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Greta Thunberg in Montreal

APA/AFP/AFP/MARTIN OUELLET-DIOTTE

Todor Ovtcharov

Jede Generation hat ihren Protest

Als Teenager habe ich auch protestiert. Meistens gegen die Verbauung der bulgarischen Schwarzmeerküste. Aus Protestnostalgie machte ich jetzt beim großen Klimastreik, motiviert von Greta Thunberg, mit.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ende der 1960er protestieren die jungen Menschen gegen die bürgerliche Weltordnung. In Frankreich werden Barrikaden gebaut, in den USA kommt der „summer of love“, in Österreich leben Menschen in Kommunen. Die damaligen Revolutionäre sind heute über 70 und oft satte Bürger, die ihren Protest vergessen haben.

Als Teenager habe ich auch protestiert. Meistens gegen die Verbauung der bulgarischen Schwarzmeerküste. Wir hatten unseren Lieblingshippiestrand und konnten uns nicht vorstellen, dass die widerlichen Bürger aus den All-inclusive-Hotels auch ihn füllen würden. Wir saßen um ein Lagerfeuer herum, aßen frisch gefischte Muscheln, gekocht auf einer Blechplatte und redeten, wie die „Macht mit uns“ sein könnte und wir die Bebauung stoppen würden. Das Erwähnen der „Macht“ machte uns zu Jedi-Rittern, die die dunkle Seite bekämpfen. Und der Todesstern sollte mit vereinten Kräften zerstört werden. Erst später begriffen wir, dass „Star Wars“ eigentlich nichts weiter als eine Geldmaschine ist. Es war zu spät. Heute ist der Großteil des Strandes verbaut und an unserer Schwarzmeerküste ist kaum ein nicht betoniertes Stück geblieben.

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Aus Protestnostalgie machte ich beim großen Klimastreik, motiviert von Greta Thunberg, mit. Ich sah Tausende leuchtende, jugendliche Gesichter. Sie sahen alle wie wir vor 10 Jahren am Lagerfeuer am Meer aus. Doch sie waren viel mehr und das Feuer befand sich in ihnen.

Greta Thunberg ist ein Popstar. Sie will, dass sich Politiker und Industrielle schämen. Sie will, dass sie gewissenhaft handeln. Wie das passieren soll, ist unklar. Stellt euch Trump vor, der plötzlich von seinem Gewissen geplagt wird, sich ändert und aufhört seine Haare zu färben. Oder Putin, der gerührt von Gretas Reden mit allen Atomversuchen aufhört. Doch lassen wir Trump und Putin, denn wir wissen, dass sie kein Gewissen haben.

Stellt euch euch selbst vor, wie ihr aus Liebe zu euren Kindern aufhört nach Mallorca zu fliegen. Ihr müsst erstmal mit dem Zug fahren und danach segeln. Werdet ihr das tun? Ich könnte das nicht: Mit dem Zug werde ich klarkommen, doch segeln kann ich nicht, ich werde sehr schnell seekrank. Stellt euch vor, wie alle Touristen nach Mallorca segeln. Wird so ein hoher Segelverkehr nicht ein weiteres ökologisches Problem auslösen? Wie macht ihr das? Ich war sowieso nie auf Mallorca.

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