FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Jesca Hoop

Jesca Hoop

song zum sonntag

Jesca Hoop auf der Suche nach der Empathie

Der Song zum Sonntag: Jesca Hoop ft. Lucius - Free of the Feeling

Von Christoph Sepin

In einer wunderlichen Welt der Absurditäten, in der sich Fakten und Fiktion scheinbar vermischen, ist es oft gar nicht so einfach Dinge beim Namen zu nennen. Zu seltsam oft das was passiert, zu häufig ändern sich Begriffe wie Wahrheit und Lüge, zu schnell werden Sachverhalte umdefiniert und umgedeutet. Jesca Hoop beobachtet diese Welt und verzichtet auf zu viele Beschreibungen. Stattdessen nimmt die Musikerin den besungenen Objekten in „Free of the Feeling“ die Namen weg und versucht sich an neuen Bedeutungen.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Vier Soloalben hat die Songschreiberin aus Kalifornien und ehemalige Nanny von den Kindern von Tom Waits seit 2007 veröffentlicht, mit „Stonechild“ ist jetzt ihr fünftes erschienen. Ein „compassion record“, ein Album des Mitgefühls ist das laut Beschreibung. „Free of the Feeling“ als Opener der Platte passt genau in dieses thematische Konzept und macht sich nebenbei auch noch auf die Suche nach der fehlenden Empathie.

Im Vordergrund, das wird schnell klar, sollen hier das Geschichtenerzählen und die Songtexte von Hoop stehen. Takte drehen sich im Kreis, verschwimmen im Hintergrund, geben ein monotones, repetitives Musikbett vor. Darüber beginnt Hoop beiläufig mit ihrer Beobachtung der Seltsamkeiten dieser Welt. Sie spricht von Glocken, deren Töne nicht mehr zu hören sind, von einem Nachthimmel ohne Sterne, von Augen, denen es an Helligkeit fehlt. Die Welt in „Free of the Feeling“ ist eine, die sich durch die Dinge definiert, die nicht sind und fehlen. „Out where there’s no whites of eyes, out where there’s no stars“.

Die Welt der Namenlosen ist leer und kalt und es fehlt an Sinn. „To get free of the feeling“, wiederholt Hoop im Refrain, das Fehlen von Emotionen ist hier das Hauptthema, das Fehlen von Mitgefühl und Mitleid. Stattdessen machen sich die Menschen in Hoops Geschichte auf die Suche nach der Dunkelheit und quetschen sich in nächtliche Bars, wohl um die Leere und Kälte irgendwie zu kompensieren. „Streetlights and cameras, we’re separate and alone“.

Jesca Hoop live

  • 25. Oktober 2019, Haus der Musik, Wien

In dieser Wüste der Menschlichkeit gibt es kaum etwas, das Hoop wiedererkennt. Der Himmel heißt nicht Himmel, die Luft heißt nicht Luft, der Fluss heißt nicht Fluss: „Out there is no river that has been named river, washing over no sinner that has been named, let it rain“.

„Free of the Feeling“ ist abstrakt und mysteriös, funktioniert dennoch als Beschreibung einer neuen Welt, die sich oft düster und mitleidslos anfühlt. Trotzdem behält Hoop einen gewissen Grundoptimismus, agiert als Reiseführerin durch die Landschaften, die ihre Texte beschreiben. Auch wenn alles leer und namenlos ist, schafft sie es damit, Schönheit in den Dingen zu finden. Dabei hilft ihr der persönliche, emotionale Zugang: Sie sei "guided more from instinct than study”, so Hoop und lässt mit der einen, wichtigsten Textzeile in ihre Gedanken blicken: „The book might tell me what to think but the pulse is what I know“.

Aktuell: