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U21-Spieler mit leerer Trinkflasche

APA/ROBERT JAEGER

Blumenaus Fußball-Journal

Nachträgliche Relativierung

Runde 2 der U21-EM bringt Erkenntnisse, die den Auftakt-Sieg der jungen Österreicher in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Von Martin Blumenau

Ich will mich gar nicht lange mit der Niederlage gestern Abend in Udine aufhalten: eine Mannschaft, die sich selber die Ausrede von mangelnder Fitness (Leitmotiv: wir waren schlapp!) zugesteht, ist nicht turniertauglich – denn der 3-Tages-Rhythmus solcher Groß-Ereignisse ist ja bekannt und ein zentrales Kriterium, das zu bestehen Basis einer erfolgreichen Teilnehme ist.

Fakt ist, dass sich die Dänen nach ihrer Auftakt-Niederlage gegen ein hervorragendes deutsches Team etwas überlegt hatten und ihr System änderten: von 4-3-3 auf ein hybrides 5-2-3, das in der Offensive in ein 3-4-3, manchmal gar in ein 3-2-5 kippen kann.

Zitat aus der Serbien-Analyse: „Natürlich wird es so jetzt nicht weitergehen. Dänemark ist gewarnt und wird sich sehr exakt auf das zu Erwartende einstellen. Gregoritsch wäre also gut beraten eine weitere Variante im Ideen-Koffer zu haben.“

Fakt ist, dass Österreichs Chefcoach Gregoritsch eben keine weitere Idee hatte, sondern seine Mannschaft systemisch exakt wie im ersten Spiel agieren ließ.

Darauf war der Gegner ausreichend vorbereitet, und hätte – wohl auch ohne österreichische Schlappigkeit – klare Feldvorteile gehabt, aus denen sich dann zwangsläufig Tore ergeben. Noch dazu, wo der Einsatz von Kvasina statt Wolf im Angriffs-Zentrum zu entsetzlich ausrechenbaren hohen Bällen in die Spitze führte.

Der vom ÖFB gebetsmühlenartig als Knackpunkt herbeizitierte (und, freundlich gesagt: sehr glückliche) Elfmeter, dessen Ausführung der dann wiederum etwas zu drastisch vom Disziplin-Brüller zum Laissez-Faire-Hippie mutierte Chefcoach einem freien Spiel gefühlter Kräfte überließ, kann die Gesamt-Bilanz der in jeder Hinsicht unterlegenen Spielführung nicht schönen.

Das ist die Match-Analyse der Kollegen von abseits.at, das die von ballverliebt.eu.

Hier die erwähnte Analyse des Siegs der U21 über Serbien. Davor Texte über den letzten Test vor Beginn der ersten U21-Euro an der der ÖFB teilnehmen darf.

Zuletzt in Blumenaus Fußball-Journal, das jetzt wieder regelmäßig erscheint: Analyse der Hahnenkämpfe um die globalen Fußball-Rechte, eine Analyse der zunehmend geschlossenere Gesellschaften im Fußball Closed Shop – am Beispiel der beginnenden UEFA-Bewerbe und des Trainingsbeginns der Liga-Meisterschaft. Dazu auch eine Analyse der Position der Chef-Coachs und die Bilanz der letzten Saison.

Außerdem: Nachbetrachtung zum Mazedonien-Ausflug des ÖFB-Teams sowie Preview und Nachlese zum Slowenien-Länderspiel.

Das war der erste Blick auf die Frauen-WM das der zweite, und zwar auf Deutschland vs Spanien. Samstag folgt eine Bilanz der Vorrunde. Und hier eine Preview auf die Copa America.

Das sind die Vorgängertexte, egal ob als #dailyblumenau auf der neuen oder der alten Website, oder im langjährigen Journal. Ein regelmäßiges Journal zu diesen Themenfeldern wird im Herbst folgen.

Denn: in einem Match von Teams mit individuell und spielerisch vergleichbarere Klasse gewinnt meist dasjenige mit der schöpferischen Idee. Und davon waren Österreichs Junge weit entfernt. Und, nein: Hannes Wolf ist da keine Ausrede.

Viel interessanter war dann die Vorstellung der Serben gegen Deutschland, wo sich der selbsternannte Möchtegern-Favorit gegen einen der tatsächlichen Favoriten ziemlich blamierte. Wobei das allen passieren kann.

