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Plenarsaal des Nationalrats in der Hofburg

APA/ROLAND SCHLAGER

Nationalratswahl 2019 im Überblick

Ein Monat bis zur Wahl: Wieso wählen wir schon wieder, was wählen wir, wer steht zur Wahl, welche Fristen muss man beachten und wie läuft der Wahlkampf?

Von Lena Raffetseder

„Du sagst ihr, wenn sie die Kronen Zeitung übernimmt, drei Wochen vor der Wahl, und uns zum Platz eins bringt, dann können wir über alles reden.“ Die Umstrukturierung der österreichischen Medienlandschaft, staatliche Aufträge, ein System verschleierter Parteispenden: Das alles wurde im Juli 2017 auf Ibiza besprochen, bei einem Treffen zwischen dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte. Nur: die Oligarchen-Nichte war keine, der Abend wurde aufgezeichnet und am 17. Mai 2019 wurde eine Kurzfassung des Ibiza-Videos von der Süddeutschen Zeitung und dem Spiegel veröffentlicht.

Screenshot aus dem Ibiza-Video

Spiegel/ Süddeutsche Zeitung

Es geht zack, zack, zack

Vizekanzler Strache trat zurück, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte Neuwahlen an und schlug dem Bundespräsidenten die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor. Daraufhin traten alle FPÖ-MinisterInnen zurück. Kurz fand zwar schnell Ersatz, aber die neuen MinisterInnen sind nur eine Woche im Amt. An einem historischen Tag im Nationalrat sprach die Mehrheit der Abgeordneten am 27. Mai der gesamten Regierung das Misstrauen aus. Daraufhin musste Bundespräsident Alexander van der Bellen - gemäß Verfassung – die Bundesregierung des Amtes entheben.

Nationalrat stimmt für Misstrauensantrag

Das Kabinett von Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde mit Stimmen von SPÖ, FPÖ und JETZT abgesetzt. Eine Premiere in der Zweiten Republik, denn erstmals ist ein Kanzler per Misstrauensvotum abgewählt worden.

Sendung: Nationalrat

Eine Woche später lobte der Bundespräsident übergangsmäßig eine ExpertInnenregierung an. An dessen Spitze steht erstmals eine Bundeskanzlerin: die bisherige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Brigitte Bierlein. Und statt regulär im Herbst 2022 findet die Nationalratswahl bereits am 29. September 2019 statt.

Das Harmoniebedürfnis der Bundesregierung Kurz

Seit 1945 bestanden die meisten Regierungen aus einer großen Koalition von SPÖ und ÖVP, zuletzt von 2008 bis 2017. Nach der letzten Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 bildeten ÖVP und FPÖ eine Koalitionsregierung und einigten sich auf eine Richtung, in die sich Österreich in den nächsten fünf Jahren entwickeln soll.

Sebastian Kurz, Alexander van der Bellen und Heinz-christian Strache bei der Angelobung, Dezember 2017

APA/ Robert Jäger

Besonders oft betonten Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache die harmonische Zusammenarbeit und wollten damit einen Gegensatz zum schwarz-roten Geplänkel der Vergangenheit schaffen. Die Übereinstimmung war naheliegend, schließlich sind sich FPÖ und ÖVP ideologisch näher als ÖVP und SPÖ.

Aufgefallen ist die Bundesregierung Kurz – neben der ständig betonten „guten Zusammenarbeit“ - vor allem durch die professionelle Kommunikation nach außen. Die Qualität mancher Regierungsvorlagen wurde hingegen von VerfassungsexpertInnen kritisiert und auch die Geschwindigkeit, mit der manche Gesetzesvorlagen durchs Parlament geboxt wurden.

6,4 Millionen wählen 183 Abgeordnete

Wahlberechtigt sind zur Nationalratswahl am 29. September 2019 ÖsterreicherInnen, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind. Weiß man jetzt schon, dass man am Wahltag nicht im zuständigen Wahllokal ist, kann man eine Wahlkarte beantragen. Bei der letzten Nationalratswahl lag die Wahlbeteiligung bei 80%.

Wahlkarte beantragen

Wer am Wahltag verhindert ist (wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen eines Auslandsaufenthalts), kann eine Wahlkarte beantragen. Und zwar an dem Ort, wo man in der Wählerevidenz steht. Das geht mündlich oder schriftlich.

  • schriftlich bis 25.9.
  • persönlich bis 27.9., 12 Uhr
  • Die Wahlkarte muss spätestens am Wahltag um 17 Uhr bei der Wahlbehörde eintreffen.

