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mit akzent

Sommernachtsfernsehen

Todor hat keinen Fernseher. Er beobachtet aber gern Menschen beim Fernsehen, und manchmal probiert er es selbst.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich besitze keinen Fernseher. Ich bin so sehr daran gewöhnt, dass ich mich jedes Mal, wenn ich an einem Ort bin, wo Menschen gerade fernsehen, dabei ertappe, wie ich sie beobachte. Denn der Fernseher dient im öffentlichen Raum oft als Bühnenbild.

Auf Flughäfen laufen vor allem Nachrichten. Man möchte meinen, dass Fluggäste ihre Politiker so sehr lieben, dass sie nichts von deren weisen Reden verpassen wollen, während sie auf ihre Flieger nach Bodrum, Mallorca oder auf die Kanaren warten. Menschen in strenge Anzügen sprechen zu Menschen in bunten Shorts. Besonders aufgefallen ist mir ein Herr, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „I’m not anti-social, I’m anti-idiot“ trug. Aus seinem Gesicht sprach aber genau das Gegenteil, und er schaute wie hypnotisiert in die Glotze.

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In Cafés laufen oft Modesender. Über den Laufsteg defilieren Supermodels in fantastischen Kleidern. Ich finde, man muss ein Masochist sein, um sich so was anzuschauen. Wenn ich länger als 10 Minuten einen Modesender anschauen würde, dann würde ich entweder zum Massenmörder oder zum Hare-Krishna-Anhänger werden.

In Pubs hingegen schaut man immer Sport. Die meisten Sportfans in Pubs sehen so aus, als ob ihre Lieblingsdisziplin „acht Bier mit einem Grillhähnchen als Hindernis“ wäre. Wenn Boxen läuft, schwellen ihre Gesichter mit jeder Runde stärker an, genau so wie die Gesichter der Boxer.

Am Wochenende war ich in einem Hotel. In meinem Hotelzimmer hatte ich mehr als 200 Kanäle. Ich sagte mir, ich sollte reinschauen. Ich landete bei einer Realityshow nach amerikanischem Muster, die die Arbeit von Polizisten im Wiener Bezirk Ottakring verfolgte. Die mutigen Wiener Polizisten verhafteten vor meinen Augen einen illegalen Christbaumverkäufer. Sie checkten, ob sich der Verkäufer legal in Österreich aufhielt. Sie schienen leicht enttäuscht, dass er doch legal da war.

Ich fragte mich, was wohl auf den anderen Kanälen läuft, doch ich gab auf. Es hat keinen Sinn, sich eine Realityshow anzuschauen, wenn man die Realität kennt. Ich schaltete den Fernseher aus.

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