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Aurora neues Album „A Different Kind Of Human“

Die norgwegische Electropop-Songschreiberin Aurora veröffentlicht mit „A Different Kind Of Human (Step 2)“ ein Konzeptalbum voller Songs, die mit jedem neuerlichen Hören wachsen. Billie Eilish oder Lorde hat sie etwa schon von ihrer Musik überzeugt.

Von Eva Umbauer

Seit Wochen höre ich die neuen Songs von Aurora, eben seit ihr neues Album erschienen ist, und jedes Mal gibt es dabei Neues und Spannendes zu entdecken, weil „A Different Kind Of Human (Step 2)“ insgesamt experimenteller ist, als die beiden vorigen Alben der Norwegerin.

Dennoch sind die neuen Songs von Aurora Aksnes gewissermaßen mit denen ihres letzten Longplayers, „Infections Of A Different Kind“, verbunden. Deshalb auch der Zusatz „Part 2“ im Titel vom neuen Album. Electronic-Folk/Pop einer tollen Stimme - mit theatralischer Note, Herzblut und Charisma. Ätherischer, märchenhafter Synthpop mit Empowering-Messages, das ist die Musik von Aurora, deren Name von „aurora borealis“, vom Polarlicht kommt.

„I know, I’m just a girl, but can I change lives?... I think, I can.“ - Aurora in „Daydreamer“

Die Songs von Aurora sind noch immer durchdacht und filigran, aber jetzt durchaus auch schon mal in einen härteren, lärmigeren Sound gewandet. Das verwundert aber gar nicht, zumindest wenn man weiß, dass Aurora die Musik der US-Band Tool mag, genauso wie A Perfect Corcle, das andere Bandprojekt von Tool-Sänger Maynard James Keenan.

In einer der neuen Singles, nämlich „The Seed“, hört man diese Härte gut, wo Aurora singt: „When the last tree has fallen, and the rivers are poisoned, you cannot eat money.“

Wut, aus der was Gutes entsteht

Diese Songzeile vom Geld, das man nicht essen kann, geht zurück auf einen Ausspruch der nordamerikanischen Ureinwohner. Ökologie und Umweltschutz ist eines der sehr aktuellen Themen am neuen Album von Aurora. Sie ist wütend, dass die Erde in keinem guten Zustand ist. „A Different Kind Of Human (Step 2)“ ist eine Art Konzeptalbum über Mutter Erde und deren Nöte, über Gier und Verderben, über eine Gesellschaft am Abgrund. Aurora meint aber nicht blinden Zorn, wenn sie von „anger“ spricht, denn dieser ist ja zerstörerisch, sondern sie spricht von Wut, aus der Motivation und daraus etwas Gutes entsteht.

„I’m reaching light through the struggle“, heißt es weiter in „The Seed“ von Aurora. Das Dunkle und das Helle, ja, auch die persönliche Erleuchtung darf angedacht werden im lyrischen Universum der Norwegerin. Esoterik a la Enya - die große irische Musikerin mit dem 90er-Jahre-Hit „Orinoco Flow“ - ist eine weitere Inspirationsquelle von Aurora, genauso wie das britische 80er/90er-Jahre-Trio The Cocteau Twins, die frühe Florence & The Machine, Björk, die schwedische Electropop-Musikerin Robyn oder auch das „Ray Of Light“-Album von Madonna aus den späten 90ern.

Wer ist Aurora Aksnes?

In Großbritannien wurde Aurora vor ein paar Jahren mit ihrer Coverversion vom Oasis-Song „Half The World Away“ bekannt. Ein Kaufhaus verwendete den Song als vorweihnachtliche Werbung und verhalf damit Aurora in die britischen Charts. Das Stück findet man auf der Deluxe-Ausgabe von Auroras Debütalbum, dem 2016 erschienenen „All My Demons Greeting Me As A Friend“.

Aurora Aksnes schrieb erste Melodien als sie sechs Jahre alt war und erste Songtexte mit neun. Im Alter von zwölf Jahren komponierte sie bereits komplette Stücke. Songs wie „Running With The Wolves“ gehen auf diese so frühen künstlerischen Anfänge von Aurora zurück.

P.S.: Aurora schrieb am aktuellen Album des englischen Electronic-Duos The Chemical Brothers drei Tracks mit. Aber auch etwa für die deutsche Songcontest-Teilnehmerin Lena Meyer-Landrut komponierte Aurora Aksnes schon. Zu ihren Verehrerinnen zählen etwa auch die US-Musikerin Billie Eilish oder die Neuseeländerin Lorde. Aurora ist ein Phänomen.

Die junge, alte Seele

Aurora spielt Klavier, Keyboards, Schlagzeug, Bass und Harfe. Aurora ist jung, aber gleichzeitig ist sie auch eine wunderbar alte Seele. Gegensätze gehören ganz selbstverständlich zu ihr. Sie ist verwurzelt in der Mythologie der nordischen Elfen und Trolle, aber auch von Engeln und dämonischen Fantasy-Wesen verzaubert, von Moorhexen und Fabeltieren. Mal zaubert sie uns einen großen Sternenhimmel in „Dance On The Moon“, und dann wieder geht es um männlichen Suizid, im Song „The River“.

David-Bowie-Fan Aurora ist also nicht „weltfremd“, auch wenn sie im Albumtitelsong „A Different Kind Of Human“ als eine Art Außerirdische zu uns auf die Erde kommt: „We are coming in peace“, singt Aurora und fragt: „Are you awake or are you sleeping?“.

Im Titelsong ihres neuen Albums schreibt Aurora auch Textzeilen wie „Oh superman, are you with me when I am too weak?“ Das ist eine subtile Referenz an „O Superman“, jenes experimentelle Song-Epos der New Yorkerin Laurie Anderson aus den frühen 1980er Jahren.

Ihre letzten Songs nahm Aurora zum Teil in einem richtig großen Tonstudio in Frankreich auf, die neuen hingegen in einem beinahe winzigen in Norwegen: Blaue Wände und einen purpurfarbenen Boden gibt es dort. Nur sie und ihr Schlagzeuger Magnus Skylstad stellten die Songs dort fertig, die Aurora zum Teil bereits, während sie auf Welt-Tournee war, in diversen Studios als Demo-Versionen eingespielt hatte.

„Another Kind Of Human (Part2)“ wächst mit jedem Hören

Aurora zeigt uns, dass Popmusik nicht unbedingt oberflächlich sein muss. Die neuen Stücke von Aurora Aksnes sind zwar vom Klang her insgesamt „polierter“ als ihre vorherigen Songs, das macht das Erlebnis Aurora aber fast noch klarer.

Das Organische, etwa die „tribal“ Percussion, ist selbstverständlicher Bestandteil der Produktion. „Another Kind Of Human (Part2)“ ist eine höchst engagierte und verführerische Song-Collection, die erst ein wenig Aufmerksamkeit bedarf, aber dann mit jedem Mal Hören wächst und wächst.

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