In Österreich besteht ein Verhältniswahlrecht. Die gültigen Stimmen werden in einem dreistufigen Verfahren (in 39 Regionalwahlkreisen, neun Bundesländern und auf Bundesebene) in 183 Mandate umgewandelt. Um in den Nationalrat einziehen zu können, braucht eine Partei mindestens vier Prozent der Stimmen oder ein Direktmandat in einem Wahlkreis.

Wir wählen bei der Nationalratswahl nicht einzelne KandidatInnen, sondern Parteien. Die Parteien haben ihre Bundeswahlvorschläge und damit ihre BewerberInnenliste bereits eingereicht. Aufgrund der Vorzugsstimmen kann es hier aber noch zu Vorreihungen und damit Verschiebungen kommen.

Die Vorzugsstimmen

Mit der Vorzugsstimme kann man einzelnen KandidatInnen, die womöglich auf keinem wählbaren Listenplatz nominiert sind, zu einem Mandat im Nationalrat verhelfen. Drei Vorzugsstimmen gibt es: auf Bundesebene, auf Landesebene und im Regionalwahlkreis. Wichtig ist, dass die Person, für die man eine Vorzugsstimme abgibt, auch der Partei angehört, die man wählt.

Man muss nicht alle KandidatInnen auswendig wissen, bevor man in die Wahlkabine geht. Die KandidatInnen für den Regionalwahlkreis stehen am Stimmzettel. Die KandidatInnen der Bundes- und Landesliste hängen im Wahllokal aus. Online sind alle BewerberInnen schon jetzt aufgelistet.

Wen kann ich wählen?

Bundesweit stehen acht Parteien zur Wahl: ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, JETZT, Grüne, KPÖ und Wandel. Fünf Parteien konnten nur in einzelnen Bundesländern genug Unterstützungserklärungen sammeln: die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) im Burgenland, die Allianz der Patrioten (BZÖ) in Kärnten, die Sozialistische LinksPartei (SLP) in Oberösterreich, GILT in Tirol und Vorarlberg und die Bierpartei in Wien. Diese fünf Parteien haben so gut wie keine Chance, über die 4%-Hürde zu kommen. Für alle anderen hat der Intensivwahlkampf begonnen.

Der Countdown läuft

Auch wenn die Plakate erst seit dieser Woche hängen: Der Wahlkampf ist eigentlich seit dem Misstrauensantrag Ende Mai im Gange. ÖVP-Chef Sebastian Kurz ist schon den ganzen Sommer in Österreich unterwegs. Zwischendurch musste sich der Ex-Kanzler für die Schredder-Affäre und bislang unbekannte Großspenden rechtfertigen.

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner reist durchs Land, auffällig ist bei der SPÖ aber vor allem der Wahlkampf auf Facebook. Laut Facebook-Ad-Report hat die Partei für die Facebook-Seiten „SPÖ“ und „Pamela Rendi-Wagner“ seit dem Tag des Misstrauensantrags rund 260.000 Euro in Werbung investiert. Mit den knapp 100.000 Fans hat die SPÖ-Chefin Aufholbedarf. (Die ÖVP hat im selben Zeitraum für die Seite von Sebastian Kurz etwa 94.000 Euro ausgegeben, Ende August hat er knapp über 800.000 Fans und damit mehr als Heinz-Christian Strache).

Die FPÖ wirbt mit dem designierten Parteichef Norbert Hofer und Ex-Innenminister Herbert Kickl für eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition. Daneben muss die Partei Nachwehen der Ibiza-Affäre abwehren (Stichwort Casinos) und mit Ablenkungsmanövern von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache fertig werden.

NEOS muss beweisen, dass auch ohne Parteigründer Matthias Strolz ein erfolgreicher Wahlkampf möglich ist. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger muss sich - laut Umfragen - aber keine Sorgen machen. Die 2012 gegründete Partei scheint sich etabliert zu haben. Offiziell startet die Partei den Intensivwahlwerbung Ende August.

Anders als 2017 hat JETZT - Liste Pilz für diese Wahl ein Wahlprogramm präsentiert. Nach einer holprigen Zeit im Nationalrat muss die Partei aber befürchten, den Einzug ins Parlament nicht mehr zu schaffen. Umfragen sehen die Grünen-Abspaltung unter zwei Prozent.

Für die Grünen geht es um den Wiedereinzug ins Parlament. Die Partei musste Unterstützungserklärungen sammeln, ist also für den Wahlkampf schon warmgelaufen. Spitzenkandidat Werner Kogler - auch schon Spitzenkandidat bei der EU-Wahl im Mai - hat diese Woche das Wahlprogramm präsentiert.

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