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Sampa The Great

Barun Chatterjee

Sampa The Great: Heimat, fremde Heimat

Auf ihrem Debütalbum „The Return“ setzt sich Sampa The Great wortgewaltig und musikalisch vielseitig mit großen Themen wie „Identität“ und „Zugehörigkeit“ auseinander - sie ist unser Artist Of The Week!

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Am Anfang stand das Heimweh. Obwohl ihre ersten Veröffentlichungen The Great Mixtape und Birds And The BEE9 aus dem Stand viel Resonanz bekommen hatten und es ihrer jungen Karriere als Musikerin sehr gut ging - die Sehnsucht blieb: „Es hat meine Zufriedenheit und Freude beeinflusst. Wenn mir jemand gute Neuigkeiten erzählte, sagte ich immer nur ‚Ich wünschte, das wäre zuhause passiert‘. Ich wollte, dass mein Song zuhause im Radio läuft, weil ich dort aufgewachsen bin. Da gab es einen Disconnect.“

Eine Erfahrung, wie sie viele Millionen Menschen auf der Welt kennen: Geboren in Sambia und im benachbarten Botswana aufgewachsen, zog Sampa Tembo vor fünf Jahren nach Sydney, um Musikproduktion und Tontechnik zu studieren. Bei einer dortigen Jazz- und Freestyle-Session lernte sie den Produzenten Godriguez kennen, der ihr erstes Mixtape aufnahm. Und spätestens zu dem Zeitpunkt fing die Verwirrung an: „Leute sagten, hier ist diese australische Rapperin. Aber ich bin eine sambische Rapperin, die nur hier lebt. Manche in Sambia meinten dann wiederum, dass ich aber noch nie dort aufgetreten sei. Ich war in der Mitte und musste mich damit auseinandersetzen - denn es fühlte sich an, als würde ich mich aufspalten.“

Cover von "The Return"

Ninja Tune

Wenn man sich überall fremd fühlt

Auf dem Debütalbum The Return verarbeitet Sampa The Great ihre persönliche Erfahrung mit dem Sich-überall-fremd-Fühlen ebenso wie Erzählungen von Freundinnen und Freunden aus der afrikanischen Diaspora. Das große Thema „Identität“ kommt dabei ausgiebig in den Texten vor, wird auf dem Cover angedeutet, wo ein traditioneller Nyau-Tänzer neben Sampa steht - und ist auch akustisch immer wieder präsent: Hier hinterlässt ihre Mutter eine Sprach-Nachricht in der sambischen Sprache Bemba, da gibt es Chöre oder afrikanische Instrumente zu hören. Dabei ist die Platte musikalisch aber sehr vielseitig, es gibt treibende HipHop-Beats der klassischen New Yorker Schule ebenso zu hören wie Neo Soul-iges oder ausgedehnte Jam Sessions. Einer der herausstechendsten Tracks kommt mit seiner elektronisch-minimalen Ästhetik wiederum sehr modern daher:

Obwohl sie auf The Return viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter versammelt hat (der obere Track ist etwa von Slowthais musikalischem Partner Kwes Darko produziert, neben vielen befreundeten Vokalist_innen ist auch das Londoner Jazz-Kollektiv Steam Down zu Gast), steht Sampa The Great eindeutig im Zentrum. Sie rappt und singt nicht nur, sondern war auch in den musikalischen Prozess stark involviert.

Sampa The Great

Barun Chatterjee

Als der übermächtige Druck des Wortes „Debütalbum“ einmal von ihr abgefallen war und sie lernte, im Studio die Kontrolle hin und wieder aus der Hand zu geben, begann die wahre Magie, erinnert sich Sampa: „Da wurde etwas geboren, von dem wir nie gedacht hätten, dass wir es erschaffen können. Das war eine der schönsten Erfahrungen: eine musikalische Seite von mir zu finden, von der ich nicht wusste, dass es sie gibt.“

Nicht zuletzt deshalb ist The Return mit seinen 19 Songs ein beeindruckendes künstlerisches Statement geworden. Man kann Sampa The Great nur wünschen, dass die Radiosender in Botswana und Sambia das diesmal auch zu würdigen wissen!

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