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E3 / Entertainment Software Association (ESA)

Die E3 Game-Messe bietet Spielankündigungen im Stakkato-Format

Die Gamesmesse E3 ist eine gut geölte PR-Maschine, die jedoch zwischendurch erfrischende Überraschungen bietet. Neben dutzenden Spielankündigungen kürt sich die Community ihre eigenen Memes und Höhepunkte.

Von Robert Glashüttner

Die Electronic Entertainment Expo in Los Angeles, kurz E3, ist seit knapp 25 Jahren ein Fixpunkt im Videospieljahr, den man als Beobachter*in der Branche nicht einfach ignorieren kann. Lehnt man die affirmative Dynamik der Veranstaltung und den sich darum rankenden Medienrummel ab, bleibt der quantitative News-Wert dennoch relevant. Dementsprechend groß ist die Ambivalenz, die die E3 erzeugt: Zwischen den vielen Claqueuren, die sich im Ankündigungstaumel suhlen, findet man ebenso viele Kritiker*innen, die die E3 als das benennen, was sie ist: eine gut geölte PR-Maschine für Produkte, die meist noch rund ein Jahr vom Markt entfernt sind und von denen nicht garantiert ist, dass sie überhaupt jemals erscheinen werden.

Die Presse-Shows starten früh

Schon immer war die internationale mediale Wirkung der E3 wesentlich größer als der tatsächliche Umfang der Veranstaltung. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Branchenmesse, die noch nie mehr als 70.000 Fachbesucher*innen begrüßt hat. Prinzipiell könnten die dramaturgisch bis ins kleinste Detail inszenierten Games-Pressekonferenzen überall auf der Welt abgehalten und ins Netz gestreamt werden - die E3 gibt bloß einen passenden Zeitrahmen vor und bietet einen attraktiven Ort, an dem man die Medienaufmerksamkeit gemeinsam besser bündeln kann.

Publikum bei einer Pressekonferenz auf der E3

E3 / Entertainment Software Association (ESA)

An die offiziellen Messezeiten halten sich die großen Konzerne freilich nur bedingt: Am Dienstag hätte die Show losgehen sollen, doch bereits am Sonntag sind Xbox sowie Bethesda („Doom“, „The Elder Scrolls“) nach vorne geprescht. Nintendo stieß zwar erst später hinzu, streute seine Neuigkeiten dafür über mehrere Tage hinweg. Erstaunlich: Sony Playstation - neben Microsoft Xbox und Nintendo der dritte große Konsolenhersteller - ist zum ersten Mal in der Geschichte der E3 der Veranstaltung komplett fern geblieben und hat auch kein Alternativ-Event durchgeführt.

Memes lockern den Ankündigungs-Marathon

Es ist erstaunlich, wie abwechslungsreich man Pressekonferenzen mit Produktankündigungen über mehrere Tage hinweg gestalten kann. Obwohl die Verlage ihre Shows natürlich auch selbst mit Besonderheiten aufpeppen, sind es vor allem die Beobachter*innen auf Social Media, die sich ihre eigenen Highlights schaffen. So war etwa Keanu Reeves als Testimonial für das kommende Blockbuster-Game „Cyberpunk 2077“ ein erwartbarer Crowdpleaser. Überraschender war da schon der fröhliche Auftritt der japanischen Spieleentwicklerin Ikumi Nakamura, deren Leidenschaft für das von ihr präsentierte Game „GhostWire: Tokyo“ sie zu einer humorvollen Vorstellung mit überschwänglichen Gesten motiviert hat. Die Menschen im Netz waren daraufhin von der Frau restlos begeistert.

Bei den zahlreichen Ankündigungen von Nintendo hat vor allem der erste Trailer des zweiten Teils des „Zelda“-Spiels „Breath of the Wild“ (2017) hervorgestochen. Doch die zentral diskutierte Frage war dabei nicht jene nach den erzählerischen Inhalten des kommenden Games, sondern ob die neue Kurzhaarfrisur von Prinzessin Zelda nicht eigentlich ziemlich super sei. Gar nicht auf der E3 vertreten und dennoch ein Publikumsliebling wurde ein kurioses Indie-Game der US-amerikanischen Entwicklerin Megan Fox, das sich via Twitter wie ein Lauffeuer verbreitete: „Skatebird“, ein Game, wo man mit Vögeln auf Skateboards fährt, wurde zum inoffiziellen Überraschungshit der E3 und hat so manchem großen Namen die Show gestohlen.

