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Charli XCX

Atlantic Records

Alternative und Pop - Charli XCX verbindet beide Welten

Die Britin Charli XCX veröffentlicht ihr drittes Studioalbum, „Charli“, und baut ihr Konzept der organischen Zusammenarbeit von großen und (noch) unbekannten Popstars weiter aus. Gelingt ihr damit nun endlich der große Karrieresprung?

Von Dalia Ahmed

Die 27-jährige Engländerin Charli XCX, bürgerlich Charlotte Emma Aitchison, versteht Popmusik. Der Beweis dafür fand sich diesen Sommer kurz an der Spitze der US Billboard Hot 100 Charts in Form des Nummer-1-Hits „Senorita“, performt von Shawn Mendes gemeinsam mit Camilla Cabello und von Charli XCX co-geschrieben.

Wenn Aitchison nicht gerade für Selena Gomez, Blondie oder andere textet, arbeitet sie an ihrer eigenen Musik: progressivem, bass-lastigem und pick-süßem alternativem Pop, der sich bei den Klängen der britischen Raves der 90er Jahre Inspiration holt, aber dennoch nach Zukunft klingt.

Mit ihrem zappeligen Sound und der durchdachten Persona als Alternativ-Pop-Königin hat sich Charli XCX bisher in der Nische Musik für Pop-Connaisseur*innen angesiedelt. Ihre Musik wird dabei umrahmt von avantgardistischen, neonfarbenen Outfits, einer steten online und offline Interaktion mit ihren Fans, den sogenannten Angels („Charli’s Angels“) und zeitgeistigen, arty Musikvideos. Elemente, die die Formel für ihren Erfolg abseits des Mainstreams ergeben.

Charli XCX

Franz Reiterer

Charli will mehr

Angesprochen auf ihren Status als Alternative Popstar winkt Aitchison ab. Sie sieht sich außerhalb der Schubladen der Sub- und Mainstreamkultur. Im Interview vor ihrem Auftritt beim FM4 Frequency bezeichnet sie sich lieber als Popmusikenthusiastin, die für alle was im Angebot hat. Diese Neuausrichtung wird auch bei ihrem dritten Studioalbum „Charli“ angestrebt. Auf den 15 Tracks umfassenden Album finden sich (für Charli XCX nicht ungewöhnlich) 14 Kollaborationspartner*innen aus allen Bereichen der aktuellen Musikwelt.

Von den Indie-Rock-Schwestern Haim, über die aufsteigende Pop-Superstar-Hoffnung Lizzo, New Orleans Bounce Legende Big Freedia bis hin zur koreanischen House-Producerin Yaeji holt sich Charli XCX als Co-Producerin und Interpretin des selbstbetitelten Albums all jene ins Boot, die aktuell auf Twitter und in den Musikblogs regelmäßig hochgelobt werden.

Organische Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit diesen vielen Gästen auf dem Album wurde aber nicht - wie es im Pop sonst üblich ist - via Musiklabel-Chefs und Marketingabteilungen in die Wege geleitet, sondern von Aitchison selbst aufgrund von gegenseitiger Sympathie und Bewunderung ausgewählt. So zumindest ihre Darstellung des Prozesses. Eine Darstellung, die sich zumindest beim Durchhören des Albums wahrheitsgetreu anfühlt.

Charli XCX "Charli" Albumcover

Atlantic Records

„Charli“

Die Kollaborationen auf „Charli“ klingen fast zur Gänze nicht nach dem üblichen Charts-Song-Schema, bei dem Lieder mit freien Stellen für Gastverse vorproduziert werden, die dann irgendwann von irgendwelchen Künstlerinnen oder Künstlern befüllt werden. Die Zusammenarbeit zieht sich durch das gesamte Lied hindurch. Auf der Single „1999“ mit dem australischen Youtube- turned Pop-Star Troye Sivan schwelgen Charli XCX und Sivan in Erinnerungen an die späten 90er. Sinnieren über das Mitsingen bei Britney Spears’ Debüt-Hit „Baby One More Time” und über das Luftgitarre-Spielen auf dem Küchentisch. Die beiden agieren in „1999“ symbiotisch – wechseln sich ab und haben durchgehend eine ebenbürtige Präsenz. Eine Strategie, die aus dem Featuregast eine*n Kollaborationspartner*in, macht.

Partytracks und Emo-Balladen

In den Passagen, wo Charli XCX dann ganz alleine auf einem Track ist, wird es oft introspektiv melancholisch. Das emotionale Tief nach der durchfeierten Partynacht. Auf „White Mercedes“ hadert Aitchison mit der inneren Leere und dem Selbsthass. Mit leicht verzerrter Stimme heult und singt sie vom Herzschmerz, den sie beim Immer-wieder-mal-Ex verursacht. Über einem süßen, geschmeidigen Pop Instrumental, das auch für eine Britney Spears Single aus den frühen 2000ern herhalten hätte können.

Von einem Lied zum nächsten wechseln sich die lupenreinen Popmomente mit experimentellen, basslastigen Partytracks für den Underground Club ab. Charlotte Aitchison, die Pop Hits für andere schreibt, und die Charli XCX, die am liebsten mit den Producer*innen A.G. Cook und SOPHIE zusammenarbeitet, sind beide stets präsent und schaffen es, harmonisch miteinander auf einer Album-Tracklist zusammenzuleben.

Charli XCX

Franz Reiterer

Auf Engel-Fang

Wie ein trojanisches Pferd soll dieses Album über die Namen der Kollabopartner*innen aus den unterschiedlichsten Genres und Szenen sich auf die Playlists vieler Pop, Hip Hop und Dance Music Fans schleichen und diese dann zum Charli-XCX-Fantum konvertieren.

Radio-Tipp
Am Samstag, 14.9.2019, gibt es in Dalia’s Late Night Lemoande (ab 21 Uhr) das Interview zum Album „Charli“ in voller Länge.

Eine Rechnung, die aufgehen müsste. Denn das Projekt ist auch „ihr persönlichstes bisher“ – eine Phrase, die Charli XCX in der Beschreibung des Albums ausspricht und im gleichen Atemzug sofort eingesteht, dass das wohl jede*r vom aktuellen Album sagt. Aber sie hat schon recht: „Charli“ ist alles, was Aitchison bis jetzt gemacht hat: Bubble Gum Pop, stimmige Kollaborationen, Melancholisches, bassiger Rave, Party-Musik für queere Spaces und vor allem ganz viel eklektische Popkultur.

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