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Megan Rapinoe feiert mit US-Frauen den WM Titel

APA/AFP/FRANCK FIFE

Rapinoes große Worte, Österreichs kleine Schritte

Die US-Fußballerinnen haben sich am Sonntag zum vierten Mal den WM-Titel gesichert. Das Turnier wurde begleitet von Gleichberechtigungs-Debatten. In Österreich ist der Hype nach dem EM-Halbfinale 2017 längst abgeebbt. Große Aufgaben und kleine Schritte stehen bevor.

Von Birgit Riezinger

Megan Rapinoe breitete ihre Arme aus. Ihre Mitspielerinnen kamen von hinten angelaufen, herzten sie, feierten sie. Es dauerte bis zur 61. Spielminute, bis die US-Amerikanerinnen am Sonntagabend im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich gegen die Europameisterinnen aus den Niederlanden in Führung gingen. Rapinoe, 34 Jahre alt, hatte soeben einen Elfmeter verwandelt. Rose Lavelle sorgte acht Minuten später für das 2:0. Dabei blieb es.

Rapinoe wurde gefeiert, als sie ausgewechselt wurde, als sie den goldenen Schuh für die erfolgreichste Torschützin bekam, als sie als beste Spielerin der WM geehrt wurde. Und Rapinoe wurde das ganze Turnier über gefeiert – für ihre sportlichen Leistungen, aber vor allem für ihre Aussagen. Immer wieder machte sie sich für Gleichberechtigung stark. Sie kritisierte den Weltfußballverband Fifa. Sie legte sich mit US-Präsident Donald Trump an.

Die sportlich beste Frauen WM aller Zeiten

Der zweite WM-Titel der USA in Folge und der vierte insgesamt kam nicht überraschend. Das Turnier war deshalb aber keineswegs fad. Die sportlich beste Frauenfußball-WM aller bisherigen Zeiten wurde im Vorfeld angekündigt. Das bewahrheitete sich. Warum? Erstens ist die Geschichte von Frauenfußball-Weltmeisterschaften noch eine kurze. Seit 1991 wird alle vier Jahre um den Titel gespielt. Die Männer haben diesbezüglich 61 Jahre Vorsprung, weshalb es bei den Frauen noch größere Entwicklungssprünge gibt.

Zum Zweiten ist die Weltspitze deutlich breiter geworden. Zum Dritten kassieren die meisten der „kleineren“ Nationen kaum mehr Debakel. Thailands 0:13 gegen die USA war eine Ausnahme.

Aufstockung des Turniers wohl ein Bärendienst für das sportliche Niveau

Das hohe Niveau des Turniers ist auch dem FIFA-Präsidenten aufgefallen. Als „phänomenal“, „unglaublich“ und „fantastisch“ beschrieb Gianni Infantino die WM. Und weil alles so großartig war, will der Schweizer, dass in vier Jahren 32 statt bisher 24 Nationen am Turnier teilnehmen. Sportlich täte er dem Frauenfußball damit keinen Gefallen, denn so groß ist die Dichte noch nicht. Es käme wieder zu größeren Niveauunterschieden und zu deutlicheren Niederlagen.

Aber Infantino hat erkannt, dass sich auch mit Frauenfußball Geld verdienen lässt. Und mehr WM-Spiele bedeuten mehr Einnahmen aus TV-Rechten, von Sponsoren und durch Ticketverkäufe.

Finanzieller Riesenunterschied gegenüber den Männern

Für die WM 2023 hat Infantino eine Verdoppelung der Preisgelder auf 60 Millionen Dollar angekündigt. Das klingt zwar gut, der Unterschied zu den Preisgeldern bei den Männern würde sich aber sogar noch vergrößern. In Katar 2022 sollen 440 Millionen Dollar ausgeschüttet werden.

Bei den Zuschauer*innen-Zahlen ist der Unterschied wesentlich kleiner. Bei der Männer-WM in Russland 2018 waren im Schnitt mehr als 47.000 Fans im Stadion. Bei den Frauen in Frankreich lag der Schnitt bei knapp 22.000. Das Finale in Lyon war, wie einige andere Spiele, ausverkauft.

