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„Causa Casinos“: Was bisher geschah

Ein FPÖ-Bezirksrat soll in den Casinos-Austria-Vorstand gehievt worden sein, dem Casinos-Austria-Aktionär Novomatic sollen dafür Lizenzen versprochen worden sein. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt nun. Wir haben uns angesehen, was seit Dienstag passiert ist.

Von Lukas Lottersberger

Dienstag, 13. August

Am Dienstag berichten Medien erstmals, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA) tags zuvor, also am Montag, Hausdurchsuchungen an den Wohnsitzen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus durchgeführt hat. Der Verdacht: Bestechung und Bestechlichkeit.

Peter Sidlo, CFO der Casinos Austria AG

APA/CASINOS AUSTRIA/CHRISTOF WAGNER

Peter Sidlo ist FPÖ-Bezirksrat im 9. Wiener Gemeindebezirk (Alsergrund).

Neben seiner Funktion als CFO der Casinos Austria AG ist er auch Prokurist der Österreichischen Lotterien, Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank und Aufsichtsrat der Österreichischen Sportwetten Gesellschaft.

Den Berichten zufolge geht es kokret um die Bestellung des Casinos-Austria-Finanzvorstands (CFO) Peter Sidlo, einem FPÖ-Bezirksrat in Wien. Seine Bestellung als CFO ist umstritten, weil dem Bezirksrat keine ausreichende Erfahrung für den Job attestiert wurde, wie die Tageszeitung „Der Standard“ bereits im Mai 2019 berichtet.

Einer anonymen Anzeige zufolge soll die Bestellung Sidlos Teil eines Deals mit Novomatic gewesen sein: Es soll eine ÖVP-FPÖ-Vereinbarung gegeben haben, Sidlo auf einem „Novomatic-Ticket“ in den Casinos-Austria-Vorstand zu entsenden. Im Gegenzug soll die FPÖ Novomatic eine Casino-Lizenz in Wien sowie eine nationale Online-Glücksspiel-Lizenz versprochen haben. Außerdem habe der ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus zugesichert, das kleine Glückspiel in Wien nach der nächsten Wien-Wahl wieder zu legalisieren, sollte die FPÖ in die Landesregierung kommen.

Der Sprecher der Casinos Austria, Patrick Minar, betont am Dienstag gegenüber der APA, dass es bei den Durchsuchungen nur um die Besetzung Sidlos gegangen wäre und nicht um das teilstaatliche Glücksspielunternehmen selbst. Die teilstaatlichen Casinos Austria seien nicht Gegenstand der Ermittlungen, so der Sprecher. Peter Sidlo behält all seine Funktionen.

Anteile an Casinos Austria

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Aktienanteile in Prozent (Quelle: Wirtschafts-Compass)

SPÖ, NEOS, Grüne und die Liste Jetzt üben scharfe Kritik am „Postenschacher“ der gescheiterten ÖVP-FPÖ-Regierung und fordern rasche Aufklärung. Ex-FPÖ Chef Heinz-Christian Strache weist in einer Aussendung über seinen Rechtsanwalt alle Anschuldigungen zurück: „Ich habe mir keinerlei Verhalten – weder in diesem, noch in anderen Zusammenhängen – vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt“.

„Die neue Parteiführung, aber auch die FPÖ stehen damit in keinerlei Zusammenhang“, beteuert auch Straches ehemalige Partei FPÖ.

Die ÖVP äußert sich am Nachmittag, ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer fordert „rasche Aufklärung über den angeblichen FPÖ-Novomatic-Deal.“ Zu den Vorwürfen, dass die ÖVP in der Sache involviert sein könnte, gibt es von der ÖVP zunächst kein Statement.

Auch die ersten Stimmen der ehemaligen Oppositionsparteien werden laut. Die Grünen nennen die Entwicklungen „alarmierend“ und fordern eine „rasche Aufarbeitung der türkis-blauen Ära“. NEOS sehen Gefahr im Verzug und fordern die Suspendierung von Casinos-Finanzdirektor Sidlo. Die SPÖ gibt sich bereits wahlkämpferisch: SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda findet, „das türkis-blaue System der gekauften Politik“ müsse am 29. September „abgewählt werden“ und lobte gleichzeitig die Arbeit der Behörden.

