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Was für eine Wahl!?

In der Brunnenpassage am Wiener Yppenplatz diskutierte FM4 Auf Laut mit Gästen darüber, wieso in Österreich die Zahl der Nicht-Wahlberechtigten steigt und was das für die Demokratie bedeutet.

Von Ali Cem Deniz

In weniger als einem Monat wird das Volk entscheiden, heißt es. Doch in Österreich schrumpft das Wahlvolk. Besonders stark ist das in den Städten zu spüren, denn dort steigt die Zahl derer, die keine österreichische Staatsbürgerschaft und damit kein Wahlrecht haben, von Wahl zu Wahl. Wie lässt sich dieses Problem lösen?

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz pochte als Integrationsminister darauf, dass gerade diese Verknüpfung von Wahlrecht und Staatsbürgerschaft ein Anreiz für die Einbürgerung sei. Das Wahlrecht sei ein “Goodie”, so Kurz in einem Interview aus dem Jahr 2012.

Undurchsichtiger Prozess

Bei Auf Laut erzählt zuerst Ilder Da, Künstler und Punk aus Moskau, der seit 2013 in Österreich lebt, wie dieser Einbürgerungsprozess aussieht. Er hat kürzlich die Staatsbürgerschaftsprüfung abgelegt. Die Fragen waren für ihn teils diskriminierend: “Es gab Fragen, wie ob ich im Stiegenhaus nur männliche Nachbarn begrüßen würde oder auch weibliche.” Nicht nur die “objektiven” Hürden, wie Mindesteinkommen, die hohen Kosten und der bürokratische Aufwand, erschweren den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft, sondern auch eine zunehmend undurchsichtige Bewertung der Anwärter*innen.

Der zweite Punk in der Runde unterscheidet sich deutlich von Ilder und das nicht nur, weil er zu den “Bio-Österreichern” zählt. Gerald Hörhan ist Unternehmer, Autor und bekannt als “Investmentpunk”. Wie viele Kugelschreiber eine Partei mit seinem Geld produzieren könnte, will er nicht verraten. Es hänge von der Qualität ab. Für einen Wahlkampf würde es wohl ausreichen.

Zur Frage, wie man die Schrumpfung des Wahlvolkes verhindern könnte, hat er eine klare Meinung. Es sollte auch ohne Staatsbürgerschaft gewählt werden können, wenn jemand lang genug in Österreich lebt und unbescholten ist. In der Diskussion distanziert sich Hörhan immer wieder sowohl von Rechts als auch Links. Migration sieht er als unveränderbare Realität einer globalisierten Welt. Eine Tatsache, die seiner Meinung nach in der weltweiten Politik noch nicht ganz angekommen ist.

Was war Ibiza?

Mit der Politik unzufrieden zeigt sich auch Autorin Nicole Schöndorfer, vor allem, wenn diese türkis-blau gefärbt ist. Auf Twitter und in ihrem Podcast “Darf sie das?” kennt man sie als scharfe Kritikerin der Regierung, die mit der Ibiza-Krise das Vertrauen des Nationalrats verloren hatte. Die Regierung unter Kurz hätte eine rassistische und frauenfeindliche Politik verfolgt.

Für Duffy Sylejmani aka Dacid Go8lin war diese Politik nicht nur von Nachteil. Die Rapperin ist Mitbegründerin des Kollektivs Femme DMC und lässt sich bei ihren Songs oft vom politischen Klima inspirieren. Die Beteiligung an politischen Debatten und Prozessen war für sie aber lange Zeit nicht selbstverständlich. Auf dem Weg der Integration hätte sie ihre eigene Identität verloren und erst, als sie sich selbst wieder fand und ihr „hybrides Ich“ akzeptierte, war sie bereit, mitzumischen.

Mit Rapperin Esra Özmen sitzt eine am Podium, die am Yppenplatz aufgewachsen ist und hier quasi Heimvorteil hat. Das Ibiza-Video, das letztendlich die Wahl ausgelöst hat, um die es in der Diskussion geht, habe sie enttäuscht. “Dass es wirklich so sichtbar war für alle, hey wir machen Scheiße, aber jetzt sieht ihr das auf Video. Das war schon billig.” Sie hatte sich erwartet, dass in Österreich Korruptionsskandale etwas subtiler und versteckter ablaufen.

Richtig geschockt hätte sie das Video, wenn Heinz-Christian Strache bei versteckter Kamera zugeben hätte “Wir lieben Türken.” Dann würden wir wohl aber nicht darüber diskutieren müssen, wieso in Österreich das Wahlvolk schrumpft und wieso es immer schwieriger wird, die Staatsbürgerschaft zu erlangen.

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