Neues aus Österreich von 5K HD, Gerard, Konea Ra u.v.m.
Es war das Wochenende des Donauinselfests. Unzählige Besucher*innen haben vor der FM4 Bühne mitgetanzt und mit großen Augen und Ohren die großartigen Künstler*innen und Musiker*innen verfolgt. Am Freitag, dem traditionellen HipHop- und Elektro-Tag waren Camo & Krooked die Headliner. Das knapp eineinhalbstündige Konzertvideo fängt die Partystimmung gut ein.
Donauinselfest 2019: Camo & Krooked
Reinhard Rietsch und Markus Wagner alias Camo & Krooked zählen seit Jahren zu den Weltstars der elektronischen Musik. Sie touren durch die ganze Welt und begeistern mit einer innovativen Mischung aus Elektro, House, Funk, Dubstep und Drum & Bass.
Der Samstag stand ganz im Zeichen des „Königs der Zwischenräume“, wie meine Kollegin Lisa Schneider es so schön aufgedrückt hat. Der Auftritt von Yung Hurn war neben der ganzen Euphorie für einige auch physisch eine ziemliche Herausforderung, da der Druck nach vorne zur Bühne immens war.
Und der Sonntag war dann wie zu erwarten „überstrahlt“ von Tocotronic und ihrem Auftritt. Aber auch Lijon, das Soloprojekt von Bassist und Sänger Stephan Paulitsch hat begeistern können so wie auch das Live-Set von Scheibsta & die Buben. Aber es hat sich auch abseits der Insel viel getan.
5K HD - „10/15“
So haben wir 5K HD noch nie gesehen. In Anzügen, gut gestylt und wie aus dem Ei gepellt für die Wall Street oder das großräumige Anwaltsbüro im Big Apple. Die Pop-Jazz-Experimental-Fusion-Band rund um Sängerin Mira Lu Kovacs hat mit der neuen Single „10/15“ einen gehörigen Schritt in Richtung Pop und Eingängigkeit gemacht. Die Brüche sind hier visuell mit einer Flut von Gesichtern dargestellt und von Gersin-Livia Paya und Clemens Fantur mit Augmented Reality Facefilter umgesetzt worden.
Aber die Brüche in der Musik sind nicht mehr ganz so radikal. Das „Sich-selbst-Erschrecken“, wie Mira es in einem Interview mal genannt hat, ist einem smootheren Sound gewichen. Noch immer ist das Niveau sehr hoch, die Harmonien und Klanglandschaften kunstvoll ineinander verwoben und der Beat darf dann doch noch gebrochen und eigenwillig dahingrooven. Aber die wundervollen Gesangslinien haben mehr Soul, weniger Wut und berühren trotzdem sofort das Herz. Ein genialer Vorbote für den nächsten großen Streich einer der besten, innovativsten Bands aus Österreich.
Gerard - „Dein Problem“
Auch bei Gerard scheint die „breitere musikalische Ausrichtung“ mit der neuen Single „Dein Problem“ nun voll durchzuschlagen. Trotz der unglaublich ohrwurmigen Hookline und den fetten Synthies, unterlegt mit sehnsuchtsvollen Streicher-Sounds, zieht sich durch diesen neuen Song eine Melancholie, die uns sofort einnimmt.
Schließlich geht es um bestimmte Freunde, die wir alle haben: jene, die sich nur melden, wenn sie Probleme haben. Die „Energievampire“, von denen man sich nur schwer trennen kann. „Dein Problem“ ist somit ein perfekter Popsong, der sich musikalisch mit den ersten Takten festhakt und mit dem man sich sofort identifizieren kann.
Mantha - „Brioche“
Wie sich der Geschmack einer warmen Brioche zum Frühstück nach einer durchgemachten Partynacht wohl anhören mag? Vielleicht wie die Single „Brioche“ von Mantha, dem neuen Soloprojekt des Produzenten Fabian Wintersteller. Er veröffentlicht auf dem Label Assim Records, auf dem auch Good Wilson und Steaming Satellites beheimatet sind. Neben seiner Liebe zu Aphex Twin und Nine Inch Nails hat er ein Faible für Störgeräusche.
