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Julia Körner macht Mode mit dem 3D-Drucker, etwa für „Black Panther“

Von Pia Reiser

Mode aus dem 3D-Drucker, das klingt für viele nach Utopie und Science Fiction. Üblicherweise findet man sie am ehesten in Museen oder in der Haute Couture – oder eben im Superheldenfilm. Der Marvel-Blockbuster „Black Panther“ war in vielerlei Hinsicht spektakulär und bahnbrechend, z.B. was die Repräsentation von schwarzen Figuren oder die Darstellung von Afrika angeht – und dann waren da noch die Kostüme. Kostümdesignerin Ruth Carter wurde dieses Jahr bei den Oscars mit ihren Kreationen von Black Panther mit einem Oscar ausgezeichnet. Und ins Team geholt hatte sich Ruth Carter eine junge Salzburgerin namens Julia Körner.

Julia Körner

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Die lebt und arbeitet als Designerin in Los Angeles und Salzburg und hat sich auf 3D-Druck spezialisiert. Für „Black Panther“ hat Körner für Königin Ramonda – gespielt von Angela Bassett – Kopfschmuck und einen imposanten Kragen designt. Julia Körner war heute auf Einladung der Creative Days in Wien. Wir haben sie zum Interview getroffen und wollten natürlich auch wissen, wie es denn zu ihrer Arbeit am Superheldenspektakel „Black Panther“ gekommen ist.

Julia Körner: Ja, das war sehr spannend. Ruth Carter hat meine Designs auf den Pariser Modewochen gesehen und hat dann meinen Kontakt herausgefunden und mich eingeladen, in Hollywood in ihr Studio zu kommen, um mich in ihren neuesten Film einzuweihen. Sie hat mich aber nur limitiert eingeweiht, weil sie hat mir eigentlich nur gesagt, es geht um Afrika und Technologie und sie hätte gerne Kostüme, die sich mit den traditionellen Mustern von Zulu-Frauen auseinandersetzen. Sie hat mir ein Buch gegeben, wo ganz viele so Grafiken und Zeichnungen drinnen waren. Dann hab ich, ohne eigentlich zu wissen, woran ich arbeite, angefangen, diese Grafiken dreidimensional umzusetzen und eben diese Designs für dieses Kostüm für Angela Bassett zu entwickeln. Anfangs war gar nicht klar, welche Schauspielerin das überhaupt tragen wird, und ich hab einfach mal losmodelliert, ohne überhaupt eine Größe zu wissen. Da war dann der digitale Prozess extrem hilfreich, weil sobald ich dann die Maße von Angela Bassett hatte, sobald sie gecastet wurde, konnte ich meine digitalen Files ganz einfach an die Größe adaptieren und ausdrucken. So kam es zu dieser Zusammenarbeit.

Pia Reiser: Und wann hat jemand zu dir gesagt: Übrigens, der Film heißt „Black Panther“ und wird der nächste, alle Rekorde sprengende Blockbuster?

Das war ein eher längerer Prozess. Ich wusste dann, dass Angela Bassett die Schauspielerin ist, für die ich das Kostüm designe. Dann wusste ich, es geht um Afrika und Technologie, und dass der Drehstart Anfang 2017 war, weil bis dahin mussten die Designs fertig in Atlanta sein. Ich hab dann einfach eins und eins zusammengezählt und das Internet befragt und so herausgefunden, woran ich eigentlich arbeite. Das wurde mir dann auch gleichzeitig von Ruth Carter bestätigt. Als sie mir Fotos gezeigt hat vom Set, wusste ich: Ok, das ist für Marvel, „Black Panther.“ Ich wusste zuerst eigentlich gar nicht so genau, was das bedeutet. Marvel kannte ich schon, aber Black Panther nicht. So bin ich dann eigentlich zu einem Marvel-Fan geworden. Zwei Monate bevor der Film ins Kino gekommen ist, wurde es mir dann wirklich bewusst, weil da waren alle Tickets im Vorverkauf ausverkauft. Da hat es mich dann schon ein bisschen schockiert. Aber es war auf jeden Fall spannend mitzuerleben, wie so ein Film entwickelt wird, dass der ganze Prozess über zwei Jahre gegangen ist, so eine Einsicht behind the scenes zu bekommen, und dann noch herauszufinden, dass es für einen sehr tollen Film ist und für so einen berühmten Film, war natürlich dann der Schlag auf der Torte.