Ein Mädchen spielt auf der E3.

E3 / Entertainment Software Association (ESA)

Hardware, Services, Akquisitionen

Abseits von Games und Memes gab es dieses Jahr auch einige Sonderankündigungen. Microsoft hat den Xbox One-Nachfolger vorgestellt, der derzeit noch „Project Scarlett“ heißt und vor allem mit viel Technik-Firlefanz angepriesen wurde. Erwartbar: Die Grafik soll noch großartiger werden und die Ladezeiten sollen sich verringen. Kaum Ladezeiten und nicht merkbare Verzögerungen beim Spielen soll es auch beim Cloud-Gaming geben: Xbox will mit xCloud Google Stadia (FM4 hat berichtet) Konkurrenz machen, das seinerseits vor einer Woche etwas ausführlicher vorgestellt worden ist. Beide Konzerne setzen dabei auf ein Abomodell, das - wie bei Netflix und Co. - mittels eines monatlichen Geldbetrags Zugriff auf eine umfangreiche Bibliothek liefern soll. Dass das zwar interessant ist, aber für die Konsument*innen auch einige Risiken mitbringt, das hat Markus Böhm im Spiegel Online näher ausgeführt.

Eine wirtschaftlich verständliche, aber auch etwas ernüchternde Botschaft kam vom renommierten Indiegames-Entwicklerstudio Double Fine („Psychonauts“, „Broken Age“), unter der Leitung des nie um einen guten Scherz verlegenen Tim Schafer. Nach 19 Jahren Unabhängigkeit ist die Firma nun von Microsoft aufgekauft worden und damit Teil der Xbox Game Studios. Er mache ab sofort alles, meinte Tim Schafer auf der Bühne launig, „‚Halo‘-stuff, ‚Forza‘-stuff, ...“. Ein Spaß, natürlich. Das Studio ist öffentlich zu sehr exponiert, als dass Microsoft es ohne Gesichtsverlust merkbar umkrempeln könnte. Eigentlich soll alles beim Alten bleiben. Dennoch ist die Aufgabe der Unabhängigkeit ein Rückschlag für das Indie-Modell an sich. Wenn es selbst Double Fine langfristig nicht schafft, wer soll’s dann schaffen?

Was bleibt unmittelbar nach der E3?

Selbst die großen Games-Verlage wissen: Nur Ankündigungen und Hypes hinterlassen selbst bei großer Begeisterung eine ganze Woche hindurch einen schalen Beigeschmack. Deshalb wird - strategisch klug - manchmal das eine oder andere Game vorgestellt, das nicht erst Ende des Jahres oder im kommenden Jahr erscheinen wird, sondern - Überraschung! - bereits jetzt, ab sofort verfügbar ist. So hat der ebenso erfolgreiche wie selbstironische Indie-Publisher Devolver („Serious Sam“, „Broforce“, „GRIS“) unter dem Namen „Devolver Bootleg“ eine Sammlung an Miniatur-Persiflagen von einigen der hauseigenen Spiele veröffentlicht. Nintendo hingegen begeistert mit „Cadence of Hyrule“, einer Art Mini-„Zelda“, das stets im Rhythmus des Soundtracks gespielt wird.

Ein Mann und eine Frau unterhalten sich auf der E3, sie hält ein Gamepad.

E3 / Entertainment Software Association (ESA)

Nach Tagen des stakkatoartigen Ankündigungsmarathons ist es gut, sich anschließend wieder jener Tätigkeit zu widmen, worum es in der Gameskultur eigentlich geht: das Eintauchen und Unterhaltenwerden in interaktive(n) Welten. Wenn einem die Zähne auf Computerspiele so lange so lang gemacht werden, ist der Griff zu Joypad, Maus und Tastatur danach umso süßer.

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