Bemerkenswert in Bezug auf den serbischen Gegner waren die Aussagen des Ex-Kicker Thomas Broich, der aktuell für die ARD als Analytiker arbeitet, vor dem Spiel. Broich hatte sich mit den DFB-Scouts abgestimmt und sprach wörtlich davon, dass diese das serbische Spiel, höflich formuliert, als „unorthodox“ bezeichnet hätten, weil es keine Systematik (und somit auch keine verwertbaren Muster) erkennen ließ. Weniger höflich gesprochen: die haben keine Spielidee, verfügen über keine Automatismen, verfolgen keinen Plan, sondern verlassen sich auf individuelle Klasse. Wie gesagt: das meldete Broich VOR dem Spiel. Seine Begründung: das serbische U21-Team griff auf zu viele nicht gut zusammengespielte junge A-Teamspieler zurück, etwa auf die gesamte Sturmreihe mit Zivkovic – Jovic – Radonjic, die dann, recht ungefüttert, in der Luft hingen.

Auf das Österreich-Match runtergebrochen: eine Mannschaft, die Österreich in der Quali klar auf Distanz gehalten hat und sich für den kommenden Europameister hält, aber keine tauglichen Mittel dazu in die Hand bekommen hat, ist wohl leichter zu bespielen als etwa die Dänen. Noch dazu von einer Mannschaft, die fit ist und einen guten Matchplan mitbekommen hat, wie das beim ÖFB-Team am Montag ja der Fall war.

Ganz kritiklos sollte man die deutschen Beobachtungen auch nicht übernehmen. Broich tut so, als wären die A-Teamspieler (neben den Genannten Angreifern noch Milenkovic und Lukic) in der Vorbereitung oder Quali nie dabei gewesen – das stimmt nicht. Gegen Österreich etwa waren im ersten Spiel drei der fünf, und im zweiten immerhin noch Jovic dabei. Und der Rest war ziemlich identisch mit der aktuellen Formation, die also ganz gut eingespielt sein müsste. Was der Tatsache der „unorthodoxen“, sprich inexistenten Spielidee aber nicht widerspricht. Da ist halt älteste Schule: die Generation Prohaska hat so ihre gesamte Karriere bestritten.

Den Text gibt’s auch zum Anhören als Podcast.

Blumenaus Fußball-Journal 210619

In jedem Fall wird es für die in wiederum nur drei Tagen wohl nicht weniger erschlappte U21-Mannschaft gegen die topfitte deutsche Mannschaft eher nicht zu einem Sieg reichen; und nur der hält die Aufstiegs-Chance noch aufrecht.

Die hier geäußerte Hoffnung auf einen positiven Turnierverlauf, ein positives Signal, mit einem dritten oder gar zweiten Gruppenplatz, und das kann sich auch bei einer knappen Niederlage noch ausgehen, bleibt aber aufrecht: dazu bedarf es im abschließenden Spiel gegen Deutschland aber einer Leistungssteigerung aller Beteiligter. Es braucht: a) echte Fitness, b) keine Ausreden, kein Selbstmitleid c) keine Drucksereien wie beim Elfer, d) einen unausrechenbaren Matchplan, e) ein, zwei oder drei kleine, frische Ideen des Coaching Teams.

Ansonsten wird die mediale Legendenbildung in die bei Nicht-Erfüllung hierzulande gern gepflegte manisch-depressive Selbstverstümmelung kippen.

Dänemark – Österreich 3:1 (1:0)

Udine, Stadio Friuli, 7.297 Zuschauer, SR Kabakov (BUL)

Dänemark:

1 Iversen; 12 Asger Sörensen, 5 Nelsson, 3 Rasmussen; 2 (K) Kristensen, 21 Stage (74., 8 Mathias Jensen), 6 Billing, 15 Maehle; 10 Skov (74., 17 Andreas Olsen), 23 Wind, 11 Bruun Larsen (88., 7 Duelund).

Österreich:

23 Alexander Schlager; 22 Ingolitsch, 6 Danso, 4 Stefan Posch, 2 Friedl; 17 Ivan Ljubic (67., Christoph Baumgartner), 5 (K) Philipp Lienhart; 21 Sascha Horvath, 8 Xaver Schlager (2K), 11 Honsak (82., 7 Grbic); 9 Kvasina (55., 14 Balic).

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