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Eliza

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Gesprächstherapie mit der Maschine

Die Visual Novel „Eliza“ stellt spannende Fragen über AI, Menschlichkeit und eine Gesellschaft am Rand technischer und gesellschaftlicher Revolutionen.

Von Rainer Sigl

Irgendwann können Maschinen, Algorithmen und AIs vielleicht alles besser als wir Menschen, die sie geschaffen haben - außer Zuhören, Verständnis zeigen und uns dabei helfen, unser Leben in den Griff zu kriegen. Was, wenn sie aber sogar darin bald besser sind als wir? Und was heißt es, sein Seelenleben einer Maschine zur „Optimierung“ anzuvertrauen? Gehören unsere Defekte, Probleme und Eigenheiten nicht sogar essentiell zu unserer Menschlichkeit - oder sind wir es jenen, die daran leiden, nicht sogar schuldig, dieses Leid mit allen technischen Mitteln zu lindern?

Das und viele mehr sind die Fragen, die uns das Videospiel „Eliza“ stellt. In dem geht es um eine nahe Zukunft, in der ein riesiger Tech-Konzern gerade drauf und dran ist, die Gesundheitsbranche zu revolutionieren - mit einer AI, die der bessere Psychotherapeut ist. In der Gestalt der jungen IT-Expertin Evelyn, die nach einer Auszeit wieder zu „ihrem“ Projekt Eliza zurückkehrt, finden wir uns nur langsam wieder in dieser Welt aus Startup-Milliardären, IT-Kreativen und ganz normalen Menschen mit psychischen Problemen zurecht.

Sprich mit mir!

Dass die AI des gleichnamigen Spiels „Eliza“ heißt, ist kein Zufall, denn ebenso hieß 1966 einer der ersten Chatbots, der die Texteingaben seiner Nutzer als Frage formuliert an sie zurückgespiegelt hat - genau so, wie es manche Psychotherapeuten auch machen. Im Spiel wird clever mit dieser Geschichte gespielt, denn die Protagonistin kehrt zu Beginn als „menschliches Sprachrohr“ der AI in die Firma zurück: Im Therapiekontext, so erfahren wir, hätten die Patient*innen mehr Vertrauen in das Prozedere, wenn die Fragen, Anweisungen und Therapievorschläge der AI von echten Menschen vorgetragen würden. Allerdings, so die allererste Anweisung unserer Vorgesetzten, dürfe man unter keinen Umständen die vorgegebenen Antworten der AI abändern oder gar eigene Aussagen treffen.

Das passt auf perfekte Art und Weise zum spärlichen Gameplay von „Eliza“, denn das ist passenderweise eine Visual Novel. Dieses Genre ist historisch vor allem in Japan sehr populär und stellt ein Mittelding zwischen klassischem Adventure und linear erzählter Story dar. Das bedeutet, dass wir die meiste Zeit den Figuren in Gesprächen zusehen und uns nur an ganz wenigen, manchmal wichtigen, manchmal banalen Stellen entscheiden können.

Das ist zwar viel, viel weniger interaktiv als andere Games, dafür entfalten sich in manchen Visual Novels aber umso interessantere Geschichten. So auch in „Eliza“: Was wir in der Rolle Evelyns in Seattle erleben und wie sich diese Welt am Rand einer gesellschaftlichen und technischen Revolution entwickelt, fesselt uns dann mindestens so stark an den Bildschirm wie die besseren Folgen der inhaltlich verwandten TV-Serie „Black Mirror“.

Eliza

Zachtronic

Bonus: Ein Zachtronics-Puzzle

„Eliza“ stammt vom Indie-Studio Zachtronics, das eigentlich für seine vertrackten Puzzle-Games bekannt ist - darunter auch das bereits auf FM4 vorgestellte großartige „Opus Magnum“. Mit seiner ersten Visual Novel beweist das amerikanische Studio aber, dass es auch sehr viel und vor allem Spannendes zu erzählen hat.

„Eliza“, erschienen für Windows, Linux und Mac.

„Eliza“ ist emotional, dramatisch und in seinen Themen und Wendungen hintergründig und philosophisch; und als Draufgabe bietet es als zusätzlich enthaltenes Minispiel im Handy der Protagonistin eine jederzeit aufrufbare, ziemlich faszinierende Solitär-Kartenspielvariante als Zeitvertreib, wenn man etwas Auszeit von der Handlung sucht - ein bekannt kniffliges, kleines Rätseljuwel, wie es nur Zach Gage mit leichter Hand immer wieder gelingt. Zu dem kehrt man übrigens auch gern zurück, wenn man am Ende der spannenden Story angelangt ist.

„Eliza“ und „Erica“

In der aktuellen FM4 Spielekammerl-Show (Donnerstag, 12. September) spielen Michaela Pichler und Robert Glashüttner „Eliza“, und auch ein weiteres aktuelles Game mit einem Frauennamen als Titel: „Erica“. In diesem interaktiven Thriller, der aus abgefilmten Szenen zusammengesetzt wird, entschlüsseln wir als junge Frau durch Rückblenden und Hinweise Schritt für Schritt den traumatischen Mord an unserem Vater. Los geht die Spielekammerl-Show wie immer um 17 Uhr auf Twitch.tv, gestreamt wird bis 21 Uhr.

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