Wortlaut – was danach geschrieben wurde …
von Zita Bereuter
Natürlich freuen wir uns, wenn „Wortlaut, der FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb" in Biographien oder auch dem Buchcover auftaucht. Hier drei Bücher von ehemaligen Wortlautgewinnern, die in diesem Jahr erschienen sind.
Christoph Strolz: Wenn ich blinzle wird es besser
2014 gewann Christoph Strolz mit „Meine Schwester“ Wortlaut. Er schrieb damals von einer Tasse, die allmählich flauschig wurde. Eine Geschichte, die durchaus in die Sammlung in seinem ersten Erzählband passen würde, denn merkwürdigen Begebenheiten, sonderbaren Dingen und unangenehmen Gefühlen bleibt er auch jetzt treu.
Christoph Strolz - „Wenn ich blinzle wird es besser“ ist im Luftschacht Verlag erschienen.
In präziser Sprache erzählt er von scheiternden Fotografen, von einem Wissenschaftler, der eine seltene Krankheit erforscht, von einem Musiker, der auf einer Wüstentour nach der perfekten Harmonie sucht. Besonders beeindruckend sind die Bergtour zweier alter Schulfreunde, die immer entlang einer Katastrophe zu klettern scheinen und die Erzählung von einer Grafikerin, die ihrer Wahrnehmung nicht mehr trauen darf.
Das Cover zeigt einen Faustkeil, der durchaus an einen Eisberg erinnert. Auch die ProtagonistInnen zeigen nur einen Bruchteil ihrer teilweise abgründigen Psyche. Christoph Strolz macht es den LeserInnen nicht immer leicht. Phasenweise verliert er sich in Details und Fachwissen – da sollte er, angelehnt an seine Figuren, vielleicht nicht zu sehr nach Perfektionismus streben. Phasenweise aber findet er einen gruseligen Ton, der an Daniel Kehlmanns „Du hättest gehen sollen“ erinnert.
David Hassbach: „#Scheißjahr“
Über #Scheißjahr von David Hassbach haben wir schon 2016 gelacht. Jetzt ist dieser Text das erste Kapitel in einem Büchlein. Ein kleines Format für „Eine kurze Erzählung über verlorene Liebe“, wie es im Untertitel heißt. Ein 24-jähriger, seit kurzem von seiner Freundin getrennt, vermisst sie und die Tochter und erzählt, wie er jetzt so dahinlebt und wie er darüber auf Facebook und mit anderen kommuniziert. Was er sich denkt steht da nicht selten im Gegensatz zu dem, was er sagt oder tut.
Äußerst praktisch: man kann dieses kleine Büchlein überallhin mitnehmen. Man muss sich aber im Klaren sein, dass man mitunter laut lachen muss. Manchmal muss man aber auch die Augen verdrehen, weil nicht jeder Kalauer sitzt.
David Hassbach: „#Scheißjahr“ ist im Achse Verlag erschienen.
Herrlich aber etwa die Tanzszene: „Die Gläser leeren sich und über diesem Strom aus Gebranntem, springt die Zeit und der Klub wirkt nur mehr halbvoll. Meine Knie beugen sich im Rhythmus, während ich zur Musik von einem Fuß auf den anderen steige und mit dem Restkörper irgendwie mitwackle. Heute geht noch was. Das wird meine Nacht. Ich bin ein Gewinnertyp. Seit mehr als drei Stunden hat das Geschlechterverhältnis begonnen sich zu verschieben. Als ich mich umschaue, sehe ich fast nur mehr junge Männer, die ihre Knie rhythmisch beugen, während sie von einem Fuß auf den anderen steigen, mit dem Restkörper irgendwie mitwackeln und sich denken: Heute geht noch was. Das wird meine Nacht, ich bin ein Gewinnertyp.“
Martin Peichl: „Wie man Dinge repariert“
Martin Peichl schreibt am liebsten über schwierige On-Off Beziehungen. Damit gewann er 2016 den dritten Platz bei Wortlaut. Und damit ist er auch heuer wieder auf der Shortlist. Er ist „In einer komplizierten Beziehung mit Österreich“ - bzw. heißt seine Lesereihe so. Kernsätze schwieriger Beziehungen oder Gedichte schreibt er auf Twitter bzw. Bierdeckel. Derartige hat er nun mit Geschichten zu seinem ersten Buch erweitert: „Wie man Dinge repariert.“
Martin Peichl: „Wie man Dinge repariert“ ist bei Edition Atelier erschienen und auf der Shortlist für den Alpha Literaturpreis.
Martin Peichl liest aus seinem Roman „Wie man Dinge repariert“ am 5. Oktober im Rahmen der ‚Langen Nacht der Museen‘ in Heidenreichstein.
„Roman“ steht auf dem Cover, ist aber in diesem Fall etwas großzügig definiert. Es könnten auch einzelne Erzählungen sein mit je einem abschließenden Beziehungsstatus. Der männliche Ich-Erzähler erinnert sich an verschiedenste Begebenheiten in seiner Kindheit und Jugend auf dem Land in Niederösterreich. Verwoben ist das mit seinem komplizierten Beziehungsleben in Wien.
Autoren und Sex – eine mitunter schwierige Kombination: „Wenn es nur Sex wäre, aber es ist nicht nur Sex, du hast Angst, dass da etwas kleben bleibt von mir, das auch beim dritten Mal Duschen nicht runtergeht, dass ich dir Wörter und ganze Sätze hineinstecke, die dir versehentlich rausrutschen und dich verraten könnten. Und natürlich deine Angst, ich könnte ein Gedicht schreiben über dich. Oder schlimmer: für dich. Wenn es also nur Sex wäre, aber es ist nicht nur Sex.“
Irgendwo schreibt er: „Ich würde gerne weniger über Sex schreiben, aber Sex ist die einzige Metapher, die ich beherrsche.“ Nein, er beherrscht auch andere Methaphern. Auf jedes Kapitel folgt ein Beziehungsstatus. Besonders schön: „Die Frage nach dem Beziehungsstatus ist immer auch eine Schätzfrage.“
Publiziert am 04.10.2019