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U21 jubelt

APA/ROBERT JAEGER

Blumenaus Fußball-Journal

Auf den Spuren von Kanada 2007

Österreichs U21 startet mit einer wüsten Leistung und einem teuer erkauften Sieg in eine Euro-Teilnahme, die jetzt schon Legendenbildung vermuten lässt.

Von Martin Blumenau

Was ist da passiert, am Montag Abend in Triest? Hannes Wolf hat sich schwer verletzt, Xaver Schlager hat einige 100%ige vergeben, Serbien hatte einen spektakulären Lattenknaller und Österreichs U21 konnte sein Auftaktspiel gewinnen. Nicht ohne hin und wieder an der Kippe zu stehen, aber dennoch in eindrucksvoller Manier.

Wie üblich im manisch-depressiven Fußball-Österreich wird jetzt hoch in den Himmel gejauchzt, ohne sich um die tödliche Betrübtheit zu kümmern, in die man bei solchen Erwartungen stürzen würde. Nach Beseitigung aller rosarotbebrillten Emotionsfilter bleibt aber genug fundierte Hoffnung für einen mehr als positiven Turnierverlauf.

Hier die Analyse der Kollegen von 90minuten.

Das war der letzte Test der U21 vor Beginn der ersten U21-Euro, an der der ÖFB teilnehmen darf. Außerdem: Nachbetrachtung zum Mazedonien-Ausflug des ÖFB-Teams sowie Preview und Nachlese zum Slowenien-Länderspiel.

Zuletzt in Blumenaus Fußball-Journal, das jetzt wieder regelmäßig erscheint: eine Preview auf die Copa America und eine Analyse der Position der Chef-Coachs angesichts des baldigen Trainingsbeginns der Liga-Meisterschaft.

Das war der erste Blick auf die Frauen-WM das der zweite, und zwar auf Deutschland vs Spanien.

Das sind die Vorgängertexte, egal ob als #dailyblumenau auf der neuen oder der alten Website, oder im langjährigen Journal. Ein regelmäßiges Journal zu diesen Themenfeldern wird im Herbst folgen.

Das hat mit mehreren Faktoren zu tun: Spieler, Coaching, Einstellung, Gegner.

Tatsächlich hat Serbien, selbsternannter Turnier-Favorit, die Österreicher nur als Zwischenschritt zu den wirklich relevanten Aufgaben eingeschätzt und damit zunächst die Anfangs-Phase hergeschenkt; und ist dann nie mehr richtig ins Spiel reingekommen. Die Fehleinschätzung ist nach zwei Siegen in der scheinbar zu leicht gewonnenen Qualifikationsgruppe, nach dem Hype von Luka Jovic und selbst der Gewissheit der klar überlegenen Offensive nur partiell nachvollziehbar.

Auf der anderen Seite konnte sich das österreichische Team in eine immer besser funktionierende „Unterschätzt uns ruhig, wir werden’s euch schon zeigen“-Stimmung bringen, wobei die Vorbildwirkung der Frauen-EM von vor zwei Jahren auch sehr hilfreich war. Auch der mühsame und nervenzehrende Weg durch die Play-Offs war wohl wichtig: So ist die reine (historisch ohnehin erste) Teilnahme an der hochwertigen Europa-Meisterschaft schon ein Erfolg, der Selbstbewusstsein gibt, das dann zuletzt im Test gegen Frankreich noch einmal zusätzlichen Boost bekam.