Was war denn überwältigender für dich, deine Kreationen – wir reden hier von einem Kopfschmuck und einem aufgestellten Kragen der Königin – auf der großen Leinwand zu sehen, oder der Oscar-Gewinn für das Kostümdesign?

Also schon das Design im Film zu sehen. Es war für mich sehr schön, zu sehen, was für einen Eindruck diese Szenen bei den Menschen machen und wie sie darauf reagieren und einfach, was für eine Tragweite dieser Film hatte, in dem Sinn, dass sehr wenige meiner Kollegen auf eine Haute-Couture-Show in Paris kommen, aber jeder kann ins Kino gehen und sich diesen Film ansehen. Somit hatte meine Arbeit eine viel größere Tragweite als jemals zuvor, die Emotionen, die der Film in Amerika und der ganzen Welt ausgelöst hat, von der Thematik her, worum es in diesem Film eigentlich geht. Ich bin sehr glücklich, da mitgewirkt zu haben. Das war ein schöner Moment, das im Kino zu sehen.

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Und wo befinden sich jetzt diese Teile? Werden die dir zurückgegeben oder gibt es irgendwo ein Marvel-Kostümlager?

Die Kostüme gehören Marvel, die waren teilweise in einigen Ausstellungen, letztlich im FIDM (Fashion Institute of Design & Merchandising) in Los Angeles. Wo sie jetzt genau sind, weiß ich nicht, aber die sind auf jeden Fall im Archiv von Marvel und werden, glaub ich, auch in Zukunft wieder ausgestellt.

Marvel ist inzwischen im Besitz von Disney, war aber auch vorher schon ein riesiges Film-Franchise mit Merchandise, die wissen sehr genau, was sie tun. Die haben genaue Pläne, es gibt das ganze Marvel Cinematic Universe. Aber so wie du den Prozess jetzt beschrieben hast, klingt das so, als wär da doch noch viel Platz für kreative und künstlerische Freiheit gewesen?

Ja, das war auf jeden Fall so. Ruth Carter hat schon mit Ryan Coogler ganz genau gewusst, wie sie diese Kostüme haben wollen. Sie hatten ganz genaue Vorstellungen, haben auch mit Illustratoren zusammengearbeitet. Einen davon kannte ich relativ gut. Ich hab basierend auf diesen Skizzen diese Kostüme entwickelt, aber es ist immer noch etwas ganz anderes, ob du eine zweidimensionale Skizze hast oder ein dreidimensionales Design, vor allem weil mit den Skizzen, die in unterschiedlicher Software entstehen, kannst du oft nicht diese parametrischen Geometrien entwickeln und somit hatte ich eigentlich in dieser Hinsicht extrem viel Freiheit, da meine eigene Designästhetik hineinzubringen und meine eigenen Vorstellungen umzusetzen und einfach zu sehen, wie jetzt ich sowas im Computer dreidimensional designe. Da war die Zusammenarbeit mit Ruth Carter extrem positiv. Der Austausch der Ideen und die ganzen Meetings, die wir hatten, das war immer sehr positiv.

Die Marvel-Filme brechen allesamt Boxoffice-Rekorde, lassen geldtechnisch nichts zu wünschen übrig. Stylemäßig gibt’s bei den Superhelden aber noch Verbesserungsbedarf. Gibt es da jemanden, den du besonders gern neu einkleiden würdest von den Avengers oder den ganzen Superhelden, die jetzt noch auf uns zukommen?

