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still aus The breakfast Club

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When you grow up your heart dies

Wie konnte mir dieser Film nur bisher entgehen? Und wer wäre ich heute, hätte ich ihn als Teenagerin gesehen? Dass ich ihn mir damals mindestens 200 Mal angeschaut hätte, so viel steht fest. Wenn ich ihn nicht gestern zum allerersten Mal gesehen hätte.

Von Conny Lee

Das Bild von fünf jungen Menschen, die auf einem Geländer sitzen und komplett unterschiedliche Typen sind - das habe ich schon lange gekannt. Und selten erzählt ein Filmstill so viel über den Film selbst, wie im Fall von „The Breakfast Club“. Auf den ersten Blick sind sie fünf Stereotype, fünf Rollen, zu fünf unterschiedlichen Cliquen gehörige Teenager: the Brain, the Athlete, the Basket Case, the Princess and the Criminal.

In der FM4 Sommerserie „Das erste Mal“ stellen sich Redakteur*innen jenen berühmten Streifen, die sie bislang immer verpasst haben.

Das einzige, was sie eint ist, dass sie an ihrem freien Samstag neun Stunden lang (!!) in der Schule nachsitzen müssen. Schon als die Fünf beim Schulgebäude ankommen, werden die klassischen Rollen deutlich veranschaulicht, dadurch wie sie zur Schule gebracht werden: Brian, der Streber, bekommt bevor er aus dem Auto aussteigt noch eingebläut, das Nachsitzen zum Lernen zu nutzen, dagegen wird der rebellische, ewig aufsässige John Bender, nicht von den Eltern gebracht sondern kommt alleine, zu Fuß. Und so geht es im gesamten Film darum, wie die Jugendlichen irgendwelchen Stereotypen entsprechen, in Rollen gedrängt werden und wie sie dabei erst noch selbst dabei sind, sich zu definieren. So stellt auch der Aufsichtslehrer - Feindbild Mr. Vernon - ihnen für den Tag die Aufgabe, einen Aufsatz darüber zu schreiben, wer sie sind. „You see us in simple terms,“ schreiben sie ihm als Antwort.

Szenenbild aus "The Breakfast Club"

Universal

Nachsitzen als Bestrafung ist in Österreich verboten, daher kenne ich die Situation aus dem Film nicht, einen freien Tag in der Schule wortwörtlich absitzen zu müssen. Aber viel anderes aus dem Film ist so unendlich vertraut und in Erinnerung: Das Sich-gemeinsam-Langweilen, das permanente sich an den anderen Reiben, Messen und Andocken. Aber vor allem das Gefühl als Teenager, den Launen der Erwachsenen ausgeliefert zu sein, der Willkür von Autoritätspersonen, die sich nur dafür interessieren, dass man „funktioniert“, nicht dafür, wie es einem dabei geht. Deutlich wird das im Film am Machtkampf zwischen Mr. Vernon und dem Troublemaker John Bender*.

*) Übrigens soll Mr. Vernon Matt Groening als Inspiration für Rektor Skinner aus den Simpsons gedient haben, ebenso wie das „Eat my short“ von John Bender zum typischen Stehsatz von Bart Simpson wurde. Auch die Figur Bender aus Futurama soll angeblich ihren Namen in Anlehnung an die Figur aus „The Breakfast Club“ haben.

Die Erwachsenen, das sind die Anderen - die Lehrer und vor allem die Eltern. „My God, are we gonna be like our parents?“, fragt Andrew, gespielt von Emilio Estevez, desperat. Das Einzige, was die Eltern im Leben der fünf Jugendlichen machen, ist entweder Druck auf sie auszuüben oder sie zu ignorieren. Ein Motiv, das John Hughes immer wieder in seinen Filmen bearbeitet. In „Home Alone“ wird das Kind vergessen und genießt, endlich sein eigener Herr zu sein. In „Ferris Bueller’s Day Off“ lebt Ferris’ Freund Cameron in Furcht vor dem strengen Vater. Im Gegensatz zu diesen Filmen ist der Tonfall von „The Breakfast Club“ allerdings viel ernsthafter. John Hughes schafft es hier, als Erwachsener eine glaubhafte Teenager-Perspektive zu vermitteln.

