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Das Horror-Game „The Dark Pictures: Man of Medan” ist klischeehaft und funktioniert trotzdem

„The Dark Picutres: Man of Medan” ist ein interaktiver Film auf einem Geisterschiff. Obwohl das Gameplay gelungen ist, wird man von einer Tonne an billigen Klischees erschlagen.

Von David Riegler

Alles, was du tust, hat Auswirkungen. Das Prinizip des Schmetterlingseffekts wird zum Motto im Game „The Dark Pictures: Man of Medan“. Das Spiel beginnt auf einem amerikanischen Kriegsschiff im Zweiten Weltkrieg. Eine mysteriöse Kiste im Frachtraum wird versehentlich geöffnet und Gas strömt heraus. Daraufhin stirbt die Besatzung.

Jahre später, in der Jetztzeit, will eine Gruppe Amerikaner*innen einen Tauchgang machen. Sie haben Hinweise auf ein Flugzeugwrack und hoffen auf eine spannende Schatzsuche. Sie heuern eine polynesische Kapitänin an, stechen in See und finden tatsächlich ein altes Wrack im Ozean.

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Mit den Bros ein kaltes Bier trinken

Die fünf Abenteurer*innen sind leider allesamt billige Klischees. Es gibt den schlauen Nerd Bradley, den man an der dicken Brille erkennt. Für ein bisschen Romantik sorgt das verliebte Paar Julia und Alex. Und den Part des sexistischen Bros übernimmt Conrad, der Frauen entweder anbaggert, oder sie beschützen will. Um dieses Extrem auszugleichen, gibt es die taffe Kapitänin, die trotz ihrer vielseitigen Fähigkeiten das Boot in Hotpants steuern muss. Alles für die Männerfantasie.

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Die inhaltslosen Dialoge werden abrupt beendet, als drei bewaffnete Räuber das Boot entern. Zu allem Übel geraten sie auch noch in einen Sturm, der das Boot zu einem Geisterschiff treibt, das auf dem Ozean herumtreibt. Es handelt sich um das Kriegsschiff aus dem Prolog. Doch mittlerweile ist es in die Jahre gekommen.

Das Schiff ist verrostet und scheinbar leer. In der Hoffnung auf Beute zwingen die Räuber die gesamte Mannschaft, auf das Geisterschiff zu gehen. Doch sobald sie sich befreien können, beginnt eine Verfolgungsjagd durch das Geisterschiff. Dort entdecken sie unzählige Leichen und immer mehr Hinweise auf das, was hier passiert sein könnte.

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Du schreibst die Geschichte

Wie die Geschichte weitergeht, hängt von den Entscheidungen ab, die man als Spieler trifft. Es gibt mehrere Enden. Jede Kleinigkeit kann Auswirkungen haben und den Verlauf der Geschichte verändern. Besonders spannend ist dieses Konzept im Multiplayer Modus.

Man kann entweder direkt mit Freund*innen auf der Couch spielen oder man sucht online nach Gefährt*innen. Doch es ist riskant, sich auf eine fremde Person zu verlassen, denn deren Entscheidungen können einem selbst schaden. Je nachdem, welches Ziel man verfolgt, kann man daran arbeiten, die Charaktere möglichst schnell sterben zu lassen.

Der Multiplayer-Modus ist in diesem Fall sehr spannend, weil die Interaktion mit der anderen Person ein menschlicheres Spielerlebnis ermöglicht. Während man sich bisher auf die computergenerierten Mitspieler*innen verlassen musste, kann man hier die geballte Irrationalität einer anonymen Internetbekanntschaft am eigenen Leib spüren. Das kann der Geschichte viele spannende Wendungen einbringen.

Scream 2.0

Um den Gruselfaktor zu erhöhen, hat sich das Entwicklerstudio von Supermassive Games auf gängige Horrorelemente verlassen: Gruseliges Kinderlachen in der Dunkelheit, überall fallen Gegenstände herunter und die Charaktere sind zunehmend skeptisch und vermuten, dass „hier etwas nicht stimmt.“

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Doch klassischer Horror muss nicht schlecht sein und funktioniert auch hier relativ gut. Besonders das hervorragende Sounddesign lässt einen voll und ganz in die Atmosphäre eintauchen. Das rostige Kriegsschiff ist der perfekte Schauplatz für ein Horror-Game: Dunkle Gänge, viele Waffen und die gruselige Kriegsästhetik alter Navy-Schiffe.

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„The Dark Pictures: Man of Medan“ wurde vom Studio Supermassive Games entwickelt und erscheint am 30.August für PC, Xbox und Playstation.

Das Gameplay ist sehr minimalistisch. Man muss zwar immer wieder Entscheidungen treffen und lenkt die Charaktere, doch dabei bleibt es auch. Die restliche Zeit ist es mehr so, als würde man einen Horrorfilm sehen. Immer wieder muss man kleine Rätsel und Geheimnisse lösen, die einen immer näher ans Ziel bringt.

Wer braucht schon Tiefgang?

Doch das größte Rätsel bleibt: Warum hat sich das Entwicklerstudio dafür entschieden, so plumpe und nervige Protagonist*innen einzubauen. Wenn man sich dafür genau so viel Zeit genommen hätte, wie für die Schauplätze und das Sounddesign, wäre es ein großartiges Spiel. Doch die klischeehaften Bros und die lieblosen Hintergrundgeschichten haben die Chance auf echte Tiefe vergeben. Auch der intellektuelle Erzähler, der in einer Bücherei zu Mozarts Lacrimosa über das Leben sinniert, kann das nicht wieder gut machen.

Unterhaltsam kann das ganze trotzdem sein, denn auch bei erfolgreichen Horrorfilmen geht es meist nicht um die Tiefe der Charaktere. Es geht um das Erleben des Schreckens und die angespannte Atmosphäre der Angst. Das schafft „The Dark Pictures: Man of Medan“ ohne Zweifel. Und wenn ein Charakter zu sehr nervt, kann man einfach daran arbeiten, dass dieser das Abenteuer nicht überlebt. Auch das kann ziemlich unterhaltsam sein.

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