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Amazon Cloud Cam

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Amazon-Mitarbeiter sehen Sexvideos von Kunden an

Die Cloud Cam, eine vernetzte Überwachungskamera für zuhause, verbessert sich selbst mittels Machine-Learning. Allerdings werden ihre Aufzeichnungen nicht nur durch Algorithmen, sondern auch durch Menschen analysiert.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Amazons Cloud Cam kann im Dunklen sehen, sie erkennt Geräusche wie zum Beispiel das Zerbrechen einer Fensterscheibe und sie verfügt über Bewegungssensoren. Damit sie nicht die Bewohner oder Haustiere mit Einbrechern verwechselt, werden die Aufnahmen mittels Künstlicher Intelligenz ausgewertet. Die K.I. soll im Lauf der Zeit immer besser werden und lernt selbständig - sie bekommt aber auch Hilfe von Amazon-Mitarbeitern.

Die Menschen, die das Videomaterial auswerten, arbeiten in streng bewachten Datenzentren, zum Beispiel in Rumänien und in Indien. Dort sehen sie aufgezeichnete Videoclips von je 20 bis 30 Sekunden Länge an – 150 Videos pro Tag und Mitarbeiter. Zwei solche Mitarbeiter haben gegenüber Bloomberg berichtet, dass sie auch Videos von Menschen beim Sex gesehen hätten.

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Amazon beschwichtigt: Die Videoclips würden nur von Kunden stammen, die der Übertragung ausdrücklich zugestimmt hätten. Für Klaudia Zotzmann-Koch vom Chaos Computer Club Wien (C3W) kein gutes Argument, unter anderem wegen seitenlanger und schlau formulierter Nutzungsbedingungen, mit denen bei Internetplattformen üblicherweise um Zustimmung gebeten wird: „Da steht dann etwa: Ich stimme einer Verbesserung des Produkts zu und stelle dafür meine Daten zur Verfügung.“

Selbst wenn man glaubt, eine Überwachungskamera wie Amazons Cloud Cam zu brauchen, sollte man sich eine Anschaffung genau überlegen, sagt Zotzmann-Koch. Denn auch jede andere Person im Raum wird mitbeobachtet und abgehört. Das gilt auch für andere Geräte wie z.B. Smartphones mit Sprachassistenten, in deren Gegenwart wir über sensible Dinge sprechen: „Ein Freund, der gerade eine ganz schlimme Phase durchmacht, kommt vorbei. Er erzählt von Schwierigkeiten im Job, von Dingen, die ihm privat passiert sind. Kann ich es wirklich für mich verantworten, dass solche Informationen – etwa durch ein falsch erkanntes Codewort – aufgezeichnet, an einen Konzern übertragen und dann auch durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angehört werden?“

Von 21.-27. Oktober veranstaltet der C3W heuer auch wieder - zum bereits vierten mal - die Privacy Week.

Dass nun zwei Amazon-Mitarbeiter angegeben haben, auch von der Cloud Cam übertragene Sexvideos gesehen zu haben, überrascht Klaudia Zotzmann-Koch nicht: „Man vergisst ja auch selbst, dass man so ein Gerät hat. Und dann sind eben solche Sachen wie Sex bei den Aufnahmen dabei. Oder es gab vor kurzem den Fall, wo sich Siri in der Ordination eines Arztes aktiviert hat und die Diagnose aufgezeichnet hat.“ Diese Aufzeichnungen landen dann in der Cloud – sprich: auf fremden Computern.

Klaudia Zottmann-Koch

Zottmann-Koch

Klaudia Zotzmann-Koch

Nach Österreich wird die Cloud Cam derzeit noch nicht ausgeliefert. Trotzdem gilt auch hierzulande: Wer in einer Besprechung mit fünf Personen sitzt, muss damit rechnen, dass sich auch mindestens fünf Wanzen im Raum befinden – wenn nicht gar doppelt so viele: dank iPhones mit Siri, dem ständig zuhörenden Google-Sprachassistenten, der Cortana-Assisentin von Windows-10-Laptops, „intelligenter“ Alexa-Lautsprecher und vielem mehr. Die Möglichkeit, alle diese Geräte und Assistenzsysteme abzuschalten, gibt es aber.

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