Österreich hat den Hype nicht nutzen können

Von ausverkauften Stadien können Österreichs Fußballerinnen nur träumen: trotz des Hypes während der EM 2017 in den Niederlanden, als sie sensationell das Halbfinale erreichten. Denn dieser Hype war schnell vorbei. An der Qualifikation für die WM scheiterte Österreich – wenig überraschend. In Frankreich durften nur neun europäische Teams teilnehmen – bei der EM waren es 16. Auch spielerisch fehlte es dem ÖFB-Team ab Herbst 2017 an Konstanz. Rund 2000 Zuschauer*innen kommen durchschnittlich zu den Heimspielen des ÖFB-Teams.

ÖFB Frauen gegen Schweden

APA/HANS PUNZ

Im April hat das ÖFB-Frauen-Nationalteam 0:2 gegen die späteren WM-Dritten Schweden verloren.

Der ÖFB hat indes das Budget für die Frauen erhöht und zusätzliche Sponsoren an Land gezogen. Sogar das Stiefkind des heimischen Frauenfußballs – die Bundesliga – hat seit einem Jahr einen Sponsor. Jeder Erstligist erhält pro Saison eine niedrige fünfstellige Summe. Das sportliche Niveau der Liga ist dürftig, die Kluft zwischen Serienmeister SKN St. Pölten und den Nachzüglern der Zehnerliga groß. Fast alle Nationalspielerinnen verdienen im Ausland ihr Geld. St. Pölten kann sich mittlerweile ein paar Profis leisten. Die anderen Kickerinnen erhalten Taschengelder, arbeiten teilweise ganztägig, studieren oder gehen zur Schule. Der Zuschauer*innen-Schnitt liegt bei etwa 140. ORF Sport+ überträgt seit 2018 mindestens zehn Spiele pro Saison.

Vermarktungsoffensive für die Liga

Für die kommende Saison, die am 18. August beginnt, verspricht der ÖFB eine Vermarktungsoffensive für die Liga. Details werden noch präsentiert. Wirklich weiterhelfen würde der Liga, wenn namhafte Vereine wie Rapid Wien oder Red Bull Salzburg das Thema Frauenfußball ernsthaft angehen würden. Rapid hat zumindest schon den Willen bekundet, ein Frauen-Team zu gründen, bis dahin könnten aber noch ein paar Jahre vergehen. Derzeit sind von den Erstligisten bei den Männern nur St. Pölten und Austria Wien als Kooperationspartner, sowie Sturm Graz in der ersten Frauen-Liga vertreten.

Welchen Boost es einer Liga geben kann, wenn sich namhafte Männervereine im Frauenfußball engagieren, zeigt sich derzeit in England und in Spanien. Im März sorgten knapp 61.000 Fans beim Spitzenspiel zwischen Atlético Madrid und dem FC Barcelona für einen Zuschauer*innen-Rekord bei einem Frauenfußball-Ligaspiel.

Einen Zuschauer*innen-Rekord für ein Frauenfußball-Spiel in Österreich wird es beim Champions-League-Finale am 24. Mai 2020 in der Wiener Generali-Arena geben. St. Pölten wird sicher nicht daran teilnehmen, die Gegnerinnen für die erste Runde im September stehen noch nicht fest. Sturm Graz versucht sich im August für die Hauptrunde zu qualifizieren.

ÖFB-Frauen starten in EM-Quali

Für das Nationalteam wird es ab 3. September wieder ernst. Zum Auftakt der Qualifikation für die EM-Endrunde 2021 in England empfängt das Team von Dominik Thalhammer Nordmazedonien. Die weiteren Gegner sind Serbien, Kasachstan und Frankreich. Die zweite Endrunden-Teilnahme ist das erklärte Ziel. Die neun Gruppensieger und die drei besten -zweiten haben ein Ticket sicher. Die restlichen sechs Gruppenzweiten spielen in einem Playoff um die restlichen drei Startplätze.

In England 2021 werden andere Spielerinnen gefeiert werden. Und Megan Rapinoe? Wird vielleicht nicht mehr Fußball spielen, aber sicher nicht verstummen.

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