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Devendra Banhart

Lauren Dukoff

Das Album „Ma“ ist Devendra Banharts intimster Wurf

Das zehnte Studioalbum „Ma“ des Freak-Folk-Barden Devendra Banhart führt auf eine Reise durch leise Momente eines Menschenlebens.

von Michaela Pichler

Der US-amerikanische, bärtige Künstler Devendra Banhart, der Teile seiner Kindheit in Venezuela verbrachte, zeigte sich auf seinen bisherigen Platten immerzu experimentierfreudig, ein bisschen crazy, dem Nu-Americana-Spirit folgend – ein Abbild eines Neo-Hippies im 21. Jahrhundert. Er wechselte Wohnorte genauso häufig wie Ausdrucksmittel - veröffentlichte einen Gedichtband, illustrierte seine Alben, eröffnete eine Ausstellung seiner bildenden Kunst. Sein letzter musikalischer Output in Albumlänge ist mit „Ape in Pink Marble“ mittlerweile auch schon wieder drei Jahre her.

devendra banhart ma albumcover

Nonesuch Records

Das Album „Ma“ von Devendra Banhart ist M 13. September via Nonesuch Records erschienen. Bei seiner Europa-Tournee 2020 macht er leider nicht in Österreich halt, dafür aber in Prag, Berlin und Köln.

Als Devendra Banhart im Frühjahr via Social Media bekannt gibt, es komme ein neues Album, ist die Freude und Erwartung dementsprechend groß: „Ma“ heißt das neue und zehnte Studioalbum, der Freak-Folk-Barde schwebt auf ebendiesen galant daher. Das Wort „Ma“ steht für Devendra Banhart synonym als erstes Wort im Leben eines Menschen und ebenso als letztes Flüstern. Geflüstert wird auf dem Album von Seiten des Songwriters sehr viel, wie zum Beispiel im Opener „Is this Nice?“. Zwischen Streicharrangements und dahin gehauchtem Songtext zitiert Banhart John Lennons „Beautiful Boy“ – „Is this Nice“ ist ein Sweet Lullaby.

Japanischer Country

„Ma“ ist vielfältig analog instrumentiert, mit Saxophon und unterschiedlichem Gestreiche und Gezupfe. Eine soundtechnische Entwicklung weg vom fast schon Disco-orientiertem Klang auf dem letzten Album. Ähnlich vielseitig ist auf „Ma“ auch Devendras Sprachschatz, den er seiner Hörer*innenschaft präsentiert: Auf dem neuen Album singt er in seinen zwei Muttersprachen englisch und spanisch, er haucht portugiesisch und ein ganz kleines bisschen singt er auch auf japanisch: nämlich im Song „Kantori Ongaku“, der poppigste und lauteste Ausläufer auf „Ma“. „Kantori Ongaku“ bedeutet im Japanischen so viel wie „Country Musik“ und ist eine Hommage an den japanischen 70er Jahre Folk-Musiker Haroumi Hosono. Banhart wiederholt den Vers „Shikata ga nai“ immer wieder wie ein Mantra – übersetzt ist es das japanische Äquivalent zum österreichischem „Jo eh“.

Das dazugehörige Musikvideo steht im bisherigen Ranking um das beste Video im Musikjahr 2019 ganz weit oben: Wie viele Clips beginnen schon mit einem pinkelnden Pony, unterhalten mit haariger Choreo und enden damit, dass der Protagonist zuerst angekotzt und dann mit Torten beschmissen wird? Eben.

Rest in Power

Devendra Banhart

Lauren Dukoff

Die Songtexte vom folkigen Barden bestechen oft durch unterhaltsamen Nonsense. Der findet sich auf „Ma“ auch immer wieder, wie beispielsweise im Track „Taking a Page“, wo es heißt: "Do you ever think that colors say „Hey who’s your favorite human?“ Devendra Banhart wird auf seinem leisen, schwebenden Album aber auch ernst und melancholisch – wenn es um Abschied und Trauer geht, wie im Song „Memorial“, der als Walzer fürs letzte Abschiednehmen konzipiert ist und sehr stark an Leonard Cohens „One Of Us Cannot Be Wrong“ angelehnt ist. In „Memorial“ verarbeitet Devendra Banhart den Tod von drei geliebten Mitmenschen – unter anderem den Tod seines Vaters – und versucht, die lähmende Taubheit nach so einem schmerzlichen Verlust in Worte zu fassen.

Predikat: Intim

Das Album „Ma“ ist mit seinen autobiografischen Verweisen ein Abriss eines Menschenlebens, gepackt in eine dreiviertel Stunde, zusammengeschustert aus dreizehn Songs: Mit leichtfüßigen Ausflügen und schwermütigem Innehalten. Damit gelingt Devendra Banhart sein bisher intimstes Werk. Ein Album, perfekt für einen verregneten Sonntag Nachmittag oder fürs Aufs-Meer-Starren im Winter. Auf jeden Fall für einen Moment, in dessen Friedfertigkeit auch ein Hauch Melancholie mit sich schwingt.

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