Ich fand „Captain Marvel“ sehr spannend, wo ich auch mitgewirkt habe. Nicht direkt an der Hauptrolle, sondern an Kostümen, die eher eine Nebenrolle gespielt haben. Ich finde Women Superheroes ganz toll und hätte große Lust, mal so eine Frau einzukleiden.

Wer war das bei „Captain Marvel“, welche Nebenfiguren?

Das waren Szenen in der Untergrundbahn am Anfang.

Es bleibt natürlich nicht bei einem „Black Panther“-Film, „Black Panther 2“ wird wohl 2020 oder 2021 in die Kinos kommen. Wirst du da auch wieder involviert sein oder weißt du’s vielleicht noch gar nicht?

Ich meine zu wissen, dass ich glaube, dass ich involviert bin, aber genau weiß ich’s noch nicht.

Haben sich durch deine Arbeit an „Black Panther“ denn weitere Aufträge in der Filmindustrie ergeben?

Auf jeden Fall. Also „Captain Marvel“ war letztes Jahr der neue Film von Marvel. Es gab ein paar Anfragen, aber 3D-Druck ist nach wie vor eine sehr teure Technologie und nicht jede Filmproduktion hat ein Budget, mit dem sie sich das leisten können. In dem Sinn momentan nicht. Aber es gab andere Projekte, die gefolgt sind. Zum Beispiel hat Google kürzlich Teile meiner Kollektion erworben für ihre neue App, die sie gezeigt haben auf der iO Conference in San Francisco, wo’s um Augmented Reality ging. Es kamen auch weitere neue Projekte herein, unter anderem ein ganz spannendes letzte Jahr mit Swarovski, die eben auch auf meine Arbeit aufmerksam geworden sind durch „Black Panther“ und mich als 3D-Druck-Spezialistin zu einem Projekt hinzugezogen haben. So kommen sehr spannende Kollaborationen zustande als Resultat von „Black Panther“.

Die Mode, die aus dem 3D-Drucker kommt, ist mit dem Digitalen verbunden, viel entsteht am Computer. Die Inspiration dazu kommt bei dir aber aus einer ganz analogen Welt, nämlich aus der Natur.

Ja, also ich bin generell von diesen organischen Ästhetiken aus der Natur extrem inspiriert und interessiere mich für die grundliegenden mathematischen Fomeln, die zu diesen Ästhetiken führen und hab mich darauf spezialisiert, wie man diese umsetzen kann mit digitalen Fertigungsmethoden. Ich designe dann sehr viel am Computer und entwickle dann am 3D-Drucker, wie man diese greifbar machen kann.

Du bist Architektin, Produkt- und Modedesignerin. Was ist denn der große Vorteil an dem Wissen und von dem Blickwinkel einer Architektin, wenn man sich auch mit tragbarer Mode beschäftigt?

Für mich ist eigentlich der menschliche Körper der kleinste Maßstab, in dem man Gebäude entwickeln kann, quasi die kleinste Hülle um den Körper. Es ist ein Feld, in dem ich experimentieren kann. In der Mode und im Produktdesign kann man aber den 3D-Druck schon 1:1 für die Produktentwicklung einsetzen und somit eigentlich ganz schnell Projekte umsetzen. Das finde ich an diesen Disziplinen sehr spannend, aber für mich ist es eher ein Experimentierfeld für den größeren Maßstab.

Auf deiner Website sieht man unter anderem Bikinis, Ketten, Röcke, Oberteile, die allesamt in diesem 3D Druckverfahren hergestellt worden sind. Was ist denn der große Vorteil beim Herstellungsprozess im Vergleich zur klassischen Fließband-Massenproduktion von Mode?