Außerdem gebührt Teamchef Werner Gregoritsch Lob für eine mit Risiko verbundene Idee: Dem (durchaus leicht ausrechenbaren) serbischen 4-1-4-1 stellte er etwas Schlaues, nämlich ein 4-2-4-0, also eine Aufstellung ohne echten Stürmer, dafür mit vier stark rochierenden Offensiv-Spielern entgegen. Um einen aktuellen Vergleich zu ziehen: Wenn man so will, ist/war das die bessere Ausarbeitung der vom A-Team unter Foda nur unzureichend zu Ende gedachten Grundformation im Spiel gegen Slowenien: ein starker Defensiv-Verbund mit wenig offensiv orientierten Außenverteidigern und zwei Sechsern und davor vier kaum auszurechnende, rein offensiv orientierte Akteure. Der nominell als Spitze angegebene Honsak zog sich gerne auf seine angestammte linke Seite zurück, im Zentrum bildeten dann Xaver Schlager und Hannes Wolf die erste Pressing-Reihe. Außerdem hatte der kleine Sascha Horvath seinen bisher wohl besten Tag überhaupt.

Damit ist Gregoritsch, um auf meinen zuletzt gezogenen Vergleich zurückzukommen, näher an Paul Gludovatz als je zuvor; auch wenn man die seit der WM 2007 erheblich gestiegenen Anforderungen an zeitgemäßes Coaching in Betracht zieht. Dazu kommt auch eine psychologisch anständige Leistung: Den gebürtigen Serben Sasa Kalajdzic einzuwechseln ist weniger sportlich sondern mehr menschlich begründbar.

Bemerkenswert waren in jedem Fall die Leistungen des Defensiv-Verbunds mit den „Deutschen“ Danso (der meist Jovic wegclinchte), Posch und Lienhart, die (letztlich eben zu sechst) der fünfköpfigen serbischen Offensivreihe wenig Durchkommen ermöglichten, für Ballgewinne, gutes Umschalten und schick-vertikale Spieleröffnungen sorgte. Die Masse an Chancen die sich vor allem Xaver Schlager erarbeitete, dann aber auch vergab, hätte Italien in früheren Jahren für einen klaren Turniersieg gereicht.

Den Text gibt’s auch zum Anhören als Podcast.

Blumenaus Fußball-Journal 180619

Natürlich wird es so jetzt nicht weitergehen. Dänemark ist gewarnt und wird sich sehr exakt auf das zu Erwartende einstellen. Gregoritsch wäre also gut beraten eine weitere Variante im Ideen-Koffer zu haben. Aber schon die Frage ob er den böse umgetretenen Hannes Wolf, seinen Schlüsselspieler, jetzt durch Christoph Baumgartner, einen Angreifer wie Grbic oder gar nicht ersetzen wird, sondern Wolfs Job ersatzlos streicht, wird den Weg vorgeben. Gut für das ÖFB-Team: Die Dänen stehen nach ihrer Auftaktniederlage arg unter Druck und müssen das Spiel in die Hand nehmen – für ein gegenstoßstarkes Team bieten sich da also Möglichkeiten und Räume. Danach wird der deutsche Auftritt gegen Serbien besten Anschauungs-Unterricht geben.

Selbst wenn ab jetzt nicht mehr viel (ein Punkt) gehen sollte, und ein nicht aufstiegsberechtigter zweiter oder nur ein dritter Platz rauskommen sollte: Es ist jetzt schon ein positives Signal, das da aus Norditalien gesendet wird.


Serbien – Österreich 0:2 (0:1)
Triest, Stadio Nereo Rocco, SR Ekberg (SWE)

Serbien:
1 Radunovic; 2 Milan Gajic, 4 Nikola Milenkovic, 14 Vukasin Jovanovic (75. Ausschluss), 13 Bogosavac; 5 Masovic (57., 6 Racic); 10 (K) Andrija Zivkovic, 8 Danilo Pantic (58., 19 Randjelovic), 20 Sasa Lukic, 7 Radonjic; 9 Luka Jovic.

Österreich:
23 Alexander Schlager; 22 Ingolitsch, 6 Danso, 4 Stefan Posch, 13 Ullmann; 17 Ivan Ljubic, 5 (K) Philipp Lienhart (77. 18 Dejan Ljubicic); 21 Sascha Horvath, 8 Xaver Schlager (2K), 19 Hannes Wolf (78. 16 Kalajdzic); 11 Honsak (84. 14 Balic).

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