In einer Presseaussendung meint Fabian: „Ich nehme auch ganz viel mit meinem Handy auf und sample dann einzelne Elemente davon. Zum Beispiel eine knarrende Türe, eine einfahrende U-Bahn oder Vogelgezwitscher im Park. Bei „Brioche“ könnte man ein leierndes Kassettenradio heraushören, Vogelgezwitscher unter Wasser oder zischende Neon-Röhren im Keller. Der Fantasie sind bei seinem Klangkosmos keine Grenzen gesetzt. Und das ist nur der Vorbote zum Debüt „Cubcake“, das im Herbst erscheinen soll.
Konea Ra - „Bitches“
Konea Ra haben Anfang des Jahres den ersten Teil ihres neuen Albums, die „A-Side“ veröffentlicht. Vor Kurzem ist der zweite Teil, die „B-Side“ erschienen, die auch die Single „Bitches“ beinhaltet. Ein energiegeladener, wunderschön austarierter Elektro-Pop-Song, der von den Sounds her wieder ein bisschen die Handschrift von Produzent Vlado Dzihan trägt.
Das Video dazu ist im Instagram-Selfie-Style gehalten und thematisiert den ausgeprägten Selbstdarstellungsdrang der Social-Media-Generation. Das ständige „Performen“ und Sich-zeigen-Müssen, oft gepaart mit einer übertriebenen Selbstliebe, wird durch die teils witzigen Aufnahmen ein wenig entschärft. Eine herrliche Gratwanderung zwischen „sich selbst nicht so ernst nehmen“ und uns den Spiegel vorhalten.
Comfort Kiss - „Sometimes“
Ebenfalls lo-fi-mäßig legt es Martin Wührer an, Gitarrist der österreichischen Band Like Elephants. Mit seinem Soloprojekt Comfort Kiss hat es ihn in den weiten Klangraum der Dream-Pop-Gitarren, der verhallten Stimmen und der 80er-Synthies verschlagen. In der neuen Single „Sometimes“ geht es um Träume und um das Scheitern an deren Durchführbarkeit.
Das Aufeinanderprallen von Wunschtraum und Realität zeigt sich auch in dem charmanten Video. Wenn das Mikrofonkabel aus dem Golf-Loch kommt und Martin auf dem gemähten Rasen liegend ansingt oder wenn er neben der heimischen Couch kauert und leidvoll in die Kamera blickt. Der ganze Song versprüht eine gewisse Leichtigkeit und Naivität, die uns aus unserem Alltag zu reißen vermag. Zumindest für drei Minuten.
Auch noch gut und gut zu wissen
- Das Duo Mascha und Der traurige Gärtner haben einen wunderschönen, politischen und sehr relaxten Song aufgenommen. „Mit allen Farben“ ist ein buntes, cleveres und hörenswertes Stück Pop geworden.
FM4 Soundpark Weekly
In dieser wöchentlichen Rubrik servieren Lisa Schneider und Andreas Gstettner-Brugger musikalische Häppchen aus Österreich. Neue Bands und Songs, Videos und Konzerthighlights quer durch den stilistischen Gemüsegarten.
- Die Soul-Sängerin Soia hat für das Missmagazin eine schöne Session aufgenommen und erzählt uns auch, wie sie zur Musik gekommen ist. Persönlich, stripped down und sehr sympathisch!
- „Komm, wir gründen eine Sekte, nur für uns und für Perfekte!“ singen Yukno in ihrer neuen Single „Eine Sekte“. Und das Hauptquartier dafür liegt wohl am karibischen Palmenstrand, zumindest sieht’s so aus.
- Die Sängerin Mathea präsentiert ihre neue Single „Chaos“, im Wirbelsturm der Herzensgefühle. Mit fetten Beats und intimem Strophen-Gesang.
- Ein Haus bauen aus elektronischen Sounds. So legt es Drathaus an, ein elektroakustisches Live-Projekt aus Wien. Das Video zur Single „Unsquare“ hat nicht nur schöne Detailaufnahmen der Musiker parat, sondern auch eigenwillige Masken und Tanzeinlagen.
- Und für alle, die noch nichts vom Debüt-Album „BiPopularity“ von der Ausnahme-Künstlerin Lulu Schmidt gehört haben, sollten das schnellstens hier nachholen.
- In der aktuellen FM4 Soundparksendung stellt meine Kollegin Lisa Schneider das Debüt von Molly vor, hat die Grazer Band Land Of Ooo eingeladen sowie auch die Neopsychedelic-Shoegaze-Band Powerhouse aus Wien.
Publiziert am 25.06.2019