Mittwoch, 14. August

Ö1 zitiert am Mittwoch aus dem Durchsuchungsbefehl. In dem zehn Seiten starken Dokument heißt es: „Johann Gudenus vereinbarte mit Novomatic-Vorstand Harald Neumann, dass Novomatic als FPÖ-Kandidaten Peter Sidlo benennen sollte. In enger Abstimmung mit Heinz-Christian Strache wurde im Gegenzug eine wohlwollende Unterstützung der Novomatic durch die FPÖ ausgemacht. Gegenstand war insbesondere die Erteilung einer Casino-Lizenz in Wien und einer nationalen Online-Gaming-Lizenz.“

Laut Ö1 stehe im Durchsuchungsbefehl auch, dass Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) mit Johann Graf, dem Alleinaktionär der Novomatic AG, bei einem Treffen in London den Deal akkordiert haben soll. Alle Genannten bestreiten die Vorwürfe, Novomatic bezeichnet sie in einer Aussendung „völlig haltlos“.

Am Mittwoch wird außerdem bekannt, dass nicht nur die Wohnsitze von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus durchsucht wurden. Auch in der „Pension Enzian“ in St. Jakob in Defereggen gab es eine „freiwillige Nachschau“. Das Haus ist seit 2012 im Besitz des „Freiheitlichen Bildungsinstituts St. Jakob in Osttirol“. Ein Verein, der seinen Sitz im Wiener Rathaus hat. Der Verein hat eine Gastgewerbeberechtigung für die Pension, wie aus dem Firmenverzeichnis „Wirtschafts-Compass“ hervorgeht.

Die Pension der FPÖ in St. Jakob in Osttirol

APA/EXPA/JOHANN GRODER

Die „Pension Enzian“, die dem „Freiheitlichen Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol“ gehört.

Klaus Nittmann, Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungsinstituts erklärt, dass der Verein, dem die Pension gehört, nicht identisch mit dem FPÖ Bildungsinstitut sei. Die FPÖ Wien sagt, dass es sich beim „Freiheitlichen Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol“ um eine Vorfeldorganisation der Wiener Landespartei handele.

Die Tageszeitung „Die Presse“ hat bereits 2013 über die Pension berichtet. Der damalige Schriftführer des Vereins und nunmehrige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Hans-Jörg Jenewein erklärte damals, dass das Haus in Osttirol als Seminarzentrum dienen solle. Angeblich solle das Haus auch als Rückzugsort in Krisenzeiten dienen können, so „Die Presse“ in ihrem Artikel von 2013.

Bei der Hausdurchsuchung in Osttirol wurde laut Medienberichten ein verborgener Tresor gefunden. Laut der Gratiszeitung „Heute“ seien Festplatten beschlagnahmt worden. Das dementiert die FPÖ Wien. Es seien keine Gegenstände sichergestellt worden, heißt es in einer knappen Aussendung.

Frederik Obermaier von der „Süddeutschen Zeitung“, der an der Aufdeckung der Ibiza-Affäre beteiligt war, twittert am Mittwoch einen Auszug aus seinem nächste Woche erscheinenden Buch, in dem transkribierte Passagen aus dem Ibiza-Video zu lesen sind. Es geht um Casinos Austria, Novomatic und Lizenzen.

Apropos Ibiza: Am Mittwochabend wird eine Anfragebeantwortung von Justizminister Clemens Jabloner an NEOS bekannt. Darin geht hervor, dass die WKStA einen Konnex zwischen dem Ibiza-Video und dem Schreddern von Festplatten durch einen ÖVP-Mitarbeiter für möglich hält.

NEOS orten einen „türkis-blauen Skandal“ und fordern die ÖVP auf, nicht „scheinheilig zur Aufklärung aufzurufen, sondern endlich etwas beizutragen“, wird NEOS-Generalsekretär Nick Donig zitiert.

Auch Die Grünen fordern erneut „vollständige Aufklärung und Transparenz“ und wollen wissen, „wie sehr die ÖVP Kenntnis über die Vorhaben des Koalitionspartners hatte und die Umsetzung dieser geduldet hat“.

Die SPÖ sieht die politische Verantwortung für den „Postenschacher“ bei Kurz, Strache, Blümel, Hofer, Fuchs und Löger. Des weiteren fordert die SPÖ, dass die ÖBAG alles rechtlich mögliche tun müsse, Sidlo abzuberufen.

Donnerstag, 15. August

Die ÖVP reagiert am Donnerstag und ortet „einen unglaublichen Schmutzkübel-Wahlkampf“. Man habe „mit dem Ibiza-Video und einer möglichen illegalen Parteienfinanzierung der FPÖ nichts zu tun“, so die ÖVP gegenüber der APA. Zudem droht die ÖVP mit rechtlichen Schritten: „Wer etwas anderes behauptet, wird geklagt.“

Zu den Hausdurchsuchungen bei Strache und Gudenus meldet sich am Donnerstag die FPÖ wieder zu Wort. FPÖ-Generalsekretär Christoph Hafenecker erklärt in einem Interview der Tageszeitung „Die Presse“, dass die FPÖ nicht involviert sei, sondern lediglich Privatpersonen. „Gudenus ist aus der Partei ausgetreten, und auch Strache hat keine Parteifunktion inne“, so Hafenecker auf den Einwurf, dass beide hochrangige FPÖ-Funktionäre waren.

Jetzt müsse erst einmal geklärt werden, was die Staatsanwaltschaft zutage fördert, so Hafenecker weiter. Er kritisiert, dass man auch schon früher hätte aktiv werden können: „Dass das jetzt vor der Intensivwahlkampfphase passiert, ist interessant.“

Auch der zweite FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wundert sich über den Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen und sieht darin eine „schiefe Optik“. Vilimsky sichert den Behörden aber „volle Unterstützung“ in der Causa zu.

Die Grünen haben kein Verständnis für das „Empörungsgezeter“ und für die „aufgesetzte Beleidigtheit der ÖVP“.

Auch NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss zeigt sich „überaus verwundert“ über die Reaktion der ÖVP auf die Ermittlungen und fordert ein Ende der „Einschüchterungsversuche“.

Freitag, 16. August

Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus will gegen den mutmaßlichen Drahtzieher des „Ibiza-Videos“ vorgehen. Er hat eine zivilrechtliche Klage eingereicht, berichtet Ö1. Gudenus’ Anwalt Heinz-Dietmar Schimanko will erwirken, dass das Video künftig nicht mehr gezeigt werden darf. Im Hinblick auf seine Rolle im Zuge der Ibiza-Affäre verweist der Anwalt auf dessen „Übersetzungstätigkeit“ in den bisher veröffentlichten Sequenzen - mehr dazu in ORF.at

Die ÖVP fordert am Freitag ein „Ende der Angriffe“ auf Parteichef Sebastian Kurz und die Volkspartei. Diese „Schmutzkübel-Koalition aus SPÖ, FPÖ, NEOS und Pilz soll endlich ihr Handwerk der dauerhaften Anpatzerei von Sebastian Kurz einstellen“, so ein ÖVP-Sprecher - mehr dazu in ORF.at - und nannte diese Koalition „Vereinigte Schmutzkübler“.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky fordert unterdessen die ÖVP auf, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen.

Nach der Kritik und den Klagsdrohungen der ÖVP, verteidigt Cornelia Koller, Präsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung, das Vorgehen der WKStA am Freitag im Ö1-Mittagsjournal. Es sei alles „völlig korrekt“ abgelaufen, so Koller. Die WKStA prüfe Inhalte und leitet - wenn notwendig - Ermittlungsverfahren ein. Etwas anderes sei nicht passiert.

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