Artist Of The Week: Tycho

Der amerikanische Musiker und Produzent Tycho hat für sein fünftes Album - „Weather“ - die Bandstruktur aufgegeben und ist als Producer mit der Sängerin Saint Sinner im Studio gewesen, um ein unbeschwertes Album gegen den apokalyptischen Zeitgeist aufzunehmen.

Von Natalie Brunner

Es gab eine Zeit, da war es unverfänglich, Small Talk damit zu beginnen, dass man über das Wetter redet. Dieser Tage öffnet man mit diesem Thema aber die Büchse der Pandora und läuft Gefahr, dass das Gegenüber und Umstehende in kürzester Zeit „Klimakatastrophe“ schreiend und Haare raufend das Weite suchen. Das ist aber nicht der Grund, warum Tycho sein neues Album „Weather“ genannt hat. Für ihn ist es eine Metapher für die Nichtigkeit des menschlichen Willens im Angesicht von etwas so Alltäglichem wie dem Wetter.

Tycho ist der in San Francisco lebende Producer und Musiker Scott Hansen, der, wie er im Interview erzählt, sich nicht besonders viel aus sozialer Interaktion macht, aber trotzdem etwas zur positiven Befindlichkeit seiner Mitmenschen beitragen will: Musik gewordene Gelassenheit.

Tycho wird immer öfter von dem Gefühl überkommen, dass er genug Städte, Beton, Menschen, Autos und Flughäfen gesehen hat. Er hat Sehnsucht nach dem Ort, wo er aufgewachsen ist, einer grünen Idylle. Diese Sehnsucht hat er in den Nummern „Into the Woods“, „No Stress“, „Easy“ und auch „Weather“ vertont.

Der Song „Japan“ ist eine Verbeugung vor der sehr grünen Insel, auf der für aus dem Westen Kommende sehr faszinierend Technologie, Tradition und Natur nebeneinander und auch miteinander existieren. Die ätherische Stimme, die uns da eine zwischenmenschliche Liebesgeschichte erzählt, stammt von Saint Sinner, der Sängerin Hannah Cottrell.

Be fearless about any type of love and be fearless about losing love, love is never lost.

Saint Sinner ist halb so alt wie Scott Hansen aka Tycho und die beiden haben erst begonnen zusammenzuarbeiten, als die Musik schon fertig war. Saint Sinner hat ergreifende, emotionale Texte geschrieben, die, auch für Tycho selbst überraschend, das Album in eine neue Richtung gedreht haben. Es geht um Veränderung. Wie Begegnungen, Romanzen, aber auch Werke ein Katalysator sein können und einen zu einer neuen Person machen.

Was Saint Sinner über den Song „Pink & Blue“ schreibt, ist so schön, dass ich es euch nicht vorenthalten möchte. Niemand muss sich entscheiden und mensch muss auch keiner verlorenen Liebe nachtrauern, weil Liebe ist niemals verloren:

„I went from being a young religious kid who thought she would marry a man to a young woman who realised her love for women. ‚Pink & Blue‘ is a love song to no one, to everyone, and to myself. It’s a sweet reminder to all lovers to hold onto their love with open arms; to be fearless about any type of love and to be fearless about losing their love. Love is never lost.“

Die unverfängliche Positivität von Tychos Musik fängt die Schwere der Worte ab. Sie bringt den optimistisch in die Zukunft blickenden Vibe, der sich durch „Weather“ zieht, trotz der Veränderungen, die sich am Firmament von Tycho und Saint Sinner abzeichnen.