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Screenshot aus "Cytus II"

Rayark Games

Das Game „Cytus II“ macht Rhythmusspiele wieder super

Das Genre Musikspiel lag im Westen einige Jahre lang im Dornröschenschlaf. Das unkonventionelle Smartphone-Game „Cytus II“ hat es wieder aufgeweckt.

Von Robert Glashüttner

Rhythmus-Videospiele sind in Japan geboren und haben von dort ihren Weg in die Welt gefunden. Heutige Klassiker wie „Dance Dance Revolution“, „Parappa the Rapper“, „Samba de Amigo“, oder „Elite Beat Agents“ haben dieses Genre von Mitte der 90er bis Mitte der 2000er Jahre geprägt und groß gemacht.

Das Musikspiel ist bald auch in den Westen rübergeschwappt. Mit „Guitar Hero“ und „Rock Band“ gab es sogar eigene Serien, die bis Anfang der 2010er Jahre erfolgreich waren. Danach wurde es bei uns eher still um Rhythmus-Games. Doch es gibt sie noch, und einer ihrer großartigen zeitgenössischen Vertreter ist gänzlich ohne sperrige Plastikinstrumente und dafür auf den meisten unserer Smartphones spielbar.

Das Zeitalter der Virtual Idols

Japanophile Menschen werden mit der Kunstfigur Hatsune Miku (seit 2007) vertraut sein. Sie ist ein virtueller Popstar, die durch Projektionen und Gesangsalgorithmen zum Leben erweckt wird und Livekonzerte gibt. Hatsune ist die Urform des sogenannten Virtual Idols, ein fiktiver Star, der ebenso glamorös wie mysteriös inszeniert wird, um eine möglichst hohe Strahlkraft entwickeln zu können. Warum sollte das Prinzip Pop nur mit echten Menschen funktionieren?

Rund 20 Hatsune Miku-Videospiele sind seit 2009 erschienen, allerdings fast ausschließlich für den japanischen Markt. Erst ein anderes Game sollte das Prinzip des Virtual Idols in die Welt hinaustragen und einem etwas verstaubten Game-Genre wieder neues Leben einhauchen.

Wehklagen am Kokytos

2012 veröffentlicht die Taiwanesische Gamesfirma Rayark Games ihr Rhythmusspiel „Cytus“ für mobile Plattformen. Das Game ist eine Mischung aus Musikspiel und Science-Fiction-Geschichte, die aus einem 22. Jahrhundert erzählt, in der das einzig menschlich Lebende nur noch Emotionen im Speicher von Robotern sind. Cytus ist abgeleitet vom griechischen Kokytos, einem Seitenarm des Unterweltflusses Styx. Wenn man aus ihm trinkt, hat man die Erkenntnis, dass es mit einem zu Ende gegangen ist.

Screenshot aus "Cytus II"

Rayark Games

Ist ein Song eines Virtual Idols ausgewählt, wählt man als nächstes den Schwierigkeitsgrad. „Chaos“ hält vor allem ab Stufe 10, was der Name verspricht.

„Cytus“ wird ein Riesenerfolg und sorgt für eine hohe Dynamik in der Entwicklung von einigen anderen Virtual-Idol-Games. Sechs Jahre später legt Rayark nach und veröffentlicht „Cytus II“. Das Spielprinzip ist das selbe geblieben, dafür sieht das Game visuell nun auch wesentlich besser aus und birgt neue Charaktere und eine frische Geschichte. Ein Rhythmus-Game, das gleichzeitig eine Mischung aus Textadventure und Visual Novel ist - so etwas erlebt man nicht oft.

Abhängen in Cytus

In einer nicht näher definierten Zukunft ist Cytus eine Mischung aus Online-Dienst und virtueller Welt, wo sich vor allem viele Musiker und Musikerinnen tummeln. Da gibt es Puff, Neko, Robo Head, Xenon und noch einige mehr. Sie interagieren in Form von Blogposts untereinander, und natürlich auch mit ihren Fans. Die eine arbeitet gerade an einem neuen Song, der andere hat ein wiederentdecktes Instrument probiert, jemand anderer tritt bald live irgendwo auf, und so weiter. Wir lesen uns diese Texte und Kommentare durch - aber das ist nur die Story zwischendurch.

„Cytus II“ ist für Android und iOS erschienen. Der Großteil der Inhalte ist frei zugänglich. Kostenpflichtig sind Song-Packs, mit denen man seine virtuelle Musiksammlung später erweitern kann. Das Game wird regelmäßig mit neuem Content aktualisiert.

Im eigentlichen Game spielen wir die Songs dieser fiktiven Musikerinnen und Musiker mit unseren Fingern nach. Jeder Song in „Cytus II“ dauert rund zwei Minuten, und während er gespielt wird, oszilliert eine horizontale Linie unentwegt von oben nach unten. Auf dem Bildschirm unseres Smartphones tauchen dabei überall ständig Punkte auf, die wir im Rhythmus treffen müssen – und zwar immer dann, wenn die Linie gerade auf der jeweiligen Höhe ist. Es ist also ein bisschen so, wie die meisten Musikspiele funktionieren: Wir müssen zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Knöpfe drücken - idealerweise im Rhythmus der Musik. Je besser und je fehlerfreier wir das schaffen, desto größer ist am Schluss des Songs der Punktestand.

J-Pop, Trance, Breaks, Drum and Bass

Es gibt in „Cytus II“ dutzende Songs in jeweils drei Schwierigkeitsstufen. Sie zu meistern, bringt uns nicht nur Punkte, sondern schaltet auch Schritt für Schritt neue Songs und Story-Elemente frei. Erst mal können wir diese Fragmente nur durchlesen, doch weil die narrativen Fäden sehr zerstreut und manchmal kryptisch sind, ist immer wieder detektivisches Vorgehen notwendig, um die Inhalte sinnvoll zusammensetzen zu können.

Die Kombination aus Musikspiel und dem Lesen von Blogposts und Kommentaren ist erstaunlich gelungen. Das rhythmische Tappen der schrillen, unterhaltsamen J-Pop- und Elektronik-Tracks macht viel Spaß, und die kurzen Texte, die inhaltlich von zwischenmenschlichen Banalitäten über kulturhistorische Aufarbeitung bis hin zu digitaler Überwachung reichen, sind verblüffend reichhaltig.

Screenshot aus "Cytus II"

Rayark Games

Der Kreis schließt sich: Seit Ende Mai ist Hatsune Miku auch als Charakter in „Cytus II“ spielbar. Die Figur samt ihrer 13 Songs ist ein Jahr lang um 11 Euro erhältlich.

Obwohl sowohl „Cytus“ als auch „Cytus II“ sehr erfolgreiche Games sind, sind ihre Namen in unseren Breiten noch eher unbekannt. Das sollte sich ändern, denn diese Games sind mindestens so niederschwellig zugänglich und unterhaltsam wie eine Runde „Candy Crush“. „Cytus II“ ist eines der besten Smartphone-Games überhaupt.

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