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Bilder aus dem Film Spider-Man: Far From Home

Sony/Marvel

„Spider-Man: Far From Home“: Die Marvel-Welle rollt weiter

Kaum ist mit „Avengers: Endgame“ ein zentrales Kapitel in der Marvel-Filmgeschichte erfolgreich abgeschlossen, geht die Superheldenaction bereits in die nächste Runde.

von Christian Fuchs

Die große kosmische Schlacht mit Thanos ist geschlagen, das Universum scheint gerettet, die Avengers haben sich nach dem „Endgame“ wieder in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Für Peter Parker alias Spider-Man heißt das: Zurück aus dem Weltraum an die Highschool. Eben noch im wahrsten Sinn des Wortes aus Asche auferstanden, geht es für den freundlichen Netzschwinger in „Spiderman: Far From Home“ wieder um ganz normale Teenager-Probleme.

Aber die Klassenreise nach Europa ist nicht ohne Komplikationen. Zum einen versucht Peter (Tom Holland) verzweifelt die Aufmerksamkeit seiner Mitschülerin MJ (Zendaya) zu erhaschen. Zum anderen droht der Welt wieder einmal die Vernichtung. Vier Giganten aus einer anderen Dimension, die Feuer, Wasser, Luft und Erde repräsentieren, tauchen aus dem Nichts an verschiedenen Orten auf. Ausgerechnet in Venedig, wo sich Peters Highschool-Klasse gemütlich herumgondeln lässt, herrscht bald das Chaos.

Nick Fury (Samuel L. Jackson), Gründer der Avengers Initiative, rekrutiert an Ort und Stelle den anfänglich kampfunwilligen Spider-Man, der sich der Herausforderung gegen die Elementals nicht gewachsen sieht. Aber da ist auch ein anderer Superheld in Aktion: Der geheimnisvolle Mysterio stammt ebenfalls aus einem Paralleluniversum, Jake Gyllenhaal spielt ihn mit verschlagenem Charme, gleichzeitig auch ein bisschen auf Autopilot.

Bilder aus dem Film Spider-Man: Far From Home

Sony/Marvel

Kalkulierte Leichtigkeit

Obwohl ein zentraler Twist die Story zur Halbzeit in eine andere Richtung lenkt, erfasst den Schreiber dieser Zeilen irgendwann die sanfte Langeweile. Sam Raimi hatte es Anfang der Nullerjahre noch leicht, denke ich mir. Er musste in seinen Spider-Man-Filmen bloß Action, Humor und aufrechte Sentimentalität auf poppige Weise verbinden. Was ihm in seiner Trilogie über den Netzschwinger über weite Strecken ziemlich gut gelang, vor allem im zweiten Teil.

Sein Regiekollege Jon Watts hat schon erheblich mehr zu leisten. Ironische Cleverness, nerdige Referenzen und auch massenkompatible Allerweltswitze müssen in „Spider-Man: Far From Home“ punktgenau mit Anflügen von Emotion, Unmengen von CGI-Getöse und strengen Diversity-Auflagen verschmelzen. Dazu kommt eine Hommage an Highschool-RomComs und das erdrückende inhaltliche Korsett des Marvel Cinematic Universe.

Trotz all dieser Auflagen und Zwänge soll „Spider-Man: Far From Home“ allerdings locker-flockig daherkommen. Nach dem überladenen Doom & Gloom von „Avengers: Endgame“ ist der Film taktisch als leichter Eventkinosnack gedacht. Diese Kalkuliertheit ist trotz einiger gelungener Szenen durchgehend spürbar und verleiht dem ach-so-lustig-bunten Comicblockbuster für zwischendurch etwas Verkrampftes. Es hat auch nichts Gutes für einen Film zu bedeuten, wenn die dramatischste Szene erst nach dem Abspann kommt.

Bilder aus dem Film Spider-Man: Far From Home

Sony/Marvel

Fanboy-Filmemacher und Multiplex-Monokultur

Peter Parkers Ferientrip mit Hindernissen wirkt vor allem auch im Kontext mit einem Konkurrenzfilm aus dem Vorjahr schnarchig. Das Animationsspektakel „Spider-Man: Into the Spider-Verse“ betörte nicht nur mit einem irrlichternden Farbenrausch, der Film wirkte auch inhaltlich und ideologisch wie ein blitzgescheiter Blick in die Zukunft des Superheldenkinos.

Mit Marvel ist das also immer noch so eine ambivalente Sache. Auf der einen Seite steht der Comic-Konzern für eine globale Multiplex-Monokultur, die längst bedrohliche Züge annimmt. Der Tag, an dem Superheldenstreifen, „Star Wars“ und 3-D-Animationskomödien die große Leinwand derartig dominieren, dass andere filmische Formen nur mehr im Patschenkino stattfinden, scheint vorstellbar. Auf der anderen Seite verdanken wir der anhaltenden Marvel-Welle auch ein Blockbuster-Kino, das schon lange nicht mehr so nuanciert und komplex war.

Bilder aus dem Film Spider-Man: Far From Home

Sony/Marvel

Während der Mainstream früher von Regisseuren wie Roland Emmerich und Michael Bay regiert wurde, die einzig den sinnlosen Bombast zelebrierten, wollen Marvels Fanboy-Filmemacher viel mehr. Die Russo-Brüder, Joss Whedon, Anna Boden und Ryan Fleck lassen inmitten ihrer Special-Effects-Orgien eine ernsthafte Liebe zum Fantastikgenre aufflackern, begeistern mit einer menschlichen Erdung der Charaktere und einem Hang zu originellen Erzählstrukturen. Lauter bemerkenswerte Tugenden, die einen vergessen lassen, dass sich mit dem neuen Spider-Man-Abenteuer wieder die Routine in der Marvel-Maschinerie einstellt.

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