Die Designs, die auf meiner Website zu sehen sind, sind Teil der Island-Kollektion, die so entstanden sind, dass ich ja sehr viel für Haute Couture und im Filmbereich gearbeitet habe. Das waren meistens Show-Pieces, die auf Haute-Couture Pariser Modeschauen gezeigt worden sind oder im Museum. Viele meiner Freunde haben mich auch gefragt, hey, magst du nicht mal was designen, was auch für die breitere Masse ist. Und so hab ich gesagt, ok, ich designe Ketten, Taschen und Accesoires, die im kleineren Maßstab sind - denn 3D Druck ist nach wie vor sehr teuer - und ich hab auch angefangen, das zu verbinden mit Leder oder anderen Textilien und dadurch wird der 3D-Druck tragbarer und damit hab ich mich extrem viel auseinandergesetzt. Aber im Prinzip ist es der erste Schritt in Richtung: Wie kann man den 3D Druck als Modedesign verwirklichen und wirklich auch anziehbar zu machen?

Für die meisten Leute schwingt bei Mode aus dem 3D-Drucker immer noch ein Hauch Utopie oder sogar Science Fiction mit. Um das jetzt ein bisschen greifbarer zu machen - Von welchen Materialien reden wir denn da?

Ich drucke mit unterschiedlichen 3D-Druck-Verfahren, die unterschiedliche 3D-Druck-Materialien verwenden, die entweder auf flüssigem Harz basieren oder Pulverdruckverfahren oder auch Filament-Druckmaterialien. Hauptsächlich sind die alle gummiartig und auf Plastik basierend, was aber nicht unbedingt etwas Neues in der Modewelt ist, weil wenn man mal schaut, aus was die Materialien tatsächlich sind, ist eigentlich nur mehr sehr wenig aus Baumwolle in unserer Kleidung. Das Spannende daran ist, dass du ein Design, das du digital generierst, als Datei weltweit verschicken kannst und es dann ausdrucken kannst on location, egal wo du so eine Maschine zur Verfügung hast. Es gibt viele Gedanken, die da aufkommen, zum Beispiel kann man aus recycletem Plastik drucken, oder alte Kleidung einschmelzen und neue Kleidung drucken. Diese Idee von Sustainability ist etwas, das mich fasziniert und das ich auf jeden Fall weiterentwickeln möchte. Abgesehen von den unlimitierten Geometrien, die du erzeugen kannst.

Der Sweatshop fällt auch weg.

Genau, der direkte Bezug, dass das, was ich am Computer designe, auch direkt ausdrucken kann und dass es direkt zum Kunden kommt.

Bei einem Kleid, das auf deiner Website zu sehen ist, steht, es ändert die Farbe in Bezug auf seine Umgebung…

Das ist das Venus-Kleid, das hab ich 2016 entwickelt. Da ging’s darum: Can you show the mood of the wearer? Kannst du deine Stimmung durch das Kleid zeigen? Da hab ich ein Research gemacht, wo ich geschaut hab, wie man mit Filament drucken kann, das biodegradable ist, das enthält ein Thermochromatic Pigment. Das heißt, es kann die Farbe verändern von Dunkelgrau zu Weiß. Und somit, je nachdem an welcher Körperstelle es platziert ist… Der Körper reagiert auf die Stimmungen mit Erwärmung, das heißt, wenn du glücklich bist, erwärmen sich gewisse Teile des Körpers in unterschiedlichen Zonen. Und so hab ich diese Elemente in dem Kleid platziert, damit sie quasi unterschiedliche Gefühlsstimmungen visualisieren können. Da ist aber alles in einer sehr subtilen Art realisiert.

Auch ein Lo-key-Lügendetektor, dieses Kleid… Eine recht banale, aber nicht uwichtige Frage: Wie wäscht und pflegt man eigentlich diese Kleidungs- oder Schmuckstücke?

Die sind ganz einfach zu pflegen. Man wäscht sie einfach mit Wasser. In die Waschmaschine kann man sie nicht geben, man muss sie schon mit der Hand waschen oder eben Dry Cleaning.

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