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Bandfoto 5K HD

Ingo Pertramer

Artist Of The Week

5K HD „High Performer“: Hochleistungspop gegen die Leistungsgesellschaft

Stilbrüche, Experimentierfreude, Grenzen ausloten - das haben 5K HD immer schon gemacht. Mit dem zweiten Album „High Performer“ hat die Band mehr Klarheit gewonnen und ihren Sound verdichtet und ist unser FM4 Artist Of The Week.

von Andreas Gstettner-Brugger

Sängerin und Texterin Mira Lu Kovacs hat vor zwei Jahren gemeint: „Ich muss mich erschrecken, um mich wo rauszureißen. Und das traue ich auch unserem Publikum zu. “. Dementsprechend war das Debüt „And To in A“ von 5K HD ein extrem eklektisches, wildes, grenzüberschreitendes Werk.

Der Nachfolger „High Performer“ überrascht sound- und arrangement-technisch durch zugänglichere Song, die wie aus einem Guss klingen. Auch wenn die ersten Single „In Out“ die gewohnten Ecken und Kanten hat, die Synthies noch immer heftig in den Gehörgängen kratzen und ein verzerrter Beat zerbricht, wenn der engelsgleiche Gesang des Refrains einsetzt.

Von der Gier zum Glück

Gerade bei „In, Out“ hat Mira Lu Kovas ihre beliebte lyrische Technik angewendet: Mit dem erzählerische Ich spiegelt sie uns ihre Beobachtungen der Gesellschaft. Und das ist in dieser Nummer wohl die deutlichste Auflehnung gegen die immer extremer werdende Leistungsgesellschaft.

Mira: „In dem Refrain heißt es ‚there is enough room for both of us but I want all of it‘ - es geht genau um dieses Verhalten. Es ist das was wir tun - vor allem eine gewisse obere Gesellschaftsschicht. Sie würden das nie aussprechen, weil es zu hart und herzlos klingen würde. Aber es ist das, was wir tun - wir teilen nicht gerne unseren Platz, unseren Reichtum. In der Strophe ist es auch das ständige Vergleichen: Wen ich das hätte, was du hast - ich würde da viel mehr daraus machen. Und da ist er dann wieder, der High Performer“.

Plattencover 5K HD, "High Perfromer"

5K HD/Ink Music

Es wären nicht 5K HD, würde ihre Kritik an der Leistungsgesellschaft nicht in erster Linie als Selbstreflexion dienen. Schließlich sind alle fünf Musiker*innen in unzähligen anderen Projekten tätig, spielen Rund um die Uhr Konzerte und veröffentlichten eine Nummer nach der anderen. Ob jetzt als Schmieds Puls oder Kompost 3.

Die Platte „High Performer“ ist demnach nicht nur ein Anprangern, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem Einfluss der Leistung und des Erfolgs auf das eigene Leben. Denn in Miras Leben hat Leistung einen hohen Stellenwert bekommen.

Mira: „Das ist für mich ein sehr intimes Thema, denn ich weiß nicht, ob mich diese Art zu leben auf lange Sicht glücklich macht. Das schreiben des Albums und der Texte war ein Versuch herauszufinden, ob es auch einen anderen Ansatz gibt, wie man sich selbst glücklich macht oder was die Dinge tatsächlich sind im tiefen Kern, die einen glücklich machen.“

Dafür ist auch die Single „10:15“ ein gutes Beispiel. Inspiriert von Miras musikalischer Jugendliebe Wir sind Helden und dem Song „Die Zeit heilt alle Wunder“ versucht sie in dem recht ruhigen, reduzierten und atmosphärisch glitzernden Popsong der Endlichkeit aller Dinge nachzuspüren. Denn schließlich wird alles zu Ende gehen. Aber anstatt dies als deprimierendes Faktum zu akzeptieren, kann man daraus Kraft schöpfen, nicht an alten Dinge fest zu halten, sondern Raum für neue Wunder schaffen.

Klarheit und Entspannung

„High Performer“ ist bei aller Kritik und Auseinandersetzung mit den großen, philosophischen Themen des Lebens, musikalisch ein sehr zurückgelehntes, streckenweise gelassenes Album geworden. Die selbst gestellte Frage, wie 5K HD im Kern klingt, haben die fünf mit einer überwältigenden Klarheit in Sound und Struktur beantworten können. Weite Klangflächen, wunderschöne Harmoniebögen und viel akustischer Raum, durch den Miras Stimme schwebt, dominieren „High Performer“.

5K HD Gruppenfoto

Clemens Fantur

Das zart groovende „Boulevard“ versteckt jazzige Akkordwechsel unter Glöckchen und sanften Beats. „Effordlessly“ kommt gar ohne Rhythmus aus. Alleine Stimme, Trompete und Synthies verweben verschiedene Melodien zu einem fragilen kammermusikalischen Popstück. Auch das großartige Schlussstück der Platte, „Kill Your Rituals“ begeistert durch überraschende, sich langsam wechselnde Klanglandschaften, die im tiefen Raum verhallen. Und in der schleppenden, melancholischen Ballade „Selfish Lover“ schafft Mira das Kunststück, die Brücke von unsren oft dysfunktionalen, zwischenmenschlichen Beziehungen auf den achtlosen und schlechten Umgang mit unserem Planeten zu schlagen.

Was wirklich wichtig ist

„High Performer“ ist ein in sich schlüssiges, ausgewogenes Album voller liebevoller Details und Experimente, die uns jedoch nicht mit Stilbruch-Explosionen erschrecken, sondern sich eher subtil ins Unbewusste schieben und dort eine unterschwellige Spannung erzeugen. Eine Spannung in der wir heute alle Leben: uns Wertschätzung und Liebe über Leistung und Erfolg holen zu wollen und der immer deutlicher werdenden, aber noch leisen Ahnung, was die wichtigen Dinge im Leben sind, die uns glücklich machen.

5K HD live in Österreich:

  • 18.10 Jazz & The City, Salzburg
  • 24.10. Treibhaus, Innsbruck
  • 25.10. Spielboden, Dornbirn
  • 29.10. Arena, Wien
  • 30.10. Cinema Paradiso, St. Pölten
  • 31.10. Orpheum, Graz
  • 01.11. Ahoi Pop Festival, Linz

Vielleicht sind es die Beziehungen zu den Menschen, die wir Lieben. Vielleicht ist es die Achtsamkeit unseren Mitmenschen und der Umwelt gegenüber. Vielleicht ist es auch einfach ein gutes Gespräch, ein nettes Abendessen, ein Waldspaziergang. Ganz sicher ist es das Lauschen dieser außergewöhnlichen Band und diesen kunst- und liebevoll geschriebenen und gespielten Songs, die uns auch über eine andere Seite des „high Performen“ nachdenken lassen.

Benny: „Dieses ‚high Performen‘ ist im Grunde nichts schlechtes. Es wäre nur wichtig, diese Fähigkeit auch auf andere Dinge anwenden zu können. Wenn man nämlich high performend entspannen und genießen kann, dass es nichts zu tun gibt, dann wäre das ja ein erhabenes Ziel. Dahinter steht ja eigentlich dieselbe Kraft. Man muss sie nur einmal nicht dafür verwenden, etwas im Außen zu machen oder dafür, ein Produkt zu schaffen, sondern um selbst innerlich einmal zur Ruhe zu kommen.“

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