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song zum sonntag

Poppy ist der letzte Popstar der Welt

Der Song zum Sonntag: Poppy - „Choke“

Von Christoph Sepin

Poppy ist vieles und vorrangig gar nicht Musik. Poppy ist artifiziell und verwirrend, durchkonzeptioniert und irreführend. Poppy ist die logische Schlussfolgerung der Popwelt, ein künstlicher Superstar, der das Publikum dazu auffordert, zu folgen, zu liken und zu klicken. Die zu Mensch gewordene Maschine, die keinen Hehl daraus macht, berühmt sein zu wollen. Und gleichzeitig auch übertrieben, unwahr und für das Internetzeitalter erfunden, wie die Überschrift dieses Artikels.

Entstanden ist Poppy aus der Zusammenarbeit der Musikerin Moriah Rose Pereira und dem Regisseur Titanic Sinclair. 2014 lud sie ein Video auf Youtube hoch, in dem sie Zuckerwatte isst, kurz darauf den Clip „I’m Poppy.“, in dem sie sich zehn Minuten selbst vorstellt und der mittlerweile über zwanzig Millionen Views hat. Ihr erstes Album mit dem Namen „Poppy.Computer“ erschien 2017, das Jahr darauf die Platte „Am I a Girl?“. Und jetzt der nächste Schritt in der Evolution des Projekts Poppy, die zuckersüß-gruselige EP „Choke“ - und darauf auch der gleichnamige Track als Intro.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Das könnte alles einfach als Kritik der Poprezeption gesehen werden, ein Konzept, das Poppy nicht erfunden hat. Zum Glück ist das aber mehr als nur Youtube-Clips und Statements über die Online-Welt. Denn die Musik von Poppy ist hervorragender, oft verspielter und komplexer Pop, den man vielleicht gar nicht erwartet - vor allem beim ersten Hören. Und das vor sich Hinspinnen eines Gesamtkonzepts, das mit „Choke“ eine neue Ära erreicht.

Eine künstliche Intelligenz, die sich langsam und immer mehr ihrer eigenen Rolle innerhalb der Popkultur bewusst wird, das scheint, wie der Plot einer „Black Mirror“-Folge, der Kern von „Choke“ zu sein. „Help, I’m drowning, there’s nobody around me“, sagt die Kunstfigur Poppy, als würde sie den Druck und die Erwartungen, die in Richtung eines Popstars gestellt werden, immer stärker spüren - und streckt trotzdem ihre Hand in Richtung ihrer Fans aus: „I need someone to save me, can you come and take me?“.

Ab und zu dann kurze Dissonanz der elektronischen Instrumente, wie ein Glitch in der Software, ein verzerrtes Lachen im Hintergrund, ein Refrain, der immer nur die eine Zeile wiederholt: „Choke, choke, choke“.

Das ist beklemmend und schaurig, wenn die künstliche Intelligenz Poppy nach unten zählt: „All systems are go, countdown, five, four, three, two, one“. Ein Reset der Popkultur hier auf der einen Seite, ein Neustart für Poppy auf der anderen. „And he stops me to tell me that the end is here. Transition completed“.

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