartungshaltung, dass Frauen Situationen nicht verschlechtern sollen, sondern sanft anpacken, diplomatisch und freundlich bleiben.

Nacktheit und Bodyshaming

„Es gibt jetzt eine Barbie mit durchschnittlicher Figur am Markt. Bei ersten Tests haben die kleinen Mädchen gerne mit ihr gespielt. Am liebsten haben sie „Fette Barbie“ gespielt. Dabei haben sie die Barbie ausgezogen und ausgelacht.“ (Stefanie Sargnagel)

The F-Word Crew

Zita Bereuter

vlnr: Mavie Hörbiger, Luca Pályi und Sarah Viktoria Frick

Auch bei Schauspielerinnen ist Bodyshaming ein großes Thema. Im Vorjahr etwa spielte Mavie Hörbiger bei den Salzburger Festspielen unter anderem mit Stefanie Reinsperger. In so gut wie jeder Kritik wurden die Frauenkörper mit Attributen versehen. Die schmale, zu dünne, durchscheinende oder die wuchtige, kräftige, stemmig. Das sei aber nur bei den wenigen Frauenrollen so gewesen. „Man wird sehr auf seinen Körper reduziert.“

Sarah Viktoria Frick muss in ihren Kritiken häufig von der pummeligen lesen „das ist dann meisten gekuppelt mit lustig. Auch wenn ich eine Tragödie spiele.“ Bei Männer würde das nie passieren. „Das macht man wirklich nur bei Frauen.“ Als sie mit der Schauspielerei angefangen habe, mussten alle nackt sein, erinnert sich Mavie Hörbiger. Sie habe sich drumherum gemogelt, wollte das schon aus Trotz nicht. Jetzt würde sie das zwar gern machen, brauche es aber nicht mehr. Sie erzählt von einer Rolle, in der zwei Frauen nackt spielen sollten, dann habe man aber in der Generalprobe beschlossen, dass die unterschiedliche Schambehaarung vom Inhalt ablenken würde. Die Lösung: hautfarbene Schlüpfer.

In den von Luca Pályi ausgesuchten Texten kommt vor, dass Frauen die Stimme verboten wurde, dass sie nicht sprechen durften. Frauen müssen lernen, nachzufragen, ein Vokabular erlernen und Dinge beim Namen nennen. Pályi wünscht sich mehr Zusammenhalt unter den Frauen. „Dass man nicht beginnt, sich aneinander zu messen nach einem Bild, das die Männer vorgegeben haben.“

Der Weg für ein gleichwertiges Leben zwischen allen Geschlechtern ist noch lang und kurvig. Der Abend „The F-Word“ zeigt in eine sehr gute Richtung. Es sollte mehr davon geben!

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