„Incapable“: Róisín Murphy hat kein gebrochenes Herz

Der Song zum Sonntag

Von Christoph Sepin

Es beginnt entspannt und unaufgeregt: In eingängiger Simplizität begrüßt zuerst der einfache Beat, dann kommt ein freundlicher Synthesizer dazu. „Incapable“ ist ab der ersten Sekunde ein Lied, das einlädt, typisch für die Musik von Róisín Murphy. Poppige, bouncige, elektronische Tanzmusik. Seicht soll das hier aber trotzdem nicht sein, denn bei genauem Hinhören verstecken sich allerlei schöne Botschaften in der neuen Single von Murphy.

Seit den 90er Jahren begleitet die irische Musikerin mit ihren tanzbaren Vertonungen die Welt, zuerst natürlich als Teil von Moloko, seit den frühen 2000ern auf Solopfaden mit vier Studioalben. Und jetzt wieder mit ihrem neuen Track „Incapable“, einer achtminütigen Betrachtung der Dinge, untermalt von nettestem Wohlklang.

Das Wort „Incapable“, hier mehr als ein Songtitel ein thematisches Zentrum des Songs, hat bekanntlich eine eher negative Zuschreibung: Unfähig, inkompetent, unzulänglich, so die deutschen Übersetzungen. Und mit welcher Unfähigkeit sieht sich Murphy konfrontiert? Mit der Unfähigkeit zu lieben: „Never seen me fall apart, I must be incapable of love“.

Nachgetrauert und bereut wird hier aber nicht, Murphy singt aus der Perspektive einer Person, die sich zwar selbst Fragen über ihren Status Quo stellt („Am I incapable of love?“), die aber eigentlich damit zufrieden ist, sich nie zu emotional auf ihre Gegenüber einzulassen („Well, it’s nice, it’s nice to be wanted“).

Am wichtigsten und am längsten als Ohrwurm im Kopf bleibt Murphys Zeile über das gebrochene Herz: „Never had a broken heart“, singt sie immer wieder, nicht voller Trauer, sondern als optimistische Zustandsbeschreibung. Wer kein gebrochenes Herz hat, so lautet die Devise, kann auch keinen Schmerz spüren.

Was für Murphy ein Experiment im Songwriting war, „a point of view totally opposite to the usual heartbreak and despair“, wie sie es in einem Interview beschreibt, ist im Endeffekt viel mehr als das. „Incapable“ ist eine Hymne und mögliches Self Empowerment für all jene, die mal nicht verliebt sind und die sich mal nicht auf alles einlassen wollen. Denn manchmal, wie auch zu diesem Lied, tanzt man am besten mit sich selbst.