FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Szenen aus dem Film Kids

Miramax

Das erste Mal: „Kids“

Der Klassiker aus 1995 haut dich in seiner brutalen Direktheit auch heute noch um beim ersten Mal.

Von Felix Diewald

Ich habe „Kids“ nie gesehen, ein echter Skandal-Film aus den Neunzigern, habe ich mir sagen lassen. Was ich wusste: Es geht um verrohte Skater-Kids, die ein wildes Leben mit Sex, Drogen und Party in New York leben.

In der FM4 Sommerserie „Das erste Mal“ stellen sich Redakteur*innen jenen berühmten Streifen, die sie bislang immer verpasst haben.

Ich treffe mich also mit ein paar Freunden am einzig richtigen Platz für diese Film-Premiere: dem Wiener Heldenplatz (weil dort hängen die Skater ab). Wir wollen den Film auch auf die einzig richtige Weise konsumieren: also mit illegalem Stream am 13-Zoll-Laptop, denn so, bin ich mir sicher, hätten es die „Kids“-Charaktere heute wohl selbst getan.

Szenen aus dem Film Kids

Miramax

1995 vs 2019

Bevor der Film beginnt, denke ich mir noch: Okay, was 1995 im prüden Amerika als heftig gegolten hat, wird heute, 23 Jahre später, auf mich wohl nicht mehr so crazy wirken – die Gesellschaft ist ja doch liberaler geworden. Da habe ich mich getäuscht.

Denn dieser Film, das ist gleich klar, ist auch jetzt noch unglaublich hart und unangenehm anzuschauen. Regisseur Larry Clark wirbt Skater, die sich auf den Straßen New Yorks rumtreiben, als Schauspieler an und zeigt das Leben einer Buben- und einer Mädchen-Clique, fast schon dokumentarisch - und vollkommen ungeschönt.

„Kids“ ist immer noch heftig

In „Kids“ sieht man Volksschulkinder, die Kiffen, bis sie halluzinieren, sieht man Homophobie im Skaterpark und einen Typen, der ohne Grund fast zu Tode geprügelt wird.

Unterbrochen wird die Handlung durch lange und explizite Sexszenen, in denen junge Mädchen von ein bisschen älteren Burschen auf sehr ungute Weise überredet werden, sich von ihnen entjungfern zu lassen. In den derben Dialogen der Teenager geht es dann auch um alles, was mit Sex zu tun hat. Nur über Verhütung und Safe Sex redet keiner. Selbst als eines der Mädchen positiv auf HIV getestet wird.

Szenen aus dem Film Kids

Miramax

Provokant & smart oder problematisch

Nach dem Film bin ich verwirrt und fahre nach Hause. Das Internet sagt mir: „Kids“ ist der wohl der umstrittenste Film der 90er gewesen. Als er rauskommt, lese ich, landet der Film auf dem Index, die Produktionsfirma wird verklagt und es gibt Vorwürfe, dass Minderjährige pornographisch dargestellt werden. Befürworter finden, dass „Kids“ provokant und smart zeigt, was passiert, wenn die Eltern nicht aufpassen. Kritiker sagen, dass der Film den problematischen Lifestyle der Jugendlichen glorifiziert. Deshalb hat „Kids“ für einen Film-Klassiker online relativ schlechte Bewertungen. Und steht wahrscheinlich in keinem Schullehrplan auf dieser Welt.

Aber lassen wir mal all die negativen Emotionen beiseite, die der Film beim Schauen in mir hervorruft: Es ist toll, dass am Ende eben kein nüchternes Happy End inklusive Läuterung und verantwortungsvoller Message kommt, wie bei circa jedem anderen Drogenfilm. Die Jugendlichen machen einfach weiter wie bisher.

„Kids“ ist, trotz seiner schwer aushaltbaren Direktheit, immer noch ein großer Film, denn er urteilt nicht über die Jugendlichen, sondern zeigt sie, wie sie sind.

Szenen aus dem Film Kids

Miramax

Aktuell: