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radio fm4 / Chris Stipkovits

Die Gamescom ist eine Spielemesse der Superlative

In Köln wird einmal im Jahr der große Facettenreichtum der digitalen Spielkultur gefeiert. Die Gamescom ist das ultimative Festival für Computerspiele. FM4 ist mitten im Gaming-Gewimmel.

Von Robert Glashüttner

Seit ein paar Jahren besteht kein Zweifel mehr daran, dass die Gamescom ein internationaler Höhepunkt des Videospieljahres ist. Die Publikumsmesse, die dieses Mal die 400.000-Besucher*innen-Grenze sprengen könnte, liegt zeitlich perfekt zwischen der Frühjahrseuphorie rund um die E3 in Los Angeles und den zahlreichen Games-Veröffentlichungen im Herbst und während der Vorweihnachtszeit. Das Sommerloch war einmal.

Die Gamescom passt zeitlich und auch vom Wesen her perfekt in die Festivalzeit. Statt aufregender Bands und Liveacts gibt es hier neue Spiele, verteilt auf weit über 200.000 Quadratmeter. Wem das noch nicht genug ist, die oder der kann im Rahmen von Gamescom Camp mittlerweile sogar die tradionelle Zeltatmosphäre dazu genießen.

Wir wollten diesem Festivalcharakter dieses Jahr besser gerecht werden, und so hat sich die FM4 Spielkultur-Redaktion dazu entschlossen, zusätzlich zu klassischer Radio- und Netzberichterstattung auch viel auf Video zu setzen. Chris Stipkovits (der übrigens auch die schönen Fotos hier beigesteuert hat) und ich haben mithilfe unseres Gamescom-Kameramanns Cerhat rund zwei Stunden selbstgedrehtes Videomaterial produziert, wo man Rundgänge, Interviews, Besuche und Gespräche zu sehen bekommt. Dieses gibt es in voller Länge in der heutigen Spielekammerlshow zu sehen.

Indies und die anderen

Unser erster Weg hat uns am Dienstag zur großartigen Indie Arena Booth geführt. Was vor sechs Jahren als bescheidener Gemeinschaftsstand mit einer Handvoll Games begonnen hat, ist zu einem bunten, vielfältigen und vor allem riesigen Projekt ausgewachsen. Über 100 Indiegames sind heute bei der Indie Arena Booth vertreten, verteilt auf 1.500 Quadratmeter. Gemeinsam schafft man viel Aufmerksamkeit und ist vor allem abwechslungsreich - etwas, dass die „Großen“ - also die Konsolenhersteller Playstation, Xbox und Nintendo, aber auch die Verlagskonzerne wie EA, Ubi und Bethesda nicht immer sind.

Nintendo schafft die Balance zwischen großen Marken und vielversprechenden Indies jedoch ganz gut: Neben neuen bzw. neu aufgelegten „Pokémon“- und „Zelda“-Games werden auch viele amüsante kleinere Games wie das kuriose Anti-Golf-Spiel „What the Golf?!“ präsentiert oder das knuffige Hundewurst-Game „Phogs!“. Zwar gibt es auch bei Xbox Indiegames, aber weil der Gaming-Arm von Microsoft derzeit ein schwieriges Standing in der Branche hat, fallen sie hier nicht so ins Gewicht. Playstation wiederum ist zwar kleineren Games durchaus positiv gestimmt, präsentiert auf der Gamescom allerdings kein eigens ausgewiesenes Indie-Lineup.

Ride the Hype

Dafür darf sich Playstation über eines jener aktuellen Games freuen, die derzeit besonders viele Menschen entzücken. Zwar wissen wir immer noch nicht, was in Hideo Kojimas kommenden Game „Death Stranding“ eigentlich so passiert, aber solange der japanische Stardesigner dahinter steht, bürgt diese Tatsache alleine offenbar automatisch für Qualität und schürt Vertrauen.

Vielleicht hat es etwas mit vermeintlicher Unabhängigkeit und Freiheit zu tun, die so fasziniert? Das würde auch erklären, warum das zweite aktuelle Hype-Game so ein immenser Publikumserfolg ist: „Cyberpunk 2077“ ist - zumindest das, was man bisher davon gesehen hat - zwar nicht mehr als eine recht einfallslose Mischung aus „Grand Theft Auto“ und „Deus Ex“, trotzdem ist die Begeisterung dafür ungebrochen. Auch hier steckt eine mehr oder weniger unabhängige Instanz dahinter, nämlich die polnische Spielentwicklerfirma CD Projekt („The Witcher“), dessen Tochterunternehmen die digitale Games-Plattform „GOG“ („Good Old Games“) betreibt, die sich nun schon seit einigen Jahren durchschnittlich erfolgreich gegen den Platzhirschen Steam stemmt. Aufgrund dieser Tatsache „Cyberpunk“ als Teil einer Gegenkultur innerhalb der Games-Branche wahrzunehmen, ist zwar vermessen, doch das hält einige Fans nicht davon ab, es dennoch zu behaupten.

Gestalte das Game, sei das System!

Wem normales Spielen - sei es Indie oder Mainstream - zu oberflächlich ist, die oder der greift vielleicht lieber zu einem Spielentwicklertool. Das ist natürlich kein Game mehr im klassischen Sinn - doch das hält die Industrie nicht davon ab, es dennoch als solches zu verkaufen. Ein junges Beispiel ist „Super Mario Maker 2“, doch auch Playstation hat ein eigenes Pferd im Stall: „Dreams“ vom britischen Entwicklerhaus Media Molecule („LittleBigPlanet“) ist eine sagenhaft umfangreiche Entwicklungsumgebung mit einem verspielt-bunten Interface. Hier können wir (schon bald) eigene Games machen, aber auch malen, bildhauern, musizieren und all das ständig und ausgefuchst miteinander kombinieren. Puh! Das ist doch ein bisschen viel auf einmal.

Wer es lieber mathematischer möchte, bastelt stattdessen an und in Systemen. Ähnlich, wie man in „Minecraft“ nicht nur Steine schlagen und Häuschen bauen, sondern auch Raumschiffe und einfache Computer entwickeln kann, lassen sich auch im 2020 erscheinenden Hacking-Game „Recompile“ Systeme in Systemen erstellen. Entwickelt wird das Spiel unter der Federführung von Gamedesigner Phi Dinh, der sich in seiner Forschung ausführlich mit Prozeduralgenerierung und künstlicher Intelligenz befasst.

Unterwegs mit all den anderen

Wer sich auf der Gamescom auch nur eines der vielen ausgestellten Spiele ansehen möchte, muss oft stundenlange Warteschlangen in Kauf nehmen. Die Besucher*innen wissen das natürlich und nehmen sich deshalb - gut vorbereitet! - mobile Spielgeräte sowie Sitzgelegenheiten mit, damit das gemeinsame Warten zu einem eigenen kleinen Höhepunkt werden kann. Darüber hinaus werden von den Ausstellern immer öfter Pappkartons ausgegeben, die man zu kleinen Stühlen falten kann.

Die riesige Gamescom-Community ist bemerkenswert. Man zelebriert digitale Spielkultur in all ihren Facetten und nimmt sich die Zeit, sie ausgiebig gemeinsam zu feiern und in sie einzutauchen. Dass es da meistens länger dauert, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen und enge Tuchfühlung an der Tagesordnung steht - geschenkt! Immerhin gibt es die Gamescom nur einmal im Jahr und ständig nur im zu stillen Kämmerlein der Gaming-Leidenschaft frönen ist den allermeisten Spielenden mittlerweile verständlicherweise einfach zu wenig.

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