20.000 Hebel unter dem Meer

In „Nauticrawl“ steuern wir ein mysteriöses Unterwassergefährt Richtung Freiheit - wenn wir Zündung und Handbremse finden.

Von Rainer Sigl

Der monochrome Bildschirm vor mir flackert nervös, im Hintergrund plärrt eine Alarmsirene, Funken spritzen und die Treibstoffanzeige zeigt auch gähnende Leere in beiden Tanks. Da nützt es mir auch nichts, hektisch auf all den Knöpfen, Schiebereglern und Hebeln herumzudrücken: Schon wieder finde ich hier am Grund des Meeres ein nasses Grab.

Im Indie-Game „Nauticrawl“ bin ich auf der Flucht aus einer Unterwasserdiktatur am Meeresgrund, und mein Fluchtgerät ist ein riesiger, mechanischer Krabbelroboter. Zumindest stelle ich mir mein Gefährt so vor, denn in seiner Gesamtheit richtig ansehen kann ich mir das Ding nicht. Stattdessen sitze ich im Inneren des Stahlkolosses und habe nur den Blick auf Anzeigetafeln, Hebel, Schalter und Monitore. Welcher Knopf wozu gut ist, weiß ich anfangs nicht - herauszufinden, wie mein bizarres Unterwassergefährt funktioniert, ist meine allererste Aufgabe in Nauticrawl.

Schalter, Hebel, Geheimnisse

Es gibt wenige Spiele, in denen die Bedienung einer Maschine die Hauptaufgabe ist und sozusagen die Unterscheidung zwischen Interface und Spielmechanik verschwimmt - „UI Games“ könnte man sie vielleicht nennen, mit „Duskers“, „Deadnaut“ und „Capsule“ als mehr oder weniger prominenten Nachbarn. „Nauticrawl“ ist ein besonders gelungener neuer Eintrag in diese kleine Nische.

Durch Trial and Error lerne ich, die komplizierten Systeme meines Gefährts zu bedienen und mir langsam, aber sicher einen Fluchtweg durch diese geheimnisvolle Welt zu bahnen. Automatische Geschütze und so manche andere böse Überraschung sorgen dafür, dass es auch dann spannend bleibt, wenn ich irgendwann endlich herausgefunden habe, wie mein Fahrzeug funktioniert. Bis ich allerdings tatsächlich ein erstes Mal erfolgreich flüchten kann, heißt es immer wieder zurück zum Start.

Origineller Mix

“Nauticrawl” lässt sich nicht auf ein Genre beschränken: Es hat Elemente klassischer Puzzle-Games, eine überraschend spannende Geschichte mit so mancher Wendung und die Wiederholungsstruktur eines Rogue-likes, in dem man nach dem Tod immer wieder aufs Neue ins Abenteuer aufbricht.

Wenn man einmal weiß, was zu tun ist, dauert es eigentlich gar nicht lange bis zum Happy End. Herauszufinden, welcher Knopf was macht und was eigentlich genau die Aufgabe ist, beschäftigt und unterhält einen allerdings bedeutend länger. Ein Spiel für alle, die immer gern selbst draufkommen wollen.