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Bob Dylan - Subterranean Homesick Blues

Screenshot Bob Dylan/ D.A. Pennebaker

Look out kid, it’s somethin’ you did

D. A. Pennebaker, Erfinder des Musik-Videos und Pionier des Direct Cinema-Dokumentarfilms, ein Mann, der unser Verständnis für Bildsprache geprägt hat, ist dieser Tage gestorben.

Von Martin Blumenau

Das kennt ihr alle, oder?

Dylan hatte die Idee, sein Kumpel Bob Neuwirth, der Poet Allen Ginsberg (die Figuren im Hintergrund) und sein britischer Klon Donovan haben die Cue Cards gemalt und Donn Alan, genannt D. A. Pennebaker hat es gefilmt. Das erste Musikvideo, letztlich.

Pennebaker war von Dylans Manager Albert Grossmann beauftragt worden Dylans UK-Tour 1966 dokumentarisch zu begleiten. Pennebaker war Grossmann aufgefallen, weil er bis dorthin sowohl politische als auch musikalische Themen aufgegriffen und auf eine Art umgesetzt hatte, die als revolutionär galt. Pennebaker hatte in „Primary“, einer heute noch stilprägenden Doku über den Vorwahlkampf der Demokraten zur US-Präsidentschaftswahl 1960 unter anderen John Kennedy begleitet, später auch „Crisis“ über den Konflikt von Justizminister Robert Kennedy mit dem rassistischen Governor Wallace. Er stand in Kontakt mit dem revolutionären französischen Filmer Jean-Luc Godard (der ab 1968 im gemeinsamen Projekt 1PM kulminierte), und er hatte mit Jazz-Musik-Clips experimentiert.

Grossmanns Idee ging auf: Pennebakers Dylan Doku „Dont look now“ veränderte das bis dorthin brave Genre entscheidend. Scorseses aktuelle Netflix-Doku über die Rolling Thunder Revue zehrt immer noch von Pennebakers Aufnahmen. Und der vorangestellte Clip zu Subterranean Homesick Blues markierte den Beginn der Entwicklung des Musikvideos. Und sein Schmäh wird bis heute kopiert und zitiert.

D. A. Pennebaker

APA/AFP/Robyn Beck

D.A. Pennebaker bei einem Screening der Oskar-nominierten Dokumentation „The War Room“ im Oktober 2018.

Pennebaker blieb aber der unbestechliche Chronist und Dokumentarist, der mit seiner Handkamera immer direkt am Geschehen war. Legendär sein „Monterey Pop“-Film über das Monterey Festival 1967 (schlägt Woodstock deutlich), seine Ziggy Stardust and the Spiders from Mars-Tourdoku mit David Bowie (1973), seine Film „101“ über Depeche Mode (1989) und vor allem die Polit-Doku „The War Room“, als Pennebaker gemeinsam mit seiner Frau Chris Hegedus einen heute noch packenden Blick hinter die Clinton-Campaign zur Präsidentschaftswahl 1994 wirft und erstmals die Rolle der spin doctors in den Mittelpunkt stellt. In den letzten 20 Jahren verbreiterte sich die Themen-Palette des nun als Duo auftretenden Dokumentaristen-Paares deutlich, ihr letztes Werk von 2016, Unlocking the Cage, thematisierte Tier-Rechte.

Pennebaker vermied voice-over-Kommentare und klassische Interviews, sondern hielt seine von ihm selber technisch weiterentwickelte Handkamera in und aufs Geschehen. Die Dynamik und Wucht dieses sehr direkten Zugangs konnte er in den Montage noch verstärken.

Pennebaker war 94. Die US-Medien wie die New York Times oder der Rolling Stone nennen ihn „Pioneer of Cinéma Vérité“, die LA Times bezeichnet ihn treffend als „Bob Dylan mythmaker“. Das Dylan-Fanportal Expecting Rain hat die wichtigsten Nachrufe gesammelt.

Es gibt dieses berühmte Still-Foto aus „Don’t Look Back“, Dylan sitzt seitlich am Piano, Wuschelkopf, Sonnebrille, Tschick im Mund. An der Wand steht Pennebaker, mit einem ein wenig lächerlichen Zylinder und seiner Kamera, ein Auge am Sucher. Das andere Auge verdeckt er durch seinen Finger, wohl eher zufällig, aber dann doch sehr symbolträchtig.

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