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APA/EXPA/STEFAN ADELSBERGER

Blumenaus Fußball-Journal

Closed Shop

Heute hat die UEFA die ersten Runden der europäischen Bewerbe ausgelost. Gestern hat die heimische Liga ihren neuen Modus bestärkt. Gemeinsam ist allen der Hang zu geschlossenen Gesellschaften.

Von Martin Blumenau

Unsentimentales Vorwort: Natürlich war’s schon immer so. Die Großen haben geklüngelt und sich’s gerichtet, in Ligen und Verbänden. Wo Geld da war, kam Geld hinzu, gern auf Kosten der Kleinen und Ehrenamtlichen, die für ihre Zuliefer-Arbeit mit Peanuts abgespeist wurden. Gewinne privatisieren, Kosten und Verluste sozialisieren – das ist auch im Fußball so alt wie der Sport selbst, und keine Erfindung der Neoliberalen.

Dass es seit nun bereits einigen Jahren Bestrebungen der großen Vereine und Ligen gibt, die Champions League zu einer den Markt dominierenden Super-Liga umzubauen, und dass die UEFA dabei immer mehr Zugeständnisse macht, ist ebenso wenig neu wie die Gelüste einzelner großer Ligen nach Unabhängigkeit von den Verbänden. Es geht um Planungssicherheit für die mittlerweile millionenschweren Privat-Unternehmen, die sich ihr Business-Modell so unreguliert wie möglich wünschen.

Zum Thema Liga: die Bilanz der letzten Saison und eine Analyse der Position der Chef-Coachs angesichts des Trainingsbeginns der Liga-Meisterschaft.

Gestern in Blumenaus Fußball-Journal, das jetzt wieder regelmäßig erscheint: die Analyse des Siegs der U21 über Serbien. Davor Texte über den letzten Test vor Beginn der ersten U21-Euro, an der der ÖFB teilnehmen darf.

Außerdem: Nachbetrachtung zum Mazedonien-Ausflug des ÖFB-Teams sowie Preview und Nachlese zum Slowenien-Länderspiel.

Das war der erste Blick auf die Frauen-WM das der zweite, und zwar auf Deutschland vs Spanien. Und hier eine Preview auf die Copa America.

Das sind die Vorgängertexte, egal ob als #dailyblumenau auf der neuen oder der alten Website, oder im langjährigen Journal. Ein regelmäßiges Journal zu diesen Themenfeldern wird im Herbst folgen.

Aktuell schwirren gerade wieder einige Modelle herum, wie die Großen bzw. ihr Lobby-Verband ECA) sich das vorstellen. Die von den deutschen Großklubs gern infogefütterte Sportbild berichtet in ihrer heutigen Ausgabe von neuen Ideen, die als Reaktion auf die letzten Pläne ventiliert wurden.

Wie auch immer der Kompromiss zwischen der UEFA, die die Basis vertritt, und der ECA aussehen wird: Der Zutritt zur noblen Gesellschaft, in der die reichen Vereine aus England, Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich unter sich bleiben wollen, wird immer schwieriger, Ziel ist eine geschlossene Gesellschaft mit einer sehr strengen Tür-Politik für Neu-Bewerber.

Zynische Fußnote: Der dabei verwendete Fach-Begriff ist closed shop stammt aus der britischen Sozialgeschichte und beschreibt die Verpflichtung aller in einem Betrieb Arbeitenden, derselben Gewerkschaft beizutreten – wird also von der erzkonservativen englischen Yellow Press, die den „modernen Fußball“ aus populistischen Gründen ablehnt, als Gottseibeiuns verwendet.

Der Begriff Closed Shop impliziert also die Verwendung starker Regulierungs-Maßnahmen. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Das, was sich der kleine Leitungskreis der ECA, hinter dem der alte Adel der europäischen Vereine steht, für die Zukunft vorstellt, ist ein schrankenloser, komplett deregulierter, zur ungebremsten kommerziellen Verwertung verfügbarer internationaler Bewerb.

Sturm Graz hat übrigens in Quali-Runde 2 zur Euro League die Norweger von Haugesund bekommen, die sich erst gegen Barry Town (Wales) oder Cliftonville (Nordirland) durchsetzen müssen.

Die betuliche Regulierung durch die UEFA, die sich gerade heute wieder in der Verwendung unendlich komplizierter Vorqualifikationen manifestiert, würde dann wegfallen. Dass diese Betulichkeit schon den seit langen Jahren geäußerten Wünschen der Groß-Klubs geschuldet ist und wesentlich einfachere und nachvollziehbarere Bewerbe abgelöst hat, die man weghaben wollte, weil bei einem Favoritensturz budgetär bereits verplante Einnahmen wegfallen würden, fällt dabei gerne unter den Tisch.

Nun wird es bei der anstehenden Reform nicht so schlimm werden, wie es der Sportchef des englischen Independent hier in einer lesenswerten, weit ausholenden, essayistischen Eloge ankündigt, die Türen für die Ajaxe, Tottenhams oder Portos werden schon weiterhin offenstehen. Es wird eher die Red Bull Salzburgs, Genks und Young Boys treffen, die fürderhin nur noch in einer zweiten Liga, die zudem nicht mehr das Level der Euro League haben wird (nur 2 – 3 der letzten Achtelfinalisten würden da noch dabei sein), spielen können.

Ein Klassiker des Closed Shop ist aber auch, dass er alle Kritiker, sobald sie in seine Reihen aufgenommen werden, in Bewahrer verwandelt.

Den Text gibt’s auch zum Anhören als Podcast.

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Im Fall der heimischen Bundesliga droht auch eine geschlossene Gesellschaft. Wobei da die Regulierungsmaßnahmen der Liga-Reformen, die bei der gestrigen Klub-Konferenz und Hauptversammlung mit ein paar kleinen Anpassungen bestätigt wurden, weniger beigetragen haben als die ökonomische Realität eines deutlich schwerer durchzuführenden Profi-Betriebs.

Früher konnte man sich da mit schiefen Konstruktionen oder Schwarzgeld durchschummeln, heute reguliert der Wirtschaftsprüfer. Und bis auf vielleicht drei bis vier mögliche Aufstiegs-Kandidaten sind die 12 Bundesligisten (samt drei Farmteams) und die 13 Zweitligisten allein auf weiter Flur. Der Rest kann nicht über die Regional-Ligen hinaus.

Außerdem hat sich heute Absteiger Wacker Innsbruck als heuer nicht aufstiegswillig positioniert – was wiederum die 2.-Liga-Klubs, die die oberste Spielklasse stemmen könnten, auf ein schwaches halbes Dutzend begrenzt. Hier schließt sich die Gesellschaft also selbst, quasi durch natürliche Abgänge, und fehlenden Druck aus den unteren Klassen.

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