Und so fühle ich mich auch beim Film Schauen innerlich zerrissen: Einerseits bin ich wahnsinnig froh, dass diese anstrengende Zeit vorbei ist, das ständige Kämpfen und Suchen, gebeutelt von gnadenlosen Hormonstürmen. Auf der anderen Seite weckt der Film in mir auch Sehnsucht nach diesem jugendlichen Allmachtsgefühl, als John Bender am Ende mit in die Luft gereckter Faust über den Sportplatz stolziert. Wann habe ich mich zuletzt so gefühlt? Bin ich etwa eine von den - Gott bewahre - Erwachsenen geworden? Besonders wenn die populäre Claire, Tochter aus reichem Haus, zu John Bender in die Besenkammer kommt um mit ihm rumzumachen, höre ich mich selber rufen: „Was? Mit dem? Spinnst du, der war den ganzen Film lang nur ein Mega-A°°°°° zu dir!!“ Und gleichzeitig weiß mein Teenager-Ich ganz genau, warum sie mit dem jetzt rumknutscht. Nämlich auch WEIL die Erwachsenen das nicht verstehen und nicht wollen würden.

Die fünf Jugendlichen sind zu Beginn des Films noch in ihren Rollen verhaftet, die ihnen von Eltern, Lehrern, und den Leuten aus ihrer Clique zugeschrieben worden sind. Im Laufe des Tages allerdings, wenn sie irgendwann aus der Schulbibliothek ausbrechen, brechen sie auch zunehmend aus ihren Verhaltensmustern aus. Dabei verhandelt der Film auch die anderen großen Themen der Teenagerzeit: Sex als Machtinstrument und geheimes Wissen, Drogen als das Verbotene, das verbindet, Musik als Moment der Freiheit und immer wieder das Verhältnis zu den Eltern. „The Breakfast Club“ hat mir intensiv in Erinnerung gerufen, wie das war: Das Gefühl endlich erwachsen sein zu wollen, gepaart mit der Angst, so zu werden wie die Erwachsenen.

poster sujet Breakfast Club

Universal Pictures

Nachdem ich den Film gesehen habe, bin ich fasziniert vom damaligen Hype um das sogenannte Brat Pack, wie die Jungdarsteller*innen danach in Hollywood bezeichnet wurden: Molly Ringwald, Ally Sheedy, Emilio Estevez, Anthony Michael Hall und Judd Nelson. Dank der Filme mit John Hughes wurden diese jungen Menschen innerhalb kürzester Zeit zum „Talk of Town“ in Hollywood und waren auf jedem Titelblatt zu sehen. Ich schaue mir stundenlang Videos auf Youtube an, wo es um das Brat Pack damals und heute geht und um das Making of von „The Breakfast Club“.

Zum Beispiel soll Judd Nelson im Sinne des Method Actings auch in den Drehpausen so unausstehlich gewesen sein, dass John Hughes ihn beinahe rausgeschmissen hätte. Um seine Rolle als John Bender waren übrigens im Vorfeld auch Nicolas Cage und John Cusack im Rennen. Hätte ich beides auch gerne gesehen. In einer berührenden Hommage an John Hughes bei des Oscars 2010, nach seinem Tod 2009, betonen die Darsteller von damals, dass er sie alle auch als Jugendliche mit Respekt und auf Augenhöhe behandelt habe.

Die fünf Kids in „The Breakfast Club“ kommen am Ende des Films als Freunde (und teilweise auch mehr als das) aus der Schule und um die Einsicht reicher, dass jeder von ihnen alles ist und sein kann: the Brain, the Athlete, the Basket Case, the Princess and the Criminal. Und ich denke darüber nach, wie es wohl gewesen wäre, hätte ich den Film als Teenager gesehen. Ich hätte mich wohl mit allen von ihnen ein bisschen identifiziert (aber natürlich am meisten mit Allison, eh klar) und hätte den Soundtrack mit der Simple Minds-Nummer rauf und runter gehört.

Vielleicht wäre ich heute eine andere. Fest steht nur, dass ich mir den Film damals völlig obsessiv mindestens jeden Tag einmal angesehen hätte. Und ich glaube, in den nächsten Wochen werde ich ihn mir auch noch ein paar Mal anschauen.

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